Nürnberger muss für Facebook-Hasskommentar büßen
23.3.2017, 17:14 UhrDer Angeklagte ruckelt ein paar Sekunden herum, schiebt den Hintern an den Rand der Sitzfläche, er hängt jetzt mehr in seinem Stuhl, als dass er sitzt, dann bringt er die Formalitäten hinter sich. Er bestätigt seine Personalien, seinen Beruf als Sicherungsposten bei der Deutschen Bahn. Als die Staatsanwältin verliest, was ihm vorgeworfen wird, schüttelt er den Kopf.
Trifft die Anklage zu, hat er am 14. Juni 2016 in einem Facebook-Kommentar seinem Hass freien Lauf gelassen, über ein geplantes Asylbewerberheim gewettert und geschrieben, dieses solle, sobald es steht, gleich in Brand gesetzt werden - in juristische Paragrafen gefasst, eine öffentliche Aufforderung zur Straftat.
Die Grenze zwischen politischem Streit und persönlicher Beleidigung verschiebt sich, seit in der Flüchtlingskrise der Ton härter geworden ist. Im festen Glauben daran, die angebliche Mehrheitsmeinung zu vertreten, vergisst eine ganze Reihe von Aufgebrachten zivilisierte Umgangsformen – doch das Internet ist, anders als manche glauben, kein rechtsfreier Raum. Immer häufiger beschäftigen derartige Verfahren die Gerichte.
Alibi überzeugt nicht
Der Angeklagte nutzt sein Recht zu schweigen, sagt dann aber doch Dinge wie "der Kommentar hat sich doch nur auf einen anderen Kommentar bezogen" und "ich habe das definitiv nicht geschrieben". Dann putzt er demonstrativ seine Brille, als sei der ganze Prozess überflüssiges Gedöns und würde ihm nur seine Zeit rauben.
Der Hass-Kommentar war den Ermittlern des Landeskriminalamtes (LKA) aufgefallen, berichtet ein Polizist im Zeugenstand, im Rahmen des NPD-Verbotsverfahrens sei der Angeklagte aufgefallen, irgendwie auch zufällig, trägt er doch den gleichen Namen wie ein NPD-Funktionär in Rheinland-Pfalz.
Eine Verbindung besteht nicht, doch der Angeklagte ist wegen Volksverhetzung bereits zu einer Geldstrafe verurteilt worden - und zwar kurz bevor er diesen Kommentar auf Facebook absetzte.
Es ist auch diese einschlägige Vorstrafe, die das Gesamtbild ergänzt. Seine Verteidigungsstrategie, wonach auch andere seinen Facebook-Account hätten nutzen können, er lebt mit seinen Eltern und seiner Verlobten unter einem Dach, überzeugt nicht. Auch das Alibi, das seine Verlobte im Zeugenstand vorträgt, beeindruckt nicht. Sie beschreibt einen Besuch im "Palm Beach" in Stein, und will damit ausdrücken, dass der Angeklagte an jenem Tag nicht vor dem heimischen Computer saß. Doch Facebook-Posts sind bekanntlich auch per Smartphone möglich. Was auch nicht sonderlich überzeugt: Die Zeugin berichtet von einer ganzen Clique, die im Spaßbad dabei gewesen sein soll - doch nur einen der Begleiter kann sie namentlich benennen.
Verhängt werden drei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung – und das heißt: Der nächste Hasspost auf Facebook dürfte direkt hinter Gitter führen.