30-Jähriger in Haft
Nürnberger Altenheim kämpft um Karrar: Pflegefachhelfer aus der Abschiebehaft entlassen
20.4.2024, 16:46 UhrNicht nur für Christine Wagner, Leiterin des Nürnberger Altenheims "Hermann-Bezzel-Haus", war die Nachricht am Mittwoch, dass ihr Mitarbeiter Karrar Al Hasani äußerst zeitnah abgeschoben werden soll, ein Schock. Am gleichen Tag wurde Al Hasani von der Polizei abgeholt und befindet sich seither in Abschiebehaft. "Sie behandeln mich wie einen Verbrecher", schrieb er Wagner noch via WhatsApp.
Der Pflegefachhelfer hat Anfang April erfahren, dass ihm die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis entzogen wurde und er in den Irak abgeschoben werden soll. Um das zu verhindern, wurde nun eine Petition ins Leben gerufen.
Vor fast sechs Jahren kam Karrar Al Hasani nach Deutschland. Schon seit 2021 ist er für die Rummelsberger Diakonie tätig. Um beruflich fit zu sein, hat der 30-Jährige einen Sprachvorbereitungskurs sowie die Berufsvorbereitungsschule absolviert. Im Rahmen dieser kam er über ein Praktikum in die Rummelsberger Einrichtung in der Nürnberger Südstadt. Im September 2022 startete er dann seine Ausbildung zum Pflegefachhelfer bei der Rummelsberger Diakonie, welche er im August 2023 erfolgreich abgeschlossen hat. Als genau dieser ist er seither im "Hermann-Bezzel-Haus" tätig.
Er sei ein ruhiger, humorvoller Kollege, der auch von den Bewohnenden sehr geschätzt wird, wie Wagner berichtet. Dieser soll schon am Mittwoch, 24. April, in den zurück in den Irak geschickt werden. Fast 4000 Menschen haben die Online-Petition gegen die Abschiebung unterzeichnet. Darunter sammeln sich die Kommentare von Freundinnen und Freunden, Kolleginnen und Kollegen aus dem Altenheim.
"Karrar ist die Art von Kollege, die schwer zu finden ist. Immer lächelnd, positiv, hilfsbereit und für sein Team da. Jeder mag ihn sehr und wir schätzen seinen Platz in unserem Team", ist dort zu lesen.
Doch weshalb steht die Abschiebung nun so bald bevor? "Nach Ansicht der Ausländerbehörde ist der Beruf des Pflegefachhelfers kein Mangelberuf. Sie möchte, dass sich Karrar Al Hasani zur Pflegefachkraft weiterbilden lässt", heißt es in der offiziellen Pressemitteilung der Altenhilfe Rummelsberg.
"Karrar hat gegenüber seiner Sachbearbeiterin geäußert, dass er eine weitere Ausbildung zur Pflegefachkraft erstmal nicht anstrebt. Er hat eine starke Sehbehinderung, die ihn einschränkt und ihm das Lernen erschwert", berichtet Wagner. Al Hasani habe sich in den vergangenen Jahren schließlich durch den Sprachkurs und die erste Ausbildung gekämpft. Sie ist sich sicher, dass dem 30-Jährigen die Konsequenzen zu keinem Zeitpunkt bewusst waren. Das Vorgehen sei eine "Unverschämtheit", macht Wagner ihrem Ärger Luft. "In der Pflege mangelt es an jeder Stelle."
Pflegefachhelfer dürfen nach ihrer einjährigen Ausbildung Medikamente verabreichen oder Blutzucker messen - wichtige berufliche Handgriffe, die zum Arbeitsalltag in einem Altersheim unbedingt gehören.
Doch nicht nur Wagner und ihre Mitarbeitenden sind in Aufruhr. Auch SPD-Stadtrat Michael Ziegler zeigt sich fassungslos. "Man hat ihn wie einen Schwerverbrecher in Abschiebehaft genommen, obwohl er ein toller Teil der Gesellschaft ist." Ziegler kennt ihn schon lange. In seiner Tätigkeit in der Schulsozialarbeit habe er den jungen Mann kennengelernt, ihm beim Umzug und bei der Vermittlung des Ausbildungsplatzes unterstützt. "Er arbeitet, zahlt Steuern, ist für die Seniorinnen und Senioren da", betont Ziegler. Dass all das nicht reiche, ist für ihn und viele andere schwer nachzuvollziehen.
Sie hoffen, dass mit der Petition etwas ins Rollen gebracht werden kann. Die Zeit drängt. Bereits in wenigen Tagen soll das Flugzeug nach Bagdad abheben.
Update vom 21. April 2024: Wie Michael Ziegler gegenüber nordbayern.de bestätigte, wurde der Pflegefachhelfer am Sonntagmorgen aus der Abschiebehaft entlassen. "Karrar Al Hasani wurde heute um 7 Uhr aus dem Gefängnis entlassen. Wir sind sehr erleichtert", so Ziegler.