Ohne Preisträger "Caesar": So war die Friedenstafel
24.9.2017, 17:08 UhrDer diesjährige Träger des Menschenrechtspreises der Stadt ist ein ehemaliger Militärfotograf, der half, das Grauen in Folterstätten und Todeskammern aufzudecken. Er muss sich allerdings weiterhin versteckt halten - und auch aus Sicherheitsgründen absagen. "Schade, dass wir ihm nicht direkt selbst applaudieren können", bedauerten die Bürger an vielen Tischen.
"Nur für geladene Gäste" hatte es zuvor beim eigentlichen Festakt im Opernhaus geheißen. Deshalb ist die Friedenstafel als Gegenstück so wichtig. Und gefragt: Die Tische waren seit Wochen vergeben, neben einzelnen Bürger, die sich als Privatpersonen mit Familie und Freunden anmeldeten, beteiligten sich Vereinigungen und Initiativen aller Art. Das Spektrum reicht von Menschenrechtsgruppen über Gewerkschaften und Kirchengemeinden bis zu Migrantenvereinen und der Bürgerstiftung - ein Spiegel des engagierten Teils der Zivilgesellschaft.
Die Friedenstafel bietet vor allem Gelegenheit zur persönlichen Begegnung, gerade auch mit den Hauptakteuren: Traditionsgemäß begleitete Oberbürgermeister Ulrich Maly den Ehrengast durch die Reihen, in diesem Fall die französische Journalistin Garance Le Caisne, die zu den wenigen gehört, die "Caesar" bisher direkt interviewen konnten. Durch ihr Buch über den Codenamen Caesar erreichte die erschütternde und bedrückende Geschichte der Opfer und des "Archivars des Todes" erst eine breitere Öffentlichkeit.
"Ich bin sehr beeindruckt von dem, was hier alles passiert und wie die Leute diese Preisverleihung mittragen", sagte die bescheiden wirkende Pariserin mit verhaltener Stimme. Und natürlich signierte sie bereitwillig ihr Buch. Aber auch den ehemaligen US-Sonderbotschafter für Kriegsverbrechen, Stephen Rapp, der die Laudatio übernommen hatte, sah man in mehreren Gesprächsrunden am Rande der Tafel engagiert diskutieren.
Zum ausgelassenen Feiern war vielen freilich dennoch nicht zumute - schon gar nicht nach einem Besuch der kleinen, mit großem Einfühlungsvermögen gestalteten Sonderschau mit schockierenden Bildern von Folter- und Todesopfern in der Kreis-Galerie in der Straße der Menschenrechte. "Ich muss jetzt erst einmal ein paar Schritte laufen und tief durchschnaufen", meinte eine Besucherin. "Auch ein Freund von mir ist so ums Leben gekommen. Offiziell hieß es, er habe einen Herzinfarkt erlitten - eine infame Lüge", meint ein Ingenieur aus Syrien, der schon 2009 nach Deutschland kam. Der Blick in die Ausstellung kostete ihn große Überwindung. Ein Foto von seinem damaligen Mitstudenten hat er noch auf seinem Handy gespeichert. "In der Nacht vor seiner Verhaftung habe ich ihn das letzte Mal gesehen."
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