Pellerhaus: Pläne zur Wiederbelebung werden konkreter
21.11.2016, 05:58 UhrGeht es nach der Stadt Nürnberg, der Eigentümerin, dann würden das Pellerhaus und sein Nachbarbau saniert, um sie wieder für gemeinnützige Zwecke zu öffnen. Jugendarbeit, ein Museumsdepot und Gastronomie könnten darin Platz finden, sagte Ingrid Bierer, Direktorin der städtischen Museen, am Rande eines Vortragsabends zur Architektur des Komplexes am Egidienberg.
Das Kultur- und das Sozialreferat legen dem Stadtrat noch in diesem Jahr ein Konzept vor, kündigte Bierer an. "Unsere Vision ist ein generationenübergreifendes, lebendiges Haus der Begegnung für die Bewohner des Stadtteils und darüber hinaus." Das Deutsche Spielearchiv, derzeit der Hauptnutzer, zeige schon heute das "ungeheure kreative Potenzial" des Hauses.
Für den Umbau zu solch einer sozial-kulturellen Mehrzwecknutzung seien öffentliche Fördergelder zu erwarten, sagte Bierer. Gleichzeitig müsse der Egidienplatz in Angriff genommen werden – momentan ein unästhetischer Parkplatz.
Die Stadtpolitik zeigt bisher wenig Entschlossenheit, was die Zukunft des denkmalgeschützten Ensembles betrifft. Seit dem Auszug der Stadtbibliotheksbestände 2011 steht es teils leer; die Baufälligkeit schreitet voran. Erst der Verein der Altstadtfreunde erhöhte im Frühjahr die Aufmerksamkeit. Sein Vorstandschef Karl-Heinz Enderle schlug den Teilabriss und Nachbau der alten Pellerhaus-Fassade aus dem Jahr 1605 vor. Dieser Idee schließt sich bisher nur CSU-Fraktionschef Sebastian Brehm an.
Ideenreicher Wiederaufbau
Die Baufrage stand denn auch im Vordergrund des Abends. Der Bund Deutscher Architekten und die Initiative Baulust versprachen mit ihrer Veranstaltungsreihe eine "sachliche Annäherung". Dass sich ohne Emotion aber kaum über Bauten reden lässt, zeigten die beiden Redner.
In seiner Führung hielt Nikolaus Bencker, Leiter der Nürnberger Denkmalschutzbehörde, ein flammendes Plädoyer für den Doppelbau der Architekten Fritz und Walter Mayer. Vater und Sohn errichteten ihn 1957 auf der Erdgeschoss-Ruine des 1945 zerstörten Bürgerhauses des Leinenhändlers Martin Peller (1559–1629).
Bencker, bekennender Fan des 50er-Jahre-Stils, lobte das Vorgehen der Mayers als "Glücksgriff", was die Verschmelzung von Altem und Neuem angeht. Mit etlichen "Kunstgriffen" hätten sie dem Bibliotheks- und Archivgebäude eine feingliedrige, luftig-leichte Form gegeben. Fahnenmasten, Metallsäulen, Balkongitter, Vorsprünge und Fensterprofile etwa – was der flüchtige Betrachter übersehe, mache die Fassade transparent und plastisch.
Der Peller-Bau und der angrenzende Imhoff-Bau seien durch viele Details wie ein Positiv und Negativ aufeinander bezogen. "Sie sind eine Einheit, die untrennbar zusammengehört", sagte Bencker. Spätestens hier verstanden die 80 Besucher: Er kann der Rekonstruktionsvision der Altstadtfreunde gar nichts abgewinnen, obwohl er dem Verein selbst angehört.
"Alt-Nürnberg nicht nachweinen"
Auch im Gebäudeinneren gerät der städtische Denkmalpfleger ins Schwärmen. Die Mayers hätten den Imhoff-Bau als "Gesamtkunstwerk" durchgeplant, wie es heute kein Architekt mehr tue. Das beschwingte Treppenhaus sei ein Kleinod, der Lesesaal perfekt lichtdurchflutet, der kaum bekannte Innenhof eine Großstadtoase.
"Das gehört natürlich alles hergerichtet", räumte Bencker ein. Gerade im Pellerhaus, das nur wertlose Lagerräume enthält, vom Obergeschoss mit Altstadtblick und Tonnendach abgesehen.
Angriffslustiger positionierte sich dann Bernd Vollmar gegen jedwede Rekonstruktion an dieser Adresse. Der stellvertretende Leiter des Landesamts für Denkmalpflege warf den Befürwortern in seinem Vortrag Selbstüberschätzung vor: "Man kann nicht das Rad der Zeit zurückdrehen in eine vermeintlich heile Welt, die es auch mit einem rekonstruierten Wolff (Jakob Wolff war 1605 der Baumeister, d. Red.) nie geben wird."
Er frage also, "ob man nicht doch mit dem Nürnberg zufrieden sein müsste, wie es geworden ist". Statt mit einer "marktschreierischen Touristenattraktion in Form einer Retrofassade" Alt-Nürnberg nachzuweinen, solle man lieber die gegenwärtige Altstadt attraktiv gestalten.
Vollmar, gebürtiger Nürnberger und Architekturstudent noch unter Walter Mayer, kritisierte nicht nur den Wiederaufbau des Pellerhofs durch die Altstadtfreunde ("Wir wünschten uns, es wäre nicht passiert"). Er wollte auch die Wahrnehmung des Vorkriegs-Pellerhauses korrigieren. Prächtig sei es gewesen, aber nie weltberühmt – höchstens im lokalpatriotischen Wunschdenken "innerhalb des bratwurstbestückten Nürnberger Zinnrandes". Während um 1600 in anderen Städten schon barocke Formensprache einzog, ließ sich Peller noch altmodische Renaissance hinstellen.
Unter den Zuhörern: der Vorsitzende der Altstadtfreunde. Karl-Heinz Enderle verzichtete auf Stellungnahmen vor Publikum. Er bleibt dabei: Das Pellerhaus ist für ihn ein Sonderfall, für dessen Wiederherstellung es sich zu kämpfen lohnt.
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