"Pokémon Go" in Nürnberg: Quapsel wartet am Pegnitzufer

15.7.2016, 06:00 Uhr

© Foto: Pokémon Company/Helldörfer

Worum es bei dem Spiel geht, ist in allen Facetten nicht so einfach zu erläutern, wenn man mit dem Pokémon-Universum wenig vertraut ist. Konzentrieren wir uns deshalb auf zwei entscheidende Punkte: In der Wirklichkeit wurden von dem Spielehersteller viele virtuelle Stationen (sogenannte Pokéstopps) eingerichtet, an denen es nützliche Dinge zu erwerben gibt (wie etwa magische Kugeln zum Fangen der Biester oder Pokémon-Eier). Zu ihnen führt uns eine dreidimensionale Landkarte, die ein wenig an einen Autonavi-Bildschirm erinnert. Nur, dass wir eben keine Limousine, sondern einen von uns geschaffenen Helden durch die Straßen steuern.

Beim Start in der Badstraße wartet an der Kunstvilla schon die erste dieser "Tankstellen" auf uns. Die Bedienung ist denkbar einfach: Nahe genug herangehen und über das Symbol wischen, lautet die Devise. Dann purzeln die begehrten Pokébälle heraus, die später zum Fangen benötigt werden. Am Ufer der Pegnitz kommen sie zum Einsatz, denn auf einmal watschelt uns der kaulquappenartige Quapsel um die Füße herum. Diesmal nicht auf einer künstlichen Karte, sondern in einer Kombination aus Kamerabild und Einblendung, auch als "Augmented Reality" bekannt.

Bei der weiteren Suche stellen wir fest: Die Entwickler und ihre Helfer vor Ort haben sich einige Mühe gegeben, nicht einfach die "üblichen Verdächtigen" als Orientierungspunkte zu nehmen. Statt Frauenkirche und Schöner Brunnen sind es etwa die Versöhnungskirche in Schniegling oder der auch als "Stockzahn" geschmähte Brunnen vor dem Heilig-Geist-Spital. In der Sebalder Altstadt sind ihnen offenbar die vielen Fassaden-Kunstwerke ins Auge gefallen, sehr originell ist auch die Idee, einen wie eine Treppe in die Unterwelt führenden Abgang auf dem Hans-Sachs-Platz auszuwählen.

Auch die "Standortwahl" für die Pokémons erfolgte nicht ohne Bedacht, so sind etwa die wasserliebenden Spezies meist in der Nähe von Flüssen oder Seen anzutreffen. So ein großer Aufwand – und alles für eine kostenlose App? Ganz so einfach ist die Sache nicht, denn wer als Pokémon-Trainer nach höheren Weihen strebt, kann leicht in Versuchung kommen, noch einiges an Zusatzausrüstung für völlig un-virtuelles Geld zu kaufen.

Was von der Spielhysterie übrigbleibt, nachdem sich die erste Aufregung gelegt hat, bleibt abzuwarten. Rein von der Idee her, bestimmte Punkte aufzuspüren, hat für mich im Moment jedenfalls das gute alte Geocaching noch die Nase vorn. Dort gilt im übrigen auch die Devise, bei der Schatzsuche möglichst diskret vorzugehen, niemandem auf die Nerven zu fallen und Gedenkorte von besonderer Bedeutung außen vor zu lassen.

In eine ähnliche Richtung zielt jetzt auch die Aufforderung der bayerischen KZ-Gedenkstätten an die Entwickler des Pokémon-Spiels, ehemalige Konzentrationslager nicht zum "Spielfeld" für Aktivitäten dieser Art zu machen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare