Nürnberger Jugendherberge wird Lernort

12.3.2013, 07:30 Uhr
Nürnberger Jugendherberge wird Lernort

© Eduard Weigert

Vor dem Umbau der Jugendherberge, die am 27. April feierlich wiedereröffnet wird, gab es in der Einrichtung lediglich Informationsmaterial über Angebote von Vereinen und Institutionen, die die Geschichte der Stadt aufbereiten. Nun aber wird die Herberge selbst zum Lernort. Das Jugendherbergswerk hat bei der Fürther Produktionsfirma „Alter Cine“ vier zirka fünfminütige Filme in Auftrag gegeben, die mit Unterstützung des Bayerischen Rundfunks realisiert wurden und sich mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen beschäftigen.

Einer beleuchtet etwa Nürnbergs Rolle als Stadt der Reichsparteitage – in dem Streifen sind Jugendliche zu sehen, die sich auf der Zeppelintribüne darüber unterhalten, warum die Nazi-Aufmärsche so viele Menschen in den Bann ziehen konnten und ob sie selbst auch gefährdet gewesen wären, dem Massenmörder Hitler zu folgen. Andere Filme beschäftigen sich mit den Nürnberger Prozessen oder Nürnberg als Stadt der Menschenrechte. Die Schulklassen sehen die Filme im neuen Multivisionsraum in der Herberge und sollen danach „auf Spurensuche gehen“, so Koller. Zum einen im Internet – die Herberge stellt 22 Laptops zur Verfügung –, dann aber auch an den realen Orten der Geschehnisse. Durch dieses Programm werde die Stätte zum Lernort: „Eine Jugendherberge ist mehr als nur ein Übernachtungsort“, sagte Koller.

Wie Koller und Kulturpädagogin Eva Mehrbrey darlegten, sind die Kurse für Schüler ab der 7. Klasse geeignet; es liegt in der Entscheidung des Lehrers, ob man diesen etwas anderen Geschichtsunterricht als Tagesseminar oder über drei oder gar fünf Tage praktiziert. Das Jugendherbergswerk arbeitet für dieses Angebot mit dem Verein „Geschichte für alle“ und mit „Dokupäd – Pädagogik rund um das Dokumentationszentrum“ zusammen. Dokupäd ist ein pädagogisches Programm des Kreisjugendrings (KJR), das bislang vor allem Jugendliche aus der Stadt und dem Bezirk erreichte; Dokupäd-Leiterin Anja Prölß-Kammerer freut sich über den bundesweiten Radius, den das Programm über die Kooperation mit dem Jugendherbergswerk nun erzielen könne. Der stellvertretende KJR-Vorsitzende David Schmitt machte deutlich, dass Friedenserziehung per Satzung Aufgabe des KJR sei.

Sozialreferent Reiner Prölß hält das neue Angebot in der Jugendherberge auch deshalb für enorm wichtig, weil politische Bildung in den Stundenplänen oft zu kurz komme. „Das wird vernachlässigt.“

Koller sagte, dass die Jugendherberge das Bildungsangebot noch auf andere historische Epochen erweitern wolle – etwa auf die Reformation. Weitere Schwerpunkte könnten Nürnberg als Spiele- oder Industriestadt sein. Für das Mittelalter gebe es bereits Angebote, wenngleich ohne die filmischen Mittel, die die Herberge nun zur Aufbereitung der Nazi-Zeit zur Verfügung hat. In dieses Programm flossen laut Koller 350000 bis 400000 Euro. Der Umbau der Herberge insgesamt kostete 19 Millionen Euro, wobei das Jugendherbergswerk bei der Finanzierung Unterstützung von Stadt, Land und Bund bekam.
 

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