Nürnberg will sich um Internet-Daten der Toten kümmern

5.2.2018, 05:49 Uhr
Was passiert eigentlich nach unserem Tot mit unseren Daten im Internet?

© Jan-Philipp Strobel/dpa Was passiert eigentlich nach unserem Tot mit unseren Daten im Internet?

Die Digitalisierung durchdringt unser Leben, und sie macht vor dem Tod nicht Halt. "Kaum jemand fragt sich heute schon, was eigentlich mit den Facebook-, Dropbox-, Netflix- oder Cloud-Konten passiert, wenn man stirbt. Online-Konten wie Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken, online abgeschlossene Verträge oder Mitgliedschaften und Verbindlichkeiten, zum Beispiel bei Streamingdiensten oder sonstigen Online-Abos bleiben aber bestehen und gehen auf den Erben über", sagt SPD-Stadträtin Anita Wojciechowski. Im nicht-öffentlichen Teil der letzten Sitzung des Finanzausschusses gaben die Parteien grünes Licht für einen digitalen Nachlass-Service.

Es wird allerdings noch eine Weile dauern, bis die Stadt die digitale Spurensuche tatsächlich anbieten kann. Wenn das Konzept bis Ende des Jahres fertig ist, "dann sind wir stolz und glücklich", sagt Gerhard Kratzer, Chef der Friedhofsverwaltung. Die Stadt wird die Suche nach digitalen Spuren eines Verstorbenen im Internet nicht selbst leisten können, sie will mit einem privaten Dienstleister zusammenarbeiten. Angehörige sollen den digitalen Nachlass-Service als Dienstleistung mitbuchen können, wenn sie ihre Toten vom städtischen Unternehmen bestatten lassen.

Wer bekommt die Passwörter?

"Wir leisten Kärrnerarbeit", fährt der Amtsleiter fort. Bevor die Stadt loslegen kann, müssten viele rechtliche Fragen geklärt werden: Wer hat eigentlich Anspruch auf die Ergebnisse der Suche? Wer darf Passwörter für Mail-Postfächer, Facebook, Online-Banking oder Streamingdienste erhalten? "Das ist höchst kompliziert und völlig neu", so Kratzer weiter.

Private Bestatter sind hier schon weiter und kooperieren längst mit Firmen, die anbieten, was die Stadt einführen möchte. Anton Bestattungen oder die Trauerhilfe Stier setzen zum Beispiel auf das Berliner Softwarehaus Columba, das nach eigenen Angaben für Bestatter, Versicherungen und private wie öffentliche Partner digital Formalitäten rund um einen Trauerfall erledigt. Man biete das seit circa drei Jahren an, weil immer mehr Verstorbene im Internet aktiv gewesen seien. Da stehen eventuell noch Auszahlungen an oder Rechnungen aus, sagt Mira Lutze, Bestattungsfachkraft bei Anton Bestattungen. Ähnlich argumentiert Olaf Stier von der Trauerhilfe Stier, die mit datenschutzkonformer Recherche von Accounts und Verträgen oder der Löschung oder Deaktivierung von Profilen in sozialen Netzwerken wirbt. "Die Angehörigen haben oftmals Schwierigkeiten mit Passwörtern", sagt Stier. Vorausgesetzt, sie wissen überhaupt, welche Konten wo schlummern.

Vorsorge zu Lebzeiten treffen

Verbraucherschützer raten, schon zu Lebzeiten Vorsorge zu treffen. Denn alle Daten blieben auch nach dem Tod eines Kunden oder Users beim jeweiligen Anbieter. Deshalb sei es sinnvoll, eine Person des Vertrauens mit allen Aufgaben rund ums digitale Erben zu betrauen, so die Verbraucherzentrale. "Dabei bewährt sich insbesondere eine Liste mit allen Benutzerkonten und Passwörtern, die an einem sicheren Ort hinterlegt werden sollte. Auch sollte der Verbraucher genau festlegen, was mit seinen einzelnen Konten passieren soll."

Verwandte Themen


2 Kommentare