Exklusive Einblicke
Nürnberger Christkindlesmarkt-Eröffnung: So haben ehemalige Christkinder den besonderen Tag erlebt
29.11.2024, 05:00 UhrEin Mal im Jahr versammeln sich um 17:30 Uhr tausende Menschen auf dem Nürnberger Hauptmarkt, um den Klängen der feierlichen Eröffnung des Nürnberger Christkindlesmarktes zu lauschen. Zwischen Glühweinduft und Lebkuchengeschmack drängen sich die Weihnachtsbegeisterten, um vor allem eines zu sehen: das Nürnberger Christkind. Natürlich ist die Eröffnung, auf die an diesem Tag alles hinausläuft, der absolute Höhepunkt. Doch für die Christkinder beginnt der Eröffnungstag schon wesentlich früher. Auch ich, Teresa Treuheit, durfte diesen Tag zweimal erleben, denn ich selbst war 2013 und 2014 Nürnberger Christkind. Gemeinsam mit weiteren ehemaligen Christkindern möchte ich Ihnen nun einen Einblick in den Eröffnungstag geben und die ein oder andere Erinnerung von mir und meinen Christkind-Kolleginnen erzählen.
Wer am heutigen Eröffnungstag immer auf dem Laufenden bleiben will, sollte unseren Christkindlesmarkt-Live-Ticker ab 11 Uhr verfolgen.
Im Wandel der Zeit: der Vormittag
Als mir die anderen Christkinder über ihre Eröffnungstage berichtet haben, ist eines klar geworden: Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat sich am Ablauf so einiges verändert.
Heute gibt es zum Beispiel vormittags einen Brunch, an dem zum Ende hin Medien eingeladen sind und das Christkind ein Interview nach dem anderen gibt. Vor einigen Jahren war das noch ganz anders. "Bei mir gab es zum Beispiel morgens noch keinen Brunch. Ich war jedes Mal davor noch in der Schule und habe eine Klausur geschrieben, da ich den Stoff ja noch mitbekommen hatte und das nicht auch noch nachholen wollte", erinnert sich Stephanie Rieder, Nürnberger Christkind der Jahre 1999 und 2000. Denn nach der Eröffnung und zum Teil auch schon in den Wochen davor hat das Christkind schlichtweg keine Zeit mehr, die Schule zu besuchen. Ich beispielsweise hatte in einem Jahr 176 Termine. Von Kinderkrebsstationen, Behindertenwerkstätten oder Altenheimen über Kindergärten und Schulen bis hin zu Weihnachtsmärkten und sogar Fernsehshows - man ist als Christkind in der Adventszeit von Früh bis Abend unterwegs.
Von der Märchenstunde zur Tonprobe
Seit einigen Jahren geht das Christkind am Eröffnungstag im Anschluss an den Brunch ins Sternenhaus am Hans-Sachs-Platz. Hier wird der Ablauf der Märchenstunde erklärt, denn zweimal in der Woche lässt das Christkind Sternenstaub aus seinem Buch regnen und liest den kleinen Weihnachtsfans Märchen vor.
Nach dem Sternenhaus, inzwischen ist es bereits früher Nachmittag, geht es für das Christkind zum Hauptmarkt, denn die Tonprobe steht an. Im ersten Amtsjahr eines jeden Christkinds ist das der Moment, in dem es erstmals, natürlich noch inkognito, auf der Empore der Frauenkirche steht und auf den Markt schaut. Klar ist es ein Unterschied, denn noch ist es taghell und der Markt noch geschlossen. Dennoch ist es, zumindest war es für mich so, schon ein erster Moment, in dem man ein Stück mehr realisiert, dass man wirklich das Christkind ist und nachher den Markt eröffnen wird.
Für die Tonprobe wird ein Gedicht vorgetragen. Auch dafür nutzen die Christkinder inzwischen ihr eigenes goldenes Buch, welches voller Lieder, Geschichten und Gedichte ist. Barbara Otto, das Christkind von 2015 und 2016, ließ ihr Buch an dem Tag zu Hause, denn sie dachte, dass sie es für den Prolog ja nicht brauche. An die Tonprobe hatte sie nicht mehr gedacht. Quer über den Markt stürmte sie also in einen Buchladen und rief "Ich bin das Nürnberger Christkind und ich brauche einen Gedichtband, darf ich mir den leihen? Ich bringe ihn auch in einer halben Stunde wieder zurück!". Spontan suchte sie irgendeinen Vers aus. "Bei einem Gedicht dachte ich mir mittendrin‚ ne, das ist komisch, ich nehme ein anderes‘. Leider habe ich das laut gesagt und hörte nur Gelächter von unten", erinnert sie sich. Inzwischen ist dieser Moment eine lustige Anekdote ihrer Amtszeit.
