Nürnberger entscheiden über Gestaltung des Rathaussaals

22.2.2014, 09:15 Uhr
Nürnberger entscheiden über Gestaltung des Rathaussaals

© Eduard Weigert

Die Zustimmung des Stadtrats ist notwendig, weil der OB kein Ratsbegehren verfügen kann. Bereits Mitte nächster Woche findet ein Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden der Parteien statt, der formale Beschluss soll in der Stadtratssitzung am 2. April gefasst werden.

Das Ratsbegehren besteht aus zwei Teilen: Eine drei Seiten umfassende Information umreißt Geschichte und einen möglichen weiteren Umgang mit dem Rathaussaal. Das Schreiben ist „neutral und ohne tendenziöse Formulierungen“, betont Maly nachdrücklich. Es soll den Wahlberechtigten verdeutlichen, worüber sie entscheiden. Diese Information bekommen die Bürger mit den Wahlunterlagen zur Europawahl zugeschickt.

Der zweite Teil besteht in der Frage des Stimmzettels am Tag der Entscheidung . Das Ratsbegehren findet nämlich — die Zustimmung des Stadtrats vorausgesetzt — zeitgleich zur Europawahl am 25.Mai statt. Der OB hatte die Unterlagen entworfen und mit den Altstadtfreunden einvernehmlich abgestimmt. Es war ein fairer, vertrauensvoller Umgang, bestätigen beide Seiten.

Über die Gestaltung des Historischen Rathaussaals, der 1945 bis auf die Grundmauern vernichtet wurde, hatte man eingehend diskutiert. Die Altstadtfreunde wünschen eine Rekonstruktion der Bemalung, wie sie vor Zerstörung fotografisch dokumentiert ist. Sie gibt die Fassung von 1904/5 wieder, als der Maler Hans Haggenmiller die Wandgemälde restauriert und zum Teil neu bemalt hatte.

Die Altstadtfreunde betonen, dass beim Wiederaufbau des Saals Ende der 1970er Jahre an eine komplette Rekonstruktion gedacht war. „Der Raum ist in einem unfertigen Zustand“, meint Vereinsvorstand Karl-Heinz Enderle, der konzeptionelle Entwurf Albrecht Dürers von 1521 sei bis zuletzt erkennbar gewesen. Anliegen der 5700 Mitglieder starken Initiative ist es, das 500. Jubiläum im Jahr 2021 in einem farbenprächtigen Rathaussaal zu begehen, dessen Bemalung und Ausstattung den dokumentierten Zustand von 1904/5 wiedergibt.

Die Mehrheit des Stadtrats ist dagegen der Ansicht, dass das künstlerische Erbe Dürers durch mehrfaches Ausbessern oder Übermalen während der Jahrhunderte und vor allem durch die vollständige Kriegszerstörung unwiederbringlich zerstört ist. Dürer selbst hatte außerdem nur den Entwurf geliefert, war an der Umsetzung jedoch nicht beteiligt. Eine Rekonstruktion des Zustands aus den Jahren 1904/5 werde der 600-jährigen Geschichte des Saals nicht gerecht, so die Gegner der Rekonstruktion.

Kulturreferentin Julia Lehner arbeitet an einer neuen Präsentation des Rathauses, das neben dem Saal auch die Ehrenhalle einschließt. Mitte März will sie die Überlegungen im Stadtrat vorstellen.

Weder für das Vorhaben der Altstadtfreunde noch für jenes der Verwaltung gibt es Kostenschätzungen. Doch die Stadt will bis zum Bürgerentscheid im Mai zumindest einen groben finanziellen Rahmen benennen.

Dieser Artikel wurde am 22. Februar um 9.15 aktualisiert.

7 Kommentare

Denis

Ich finde es immer noch äußerst bedauerlich, daß damals der wirklich fantasievolle und künstlerisch hervorragende Entwurf von Herrn Prechtl mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurde und nicht umgesetzt werden konnte. Die große positive Resonanz bei der Dia-Präsentation der früheren Bemalung zeigt eindeutig, daß die Altstadtfreunde nicht alleine stehen mit dem Wunsch nach einer Gestaltung des Rathaus-Saales, die historischen Vorlagen nachempfunden ist. Weiße Wände sind letztlich Ausdruck absoluter fantasieloser Herangehensweise, mit weißen Wänden wird auch kein zusätzlicher Tourist "anzulocken" sein. Voraussetzung für ein neues Highlight in der Stadt-Präsentation ist zum einen, daß sich möglichst viele Bürger dafür entscheiden, daß die Verantwortlichen der Stadt endlich ihre zögerliche bis ablehnende Haltung korrigieren und daß natürlich ein Künstler gefunden wird, der das Vorhaben mit entsprechend hoher Qualität umsetzen kann.

Kleist

@Marchan Vielleicht wären ein paar Tags und Graffitis in einem historisch nachempfundenen Rathaussaal eher nach Ihrem Geschmack? Für ein paar Spraydosen reicht´s noch... wenn wir dafür sammeln gehen.

Kleist

Wenn ich mir die Argumentation der Rekonstruktions-Gegner durchlese, kann ich nur noch eins sagen: lasst den Saal wie er ist. Die blanken Wänden spiegeln das Wesen des Nürnberger Rates am besten wieder: karg, einfallslos, zu keiner Entscheidung fähig. Zudem sparen wir uns eine Menge Geld, das wir sowieso nicht haben.

Marchan

Wer soll eigentlich den Saal bemalen? Restauratoren sind dazu nicht geeignet. Es werden Künstler benötigt, die im Sinne des 16./17. Jahrhunderts malen können. Wer kann das heute noch?
Vielleicht wird man in Fernost fündig, unter den tausenden Kopieren der europäischen Kunstgeschichte. Und billig soll es zudem auch noch sein. Demnächst wird es heißen: Billiglohnmaler aus Fernost bemalen den Nürnberger Rathaussaal!! Na dann Prost!!!

signore77

@Student87: Den Nagel auf den Kopf getroffen!

@Redaktion: Wie schaut´s aus? Holen Sie das Versäumnis, in den anderthalb Jahren, die inzwischen vergangen sind, seit das Thema "Rathaussaal" aus dem "Denkpausen"-Dornröschenschlaf langsam wieder erwacht ist, und ja auch durchaus öfter von Ihnen darüber berichtet wurde, kein einziges Bild des früheren Zustands gedruckt oder online gestellt zu haben, nach? Wenn Sie die Leserschaft schon wie hier auf dieser Seite darüber abstimmen lassen, ob die Bemalung rekonstruiert werden soll oder nicht, würde es doch wirklich Sinn machen, dem Leser auch Bilder des Zustands, der rekonstruiert werden soll, zu zeigen - damit er überhaupt weiß, worüber er abstimmt.

Es stimmt nicht, dass wir kein einziges Bild des früheren Zustandes online gestellt haben. Wir haben mehrfach über die Pläne berichtet und dabei auch eine entsprechende Bildergalerie online gestellt (die wir nun auch in diesen Artikel eingefügt haben). Zum Beispiel: http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/burgerbegehren-kehrt-durers-triumphzug-ins-rathaus-zuruck-1.3401396
Die Redaktion