Nürnberger Abgeordnete hören Papst zu
21.9.2011, 14:00 UhrDas ergab eine Umfrage der NN-Lokalredaktion unter den Politikern. Die beiden direkt gewählten CSU-Mandatsträger Michael Frieser und Dagmar Wöhrl werden ebenso an der Rede des katholischen Kirchenoberhaupts und des Staates Vatikanstadt im Berliner Reichstag teilnehmen wie ihre beiden SPD-Kollegen Martin Burkert und Günter Gloser.
Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte Papst Benedikt XVI. im Rahmen seines Staatsbesuchs in Deutschland vom 22. bis 25. September – „mit Zustimmung der Fraktionen“, wie der Bundestag betont – zu dem Auftritt im Parlament eingeladen. Daraufhin gab es (wie berichtet) Protest aus Parteien. Bis zu 100 Abgeordnete haben angekündigt, nicht an der Rede teilnehmen zu wollen.
„Religion und Staat trennen“
Darunter ist auch der Nürnberger Harald Weinberg. „Nein, ich werde nicht teilnehmen. Das ist ein überflüssiger Termin“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Das Oberhaupt der katholischen Kirche habe, genauso wie andere Religionsführer, nichts im deutschen Parlament verloren. Keine Religion dürfe staatlich bevorzugt und keine benachteiligt werden. Weinberg: „Religion und Staat sind zu trennen.“ Mit der Rede des Papstes im Bundestag werde diese Trennung „mal wieder ausgehebelt“. Weinberg bezeichnet den Vatikanstaat als „Schurkenstaat“, an der Spitze stehe mit dem Papst ein „Alleinherrscher mit diktatorischen Vollmachten“.
Ganz anders sehen dies die vier anderen Parlamentarier. „Selbstverständlich“ nehmen sie an der Sitzung teil, betonen Michael Frieser und Dagmar Wöhrl. „Ich freue mich sehr, dass Papst Benedikt dem Hohen Haus seine Ehre erweist“, erklärt Frieser. Er erwarte sich von der Rede „über den Tag hinausreichende Aussagen zur Werteausrichtung unserer Gesellschaft in immer unübersichtlich werdenden Zeiten und eine Stärkung des leider auch in Deutschland brüchig gewordenen Glaubensfundaments“. Es sei ein besonderes Ereignis, so Wöhrl, den Papst im Deutschen Bundestag zu erleben, auch wenn sie ihm schon persönlich begegnet sei. „Ich habe großen Respekt vor diesem Mann und bin sehr gespannt auf seine Rede.“
Neutralität gewahrt
Beide haben sie kein Verständnis dafür, dass andere Abgeordnete wegbleiben. „Zu einem guten Parlamentarier gehört es auch, Andersdenkenden zuzuhören“, findet Wöhrl. Es spreche nicht gerade für das Toleranzverständnis vieler Grüner und Linker, so Frieser, die Aussagen des Papstes noch nicht einmal anzuhören. Beide CSU-Politiker sehen durch den Auftritt auch nicht die Neutralität des Bundestags missachtet.
„Ja, ich nehme an der Plenarsitzung mit Papst Benedikt teil“, sagt SPD-Politiker Martin Burkert. Er sei Mitglied der evangelischen Kirche und gehe regelmäßig zu den Parlamentarischen Abenden der evangelischen und katholischen Kirche. „Dort schätze und suche ich den kritischen Dialog.“
Mut zu Reformen
Generell wünsche er sich aber von der katholischen Kirche mehr Mut zu Reformen und eine lückenlose Aufklärung im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen. Als Christ wäre es für ihn aber nie eine Frage, ob er der Rede fernbleibe. Er betrachte es aber als eine Gewissensentscheidung eines jeden Einzelnen und respektiere sie. Burkert sieht auch die Neutralität des Parlaments nicht tangiert, denn der Papst sei auch das Staatsoberhaupt des Vatikans.
Auch Günter Gloser nimmt „sich die Freiheit“, die Rede Benedikts zu hören. Damit stimme er nicht automatisch allen Positionen des Papstes zu. Er respektiere das Fernbleiben anderer Kollegen, „auch wenn ich manche Argumente nicht nachvollziehen kann“. Auch er sieht die weltanschauliche Neutralität des Bundestags durch den Besuch nicht verletzt.
Benedikt XVI. wird nach Auskunft der Parlamentsverwaltung am Donnerstag nach der Begrüßung eine halbe Stunde sprechen. Die Rede wird ab 16.30 Uhr auch live im Parlamentsfernsehen im Internet unter www.bundestag.de übertragen. Benedikt ist der erste Papst, der vor einem deutschen Parlament spricht, und das 13. amtierende Staatsoberhaupt.
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