Die Verwandlung
Nach der Tonprobe geht es zum wohl zweitwichtigsten Termin des Eröffnungstages: die Verwandlung im Staatstheater in Nürnberg. Dort wird in diesem Jahr Nelli Lunkenheimer zum zweiten Mal für die Eröffnung in das Christkind verwandelt. Von Maskenbildnerin über Schneiderin bis hin zum Waffenmeister sind nun alle da, um aus einem gewöhnlichen Mädchen das Nürnberger Christkind zu machen. Doch wer glaubt, hier kann nichts mehr schiefgehen, der irrt. In meinem ersten Christkind-Jahr haben wir, während ich in der Maske saß und schon fast fertig war, bemerkt, dass die essenziell wichtige Krone im Presseamt vergessen worden war. In Windeseile rannte mein damaliger Christkind-Fahrer Ralf durch die Stadt zum Amt, denn mit dem Auto hätte es durch den Verkehr viel zu lange gedauert. Gerade noch rechtzeitig schaffte er es wieder ins Theater und ich konnte pünktlich mit der Krone auf dem Kopf mit einer Polizeieskorte zur Frauenkirche gefahren werden.
Die Eröffnung
Durch einen Hintereingang betritt das Christkind die Frauenkirche und so langsam wird es ernst, denn draußen ist es schon dunkel und der Weg führt direkt nach oben, in Richtung Empore. Jetzt steigt die Aufregung. Ein paar letzte ruhige Momente, Gedanken und Umarmungen von den Liebsten, dann geht es hinaus, hinauf auf das Podest, allerdings noch von einem Vorhang verdeckt. Das zweite gewählte Christkind der Nürnberger Geschichte, Gudrun Bauer, berichtet: "Bei der Eröffnung 1971 hatte ich, der Vorhang auf der Empore war noch oben, große Sorge, dass sich mein Herzklopfen beim Anschalten des Mikros, damals noch im Kleid auf Brusthöhe befestigt, auf den ganzen Platz übertragen könnte".
Inge Götz, das Nürnberger Christkind der Jahre 1973/1974, weiß noch genau, was passierte, als der Vorhang fiel. "Einen großen Schrecken jagte mir der starke Mann ein, der mich an der langen Leine hielt, als ich beim Absenken des Vorhangs nochmal tief durchschnaufte und er mich ruckartig nach hinten zog". Denn das Christkind wird während der Eröffnung mit einem Gurt unter dem Kleid und einem daran hängenden Seil gesichert. Eine Voraussetzung, um Christkind werden zu können, ist übrigens schwindelfrei zu sein.
Sobald die Scheinwerfer angehen, sieht das Christkind so gut wie nichts mehr, denn die Lichter sind einfach zu hell und blenden. Doch die Atmosphäre, das Raunen, das durch die Menge geht, sobald sie das Christkind sehen können, diese ganz besondere Ruhe und weihnachtliche Stimmung spürt man mit jeder Faser des Körpers. Sobald Bläser und Kinderchor ihren musikalischen Beitrag beendet haben, geht er los, der Prolog.
"Ich hab mich gefühlt, als würden mir alle wirklich zuhören und das war toll, weil ich das Gefühl hatte, ich konnte den Menschen etwas geben, Weihnachten geben und mich dabei auch noch gleichzeitig freuen", erinnert sich Benigna Munsi, das Christkind der Jahre 2019 und 2020, wenn sie an ihre Eröffnung zurückdenkt.
Nachdem der Markt mit den berühmten Worten "Das Christkind lädt zu seinem Markte ein, und wer da kommt, der soll willkommen sein" eröffnet ist, stehen weitere Presseinterviews an, bevor es dann aus der Kirche ins Freie geht, wo sich schon die ersten Kinder mit leuchtenden Augen auf das Christkind freuen. Doch nicht nur die versuchen das Christkind zu sehen: "Leute sind auf die gegenüberliegende Straßenlaterne geklettert, um einen Blick auf das Nürnberger Christkind erhaschen zu können. Das hat mich überwältigt", erinnert sich Eva Duesmann, Christkind der Jahre 2005 und 2006.
Auch wenn sich in den Jahren seit 1969 vieles verändert hat, bleibt eines gleich, stellt Michaela Tröger, das Nürnberger Christkind der Jahre 1975 und 1976 fest: "Was sicher immer gleich geblieben ist, ist das unbeschreibliche Gefühl, auf der Empore zu stehen, Luft zu holen und festzustellen, jetzt hören wirklich alle zu, was das Christkind sagt …". Das empfinde ich genauso und ich bin mir sicher, dass viele, wenn nicht sogar alle anderen bisherigen und zukünftigen Christkinder ebenso fühlen. Eben zweimal ein einmaliges Erlebnis!
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