Neue Fahrradstraße
Nürnberg: Grüne fordern mehrere Nachbesserungen für Radler in St. Johannis
23.8.2021, 06:20 UhrNur eine Minute, schon biegt das erste Auto falsch ab. Obwohl der weiße Pfeil auf blauem Grund am Ende der Sandrartstraße nach rechts zeigt, lenkt auch der nächste Autofahrer sein Fahrzeug verbotenerweise nach links auf den Kirchenweg. Wieder ist nur eine Minute vergangen. Erst beim dritten Auto schreiten Mike Bock und Wolfgang Klemm ein. Die zwei Verkehrsexperten der Nürnberger Grünen deuten auf das Verkehrsschild, die junge Frau hinter dem Steuer nickt und setzt den Blinker in die andere Richtung.
Autos missachten Regeln
Andrea Bielmeier ist nicht überrascht. So oft hat die Grünen-Stadträtin hier im vergangenen Jahr schon Autos falsch fahren sehen. Und das gilt nicht nur für das verkehrswidrige Abbiegen. Eigentlich darf seit November auch kein Auto mehr vom Kirchenweg in die Sandrartstraße einfahren. Doch wird die Einbahnstraßenregelung regelmäßig ignoriert - und danach mit viel zu schnellem Tempo Richtung Innenstadt weitergefahren.
Genau das sollen Autos in einer Fahrradstraße aber nicht tun, sagen die Grünen, die sich am frühen Nachmittag hier in St. Johannis versammelt haben. Neben den beiden Stadträten Bock und Bielmeier sowie Wolfgang Klemm ist auch Alexander Menendez gekommen. Er wohnt hier, hat die Umwandlung der Sandrartstraße zur Fahrradstrecke hautnah mitbekommen. Die Freude darüber ist bei ihm und den anderen Grünen groß gewesen. Doch inzwischen herrscht Ernüchterung.
"Jeder fährt wie er will"
"Jeder fährt hier wie er will", sagt Andrea Bielmeier mit Blick auf die Kreuzung. Zwar gibt die Gruppe durchaus zu, dass die Stadt nichts für die Autofahrer kann, die hier falsch fahren. Aber es könne besser kontrolliert werden, sind sich alle einig. Polizei oder Kommunale Verkehrsüberwacher zeigen sich in der Sandrartstraße allerdings nie, sagen die ortskundigen Grünen.
Noch besser vorstellen können sich die Grünen aber einen Poller statt Polizei. Ein Pfosten am Ende der Straße, durch den künftig überhaupt keine Ein- und Ausfahrt an der Kreuzung zum Kirchenweg mehr möglich ist. So soll auch der Durchgangsverkehr endgültig gestoppt werden. Die Zufahrt zu den Parallelstraßen soll über die Rohlederstraße erfolgen.
Ob das die Autos aber ausbremst? Die Gruppe ist skeptisch. Helfen würde da laut den Grünen eher, wenn die Sichtachse ans andere Ende der Straße unterbrochen ist. Das habe die Stadt auch versucht - durch in die Straße versetzte Parkplätze. "Die führen aber vor allem an Ausfahrten oft zu gefährlichen Situationen", sagt Menendez. Er stellt sich in eine Hofeinfahrt, die durch einen Transporter komplett verstellt wird. Den jungen Radler sieht er so erst spät.
Die Grünen setzen deshalb auf: Grün. Baumscheiben, die in die Straße reichen - und auf der Südseite ohnehin fehlen. Obwohl sie geplant waren. Ein Erdkabel aber hat das Bepflanzen verhindert. Jetzt sind die Flächen einfach zubetoniert. Alexander Menendez und die anderen können sich hier Fahrradständer und Hochbeete vorstellen.
Bürgerverein will Transparent
"Besser geht immer", gibt sich dagegen Sven Heublein (CSU) diplomatisch. Bauliche Eingriffe zur Verkehrsberuhigung befürwortet der Vorsitzende des für St. Johannis zuständigen Bürgervereins. Er selbst hat sich auch schon an den Oberbürgermeister und den Baureferenten gewandt. Er wünscht sich "große Transparente, die auf die Regeln in einer Fahrradstraße hinweisen". Tempo 30 und die Tatsache, dass Radler nebeneinander fahren dürfen.
Auch für Pfosten hat er plädiert - aber nur, um den Fahrradweg abzusperren, der anfangs ebenfalls von Autofahrern genutzt wurde, um in die Sandrartstraße einzubiegen. Über eine komplette Sperre müsse Heublein erst nachdenken. Tendenziell ist er aber dafür, der neuen Verkehrsführung "etwas Zeit zu geben".
Die Grünen fordern dagegen Nachbesserung. Auch für das letzte Stück der Fahrradstrecke: Zwar dürfen Autos in der Jagdstraße nur in eine Richtung fahren, Radfahrer allerdings in beide. Jedoch kommt denen in der schmalen, von zwei Stellplatzreihen gesäumten Straße alle Viertelstunde ein Bus entgegen. "Dann kann hier kein Radler mehr den Sicherheitsabstand halten", kritisiert Mike Bock.
Parkplatzreihe soll weg
Also warten die meisten, bis der Bus vorbei ist. Dabei sollen gerade hier die Radler freie Fahrt haben. Bock kann sich deshalb vorstellen, eine der Parkplatzreihen aufzulösen. Wohlwissend, dass dann knapp 20 Stellplätze fehlen. "Aber wenn wir eine Wende wollen, dürfen wir darauf keine Rücksicht nehmen."
Sven Heublein findet, dass vor so einer Entscheidung das Gespräch gesucht werden muss. Nicht nur mit den Anwohnern, sondern auch mit der Gastronomie, der Apotheke und dem Lottoladen vor Ort. "Da müssen wir den Blick weiten." Anders als bei der Sichtachse.
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