Nürnberg könnte bald wieder 500.000 Einwohner zählen
2.11.2014, 06:00 UhrEtwas mehr als 498.000 Einwohner zählte Nürnberg am 31. Dezember 2013. Das ist die - letzte verfügbare - offizielle Zahl des Statistischen Landesamts. „Es fehlten keine 2000 mehr“, betont Wolf Schäfer, Leiter des städtischen Statistikamts. Und meint die magische Grenze von 500.000 Einwohnern, die für die zweitgrößte Kommune Bayerns so große Bedeutung hat.
Seit der letzten Fortschreibung der Zensus-Zahlen durch das Landesamt sind mittlerweile zehn Monate vergangen. Schäfer ist sich sicher, dass Nürnberg die 500.000-Marke wieder geknackt hat. „Wenn ich mir die Zuzüge nach Nürnberg so anschaue. ..“, sagt er. Doch hoheitlich bestätigt bekommt der erfahrene Statistik-Chef seine Einschätzung erst in ein paar Monaten.
Auf Nachfrage unserer Zeitung, wann denn die Fortschreibung für das I. Quartal 2014 vorliegt (und damit vielleicht auch ganz offiziell dann Nürnberg wieder eine Halb-Millionen- Metropole ist), heißt es aus dem Landesamt für Statistik: „Anfang Februar 2015“. So lange also müssen sich die Vertreter im Rathaus noch gedulden. Nur diese Zahl ist ausschlaggebend für die Bemessung staatlicher Zuschüsse, nicht die 513.339 Einwohner, die im städtischen Einmelderegister für den 31. Dezember 2013 vermerkt sind.
Doch hinter diesen unterschiedlichen Zahlen steckt ein Streit zwischen der Stadt Nürnberg und 53 anderen bayerischen Kommunen auf der einen Seite und dem Freistaat, beziehungsweise dem Statistischen Landesamt, auf der anderen. Denn die Kommunen zweifeln die offiziellen Daten an, die auf dem letzten, bundesweiten Zensus von 2011 beruhen.
Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt?
Zur Erinnerung: Laut Zensus rutschte Nürnberg bei der Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse im vergangenen Jahr unter die so wichtige 500.000er-Marke. 490.085 Nürnberger (für Ende 2011) verbuchten die Landesstatistiker nach der Auswertung der Erhebung. Über 20.000 Personen weniger, als die Stadt zum selben Zeitpunkt in ihrer Einwohnerstatistik registriert hatte.Ein Schock.
Auch andere Städte mussten diese „Rückstufung“ der Zahlen hinnehmen. Hier geht es nicht nur um Größe. Für Nürnberg etwa macht die Korrektur der Einwohnerzahl nach unten laut Aussage des Stadtkämmerers bis zu 27 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen allein in diesem Jahr aus. Kein Wunder, dass sich die Kommunen wehren. Die Stadt Amberg hat Anfang dieses Jahres - stellvertretend für 54 Kommunen im Freistaat - eine Musterklage vor dem Verwaltungsgericht gegen das Zensus-Ergebnis eingereicht. In allen Bundesländern gibt es vergleichbare Klagen.
Was gibt es zu kritisieren? „Aus unserer Sicht ist das Berechnungsverfahren für die Einwohnerzahlen nicht transparent“, moniert Wolf Schäfer. „Die Ermittlung der Einwohnerzahlen ist weder nachprüfbar noch nachvollziehbar“, sagte Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, bei der Klageerhebung. Schäfer ergänzt: „Wir müssen die Zahlen nachrechnen können. Das können wir aber nicht, weil wir die Grundlagen nicht kennen.“
Buckenhofer und Schäfer sehen auch das verfassungsmäßige Recht auf „kommunale Selbstverwaltung und interkommunale Gleichbehandlung verletzt“. Denn bei den Kommunen unter 10.000 Einwohnern kam ein anderes Verfahren zum Zuge als bei den größeren Städten. Da aber bei den kleineren Kommunen kaum Abweichungen (zum Melderegister) vorkamen, sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt, so Schäfer.
Bei den größeren Städten wurde ein kompliziertes Hochrechnungsverfahren angewendet, das „weniger zielgenaue Ergebnisse erbracht hat“, so Buckenhofer. „Für uns ist auch die Begründung des Bescheids mit den amtlichen Einwohnerzahlen nicht nachvollziehbar. Das muss sie aber als Verwaltungsakt sein. So steht es im Gesetz“, betont Schäfer.
Noch kein Termin
Die Statistischen Landesämter weisen die Vorwürfe zurück. Der Gleichheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Sie berufen sich zudem auf das Statistikgeheimnis und geben Details nicht preis. „Was wiegt mehr? Geheimnis oder Gleichbehandlung: Das ist wohl eine Frage für das Verfassungsgericht“, meint Amtschef Schäfer.
Ungereimtheiten im Vergleich zu den Melderegistern begründen die Landesämter mit der ungenauen Datenerhebung der Kommunen. „Das weisen wir zurück“, kontert er. Durch die Wahlen (und die Zustellung der Wahlunterlagen) sowie die Zusendung der Steuer-ID auch an Ausländer habe man ein sehr gutes Korrektiv gehabt. Wo die Post nicht mehr zugestellt werden konnte, sei das Melderegister bereinigt worden.
Wann es zur mündlichen Verhandlung kommt, weiß auch Bernhard Mitko noch nicht. Der berufsmäßige Stadtrat ist Rechtsreferent der Stadt Amberg und erklärt gegenüber unserer Zeitung, dass Klagebegründung und -erwiderung bereits ausgetauscht seien. Einen weiteren Schriftsatz will er an das Verwaltungsgericht schicken. Mitko: „Einen Termin für eine Verhandlung gibt es noch nicht.“ Die Kommunen müssen sich also so oder so weiter in Geduld üben. „Wir fiebern schon ein wenig der offiziellen Zahl entgegen“, gesteht Wolf Schäfer. Und den magischen, offiziell bestätigten 500.000 Einwohnern.
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