Nürnberger Klimacamper wollen in der Innenstadt bleiben
2.11.2020, 19:13 UhrEtliche sehr kalte Nächte haben sie nun schon durchgestanden, doch die Aktivisten des Klimacamps wollen weitermachen – auch über den 6. November hinaus, wenn die Genehmigung für die Aktion in der Altstadt ausläuft. Sie haben eine Verlängerung um vier Monate bis März 2021 beantragt – da das Ordnungsamt nicht binnen 48 Stunden widersprochen hat, gehen sie davon aus, bleiben zu können, sagt Camp-Pressesprecher Daniel Fitzinger.
"Der Klimawandel macht keine Pause, und so sind auch wir gekommen, um zu bleiben", schreiben die Aktivisten in einer Pressemitteilung zum 60-tägigen Bestehens des Camps, das sich seit 3. September auf dem Sebalder Platz befindet.
"Das Wetter ist kein Faktor"
Wegen der Temperaturen werde man nicht aufgeben, versichert Fitzinger: "Das Wetter wird kein Faktor, ob wir bleiben oder nicht." Kürzlich konnten er und seine Mitstreiter einen prominenten Gast begrüßen. Bürgermeister Christian Vogel (SPD) diskutierte eine gute Stunde lang mit über 20 Aktivisten des Camps, in dem rund 20 zivilgesellschaftliche Organisationen unter dem Namen "Nürnberg for Future" zusammenarbeiten.
Ein Thema im Gespräch mit Vogel waren die Bäume, die für den Bau des Konzertsaals an der Meistersingerhalle weichen sollen. Der Bürgermeister musste den Klimaschützern erklären, dass durch Nürnbergs Scheitern in der Kulturhauptstadt-Bewerbung der Konzertsaal keineswegs obsolet sei. "Ich betonte, dass das nichts miteinander zu tun hat", sagte er später.
Bäume im schlechten Zustand
Seine Aussage, dass sich von den inzwischen noch 61 Bäumen, die zur Fällung anstehen, laut einem Gutachten ein Großteil ohnehin in einem schlechten Zustand befindet, sei von den Aktivisten angezweifelt worden, berichtet Vogel. Er habe daher versprochen, das von einem externen Büro angefertigte Papier seinen Baumexperten beim stadteigenen Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör), den Vogel leitet, vorzulegen. Bei anderen Punkten seien solche Annäherungen nicht möglich gewesen, resümieren Vogel und Fitzinger übereinstimmend.
Ein Geschenk mit Symbolcharakter
Der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs, den "Nürnberg for Future" stoppen will, ist für Vogel "ohne Alternative". Dafür sicherte der in den sozialen Medien sehr aktive Bürgermeister seinen Diskussionspartnern zu, auf seinen privaten Kanälen zum Beispiel für den Kauf von Fleisch aus tiergerechter Haltung zu werben.
Dem kam er dann im Netzwerk Facebook prompt nach, wo er dazu aufrief, möglichst Fleisch aus den besseren Haltungsstufen drei und vier zu kaufen: "Wenn die Nachfrage bei den Haltungsstufen eins und zwei beispielsweise zurückgeht, wird automatisch mehr in den Stufen drei und vier angeboten. Wir haben es gemeinsam in der Hand, auch auf diesem Weg den Forderungen für mehr artgerechte Tierhaltung Rechnung zu tragen", schreibt Vogel.
Zum Abschluss seines Besuches bekam der Bürgermeister als Geschenk einen Sammlerfußball von der Weltmeisterschaft 2006 – der allerdings nicht ganz aufgepumpt war, weil die Camper denken, dass die Stadt umweltpolitisch noch Luft nach oben hat.
Lob vom Ordnungsamt
Deswegen wollen sie auch bis auf weiteres auf dem Sebalder Platz die Stellung halten. Zwei Personen müssen Tag und Nacht immer da sein, so will es das Versammlungsrecht, sagt Camp-Sprecher Fitzinger. Das aber funktioniere, zumal man auch viele Anfragen aus der Bevölkerung erhalte: "Die Leute wollen wissen, wie sie uns helfen können." 98 Schichten sind pro Woche zu besetzen, rund 50 Personen helfen mit. Das Ordnungsamt habe die Camper zudem für ihre gute Umsetzung der Corona-Auflagen gelobt. "Das macht Mut", sagt Fitzinger. Auch den nunmehr verschärften Regeln wolle man Rechnung tragen. Mitte Oktober gab es im Klimacamp etwa einen kleinen Auftritt des Liedermachers Gymmick – solche Veranstaltungen würden nun freilich nicht mehr stattfinden.
Die Aktivisten, die Wert auf ihre parteipolitische Neutralität legen, bekamen auch Unterstützung von Bündnis 90/Die Grünen. Die Stadtratsfraktion der Umweltpartei hat wegen der auslaufenden Genehmigung via Antrag gefordert, dass das Klimacamp weiter bestehen darf. "Hier trifft sich eine bunte Mischung unserer diversen Stadtgesellschaft, um mit viel Zivilcourage für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu kämpfen", schreiben die Grünen über die Initiative.
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