Intime Einblicke
Ohne Klischees: Fotoausstellung in Nürnberg zeigt das wahre Leben von Menschen in der Sexarbeit
25.02.2025, 12:27 Uhr
Opfergeschichten und Kriminalität – das sind die Dinge, die viele oft mit Sexarbeit in Verbindung bringen. Doch hinter dieser Sichtweise stecken Menschen, die diesen Beruf aus ganz unterschiedlichen Gründen gewählt haben. Die Ausstellung "Sex Workers – das ganz normale Leben" zeigt ihre Geschichten und eröffnet einen neuen Blickwinkel auf die oft missverstandene Branche. Die Wanderausstellung bleibt noch bis zum 27.02.2025 in Nürnberg.
Ein Blick hinter die Kulissen
Dass Sexarbeit noch immer mit vielen Vorurteilen belegt ist, weiß auch Tim Oehler. Er ist ein Fotograf aus Hamburg und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Klischees zu brechen. In seiner Ausstellung "Sex-Workers – das ganz normale Leben" zeigt er, dass hinter dieser vermeintlich außergewöhnlichen Arbeit ganz normale Menschen stecken.
Dafür hat er zwölf Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter fotografiert, die er eben nicht als Opfer, sondern als selbstbestimmte Menschen zeigt. Die entstandenen Bilder sind von 19. Bis 27. Februar 2025 im Amt für internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg zu sehen. Die insgesamt 31 Porträts geben laut "Vifogra" intime Einblicke in das Leben von Menschen in Sexarbeit. Die Ausstellung in Nürnberg entstand durch die Zusammenarbeit mit dem Verein Kassandra e.V., der sich für die Rechte und Entstigmatisierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern einsetzt.
Zwischen Alltag und Stigma
"Urteile nicht über ein Leben, das du nicht selbst gelebt hast", steht in Großbuchstaben in der Mitte eines Bildes. Tim Oehler möchte helfen, dass das Stigma gegenüber Sexarbeit abgebaut wird, sagt er auf der Ausstellung. "Ich war vorher noch nie in einem SM-Studio oder in einer Fetisch-Klinik oder geschweige denn Bordellen. Und was ich da aber halt festgestellt habe, war zum Beispiel die Offenheit von den ganzen Teilnehmerinnen", berichtet der Fotograf über seine Arbeit. Gerade das sei oft nicht sichtbar, weil sich viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter aus Angst vor gesellschaftlicher Verachtung anonym bleiben.
Von dieser Befürchtung berichtet auch Konstantin Dellbrügge, selbst Sexarbeiter und Vorsitzender von Kassandra e.V., gegenüber "Vifogra": "Wir sind immer noch stigmatisiert, das heißt, es gibt auch immer noch wenig Sexarbeitende, die sich überhaupt trauen, sich zu dem Beruf zu bekennen und ihr Gesicht offen zeigen." Klar gäbe es diejenigen, die unfreiwillig in diesem Job sind, aber eben auch die, die sich bewusst dafür entschieden haben. "Wir haben ganz normale Leben, auch nebenbei, wir sind nicht Opfer", betont er. Anita, eine andere Sexarbeiterin erzählt, sie habe mit 22 angefangen und fand die Idee spannend. Das Geld sei gut, sie ist dabeigeblieben und inzwischen sei es für sie ein Lebensmodell geworden. Sie sei zufrieden mit ihrer Berufswahl und schätzt die Flexibilität, aber sieht auch die Schattenseiten. "Das Thema Stigma ist eine Katastrophe und es belastet nicht nur die eigene Psyche, sondern es wird die ganze Familie mit stigmatisiert", berichtet sie.

Mehr Offenheit statt Klischees
Anita erzählt bei der Ausstellung, dass sie wie ein ganz normaler Mensch wahrgenommen werden möchte und eben nicht wie "diese geschundene, arme, kleine Frau". Vielleicht setzt Tim Oehler gerade deshalb auf leuchtende Farben, intime Szenen und ein Leben zwischen Kundschaft und Alltag in seinen Bildern. Laut ihm müsse sich noch einiges ändern. "Ganz oft habe ich den Eindruck, dass viele Leute zwar darüber reden und auch eine Meinung haben. Aber die Leute, die halt wirklich betroffen sind oder die in diesem Metier arbeiten, überhaupt gar nicht gefragt werden", sagt er gegenüber "Vifogra". Mit seiner Fotoausstellung will er genau das ändern – mit echten Geschichten von echten Menschen.
