Gegner der Impfpflicht ernten Kritik
Nürnberg im Ausnahmezustand: 15.000 Menschen bei Corona-Protesten - "Wir schweigen nicht"
19.12.2021, 19:03 UhrDie Polizei sicherte mit einem Großaufgebot an Kräften aus ganz Bayern die insgesamt fünf Veranstaltungen. Am Ende kam es immer wieder zu Scharmützeln zwischen Anhängern beider Lager. Bis in die Nachtstunden hinein waren die Einsatzkräfte beschäftigt, rund 900 Polizisten aus Bereitschaftspolizei und von den Präsidien in Mittelfranken, München und Oberbayern-Süd sicherten die Demos.
Die AfD hatte zu einer Kundgebung auf den Willy-Brandt-Platz gerufen. Etwa 2500 Anhänger waren gekommen. Meist ohne Masken und den Mindestabstand einzuhalten, verfolgten sie die Reden der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Beide attackierten die Corona-Politik der Bundesregierung massiv. Die Teilnehmer skandierten "Söder muss weg".
Die Querdenker-Szene, die seit Monaten wöchentlich in verschiedenen Städten Europas auf die Straße geht, hat mit Unterstützung von Rechtsextremen und Hooligan-Gruppen ihre Gefolgsleute mobilisiert und zum Volksfestplatz gerufen. Gut 10.000 Teilnehmer liefen nach Angaben der Polizei dort mit.
Gegenprotest am Kornmarkt
Diesen Auftrieb wollten demokratische Gruppen nicht unwidersprochen hinnehmen. Stephan Doll, Vorsitzender der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, rief dazu auf, ein Zeichen zu setzen. Auf einer Kundgebung auf dem Kornmarkt sagte Oberbürgermeister Marcus König: "Wir schweigen nicht, wenn Verschwörungstheoretiker unsere Gesellschaft spalten wollen. Und wir schweigen nicht, wenn geleugnet wird, dass Menschen an und mit Corona sterben mussten und müssen."
Anschließend bildeten die rund 1000 Teilnehmer eine "Menschenkette für Menschlichkeit" in der Straße der Menschenrechte. Wegen der Corona-Situation blieb die "Kette" natürlich kontaktlos. Zur Erinnerung an die Corona-Toten zündeten sie jeweils eine Kerze an.
Das Bündnis Nazistopp hatte sich mit mehreren hundert Teilnehmern, darunter Vertreterinnen und Vertreter von SPD und Grünen, in der Marienstraße, gegenüber des Willy-Brandt-Platzes, postiert. Zu ihnen stießen auch mehrere hundert Vertreter linker Gruppen wie die des Antifaschistischen Aktionsbündnisses. Mit Pfeifen und Heulern versuchten sie, die AfD-Redner zu übertönen. Die Bereitschaftspolizei verhinderte, dass sich beide Lager zu nahe kamen.
In Hamburg zogen mehr als 11.000 Menschen in mehreren Gruppen durch die Innenstadt. Nach Angaben der Polizei protestierten in Bayern allein am Samstag rund 15.000 Menschen an verschiedenen Orten, darunter auch erneut in Ansbach und Neumarkt. Auch in Neumarkt gab es eine Gegen-Demo. Hitzig war die Stimmung zeitweise im brandenburgischen Cottbus.
Verfassungsschutz besorgt
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte, er sehe im radikalisierten Corona-Protestmilieu viel "Maulheldentum", schließe aber Gewalttaten nicht aus. Nach Ansicht Haldenwangs gebe es "punktuell und in manchen Regionen eine prägende Einflussnahme durch Rechtsextremisten, also quasi eine ,Rechtsextremisierung‘ des Protests". Sorgen bereiteten ihm auch Übergriffe auf Polizisten und Journalisten bei Demonstrationen.
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