Verzögerung
Pool-Testungen in Bayern Schulen werden kommen - nur wann?
27.7.2021, 19:40 UhrWer in die Schule will, muss testen. Das wird auch im neuen Schuljahr so sein. Doch die bayerische Staatsregierung plant hier eine Umstellung: Die Schnelltests mit Nasenabstrich, die Schüler (je nach Inzidenz) zwei- bis dreimal pro Woche im Klassenzimmer durchführen müssen, sollen von PCR-Pool-Testungen (mit Probenentnahme im Mund) abgelöst werden – zumindest in Grund- und Förderschulen. Doch schon jetzt ist klar: Das Vorhaben, mit den Pool-Tests am ersten Schultag zu starten, scheitert.
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Ablaufen soll das Ganze wie folgt: Zweimal wöchentlich soll eine PCR-Pool-Testung stattfinden. Ab einer Inzidenz von über 100 wird ergänzend dazu einmal pro Woche mittels Antigen-Selbsttest getestet. Extern durchgeführte Schnelltests können weiterhin schriftlich vorgelegt werden, wenn Eltern einer Testung in der Schule nicht zustimmen.
"Die Art der Probenentnahme bei den Pool-Tests kann unterschiedlich ablaufen", schreibt das bayerische Gesundheitsministerium. "Nach erster Auswertung der bayerischen Pilotprojekte hat sich aber die Lolli-Testung besonders bewährt. Hierbei lutschen die Schülerinnen und Schüler für 30 Sekunden auf einem Abstrichtupfer (,Lolli‘). Die Tupfer werden in ein Sammelgefäß zusammen geführt, von der Schule aus ins Labor gebracht und dort zeitnah mittels PCR-Verfahren ausgewertet."
Wird in einem Pool – also beispielsweise in einer Klasse – ein positives Ergebnis festgestellt, müssen die betroffenen Schüler eine neue Probe abgeben, die am Folgetag mittels PCR-Verfahren als Einzelprobe analysiert wird. "Die Quarantänemaßnahmen werden zu gegebener Zeit auf das neue Testverfahren angepasst und gegebenenfalls überarbeitet", teilte das Ministerium mit. Die Verantwortlichen erwarten mit den PCR-Pool-Tests eine höhere Zuverlässigkeit bei den Testergebnissen, aber auch eine Kostenersparnis.
Was genau bedeutet "zeitnah"?
Doch es bleiben noch mehr Fragen offen: Was "zeitnah" bei der Auswertung genau bedeutet, lässt das Ministerium offen. Aber wie Klaus Überla, Direktor des Virologischen Institutes des Universitätsklinikum Erlangen erklärt, kann eine Auswertung schnell gehen: "Bei einer Pool-Testung mit negativem Ergebnis kann das Endergebnis innerhalb von zwei Stunden nach Eintreffen im Labor vorliegen. Bei positivem Ergebnis für einen Pool müssen Einzelproben analysiert werden. Hier sind mindestens zwei weitere Stunden zu veranschlagen." Ergebnisse könnten bei guter Logistik am selben Tag vorliegen, sodass Maßnahmen für den nächsten Schultag getroffen werden können, erklärt der Mediziner. Er glaube, vorhandene Laborkapazitäten könnten das leisten.
Weil zu Hause gegurgelt wurde, waren viele Eltern entspannter
In Erlangen hat man bereits im vergangenen Schuljahr Erfahrungen mit PCR-Pool-Testungen gemacht. Wie der Leiter des staatlichen Schulamts Erlangen, Siegfried David, erklärt, nahmen in Erlangen etwa 15 Schulen, mit circa 100 Pools, freiwillig an PCR-Pool-Testungen teil. "Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht", sagt er. Zweimal pro Woche hätten die Kinder zu Hause einen Gurgeltest gemacht – also Flüssigkeit im Mund gegurgelt und dann in ein Gefäß gespuckt. Das Gefäß wurde dann in der Schule abgegeben. Alle Proben, beispielsweise einer Klasse, brachte man dann ins Labor des Universitäts-Klinikums Erlangen und wertete sie aus. Das dauerte einen Tag. Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde Montags zusätzlich ein Schnelltest (mittels Nasen-Stäbchen) im Klassenzimmer gemacht.
"Wir haben damit erreicht, dass die Kinder sich nur einmal wöchentlich in der Klasse testen mussten", so David. "Das hat zum einen zu einer Zeitersparnis und Entlastung der Lehrkräfte geführt, zum anderen hat es Elternbedenken berücksichtigt, denn man kann das Teströhrchen in Ruhe zu Hause befüllen, und das Testergebnis wird nicht sofort für alle in der Klasse sichtbar." Von den Schulen musste allerdings organisiert werden, wer die Teströhrchen ins Labor fährt – "das waren mal die Hausmeister, mal die Schulleiter".
Das Ganze ging auf die Initiative des Unternehmers Thomas Wagner zurück, finanziert wurde es durch Spenden. Eine Ausnahmegenehmigung machte es möglich.
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Logistische Fragen gilt es derzeit in Nürnberg zu klären. Thomas Reichert, Leiter des staatlichen Schulamts Nürnberg, erklärt, dass die Grund- und Förderschulen derzeit dabei seien, das Gesundheitsministerium mit den nötigen Daten zu versorgen. Dazu gehören die Auflistung von Schülerzahlen, Abholorten sowie die Angaben zu Anfahrtswegen. Sollten die Pool-Testungen stattfinden, dürfte es, seiner Ansicht nach, keinen großen Schulungsbedarf bei den Lehrern oder Schülern geben. Ob die Kinder nun auf einem Lolli lutschen oder sich ein Stäbchen in die Nase steckten, mache keinen großen Unterschied. Und die Pool-Testungen würden die Situation vereinfachen, weil man lediglich die Testträger einsammeln, aber nicht mehr selbst auswerten müsse.
Das Gesundheitsministerium initiiert die PCR-Pool-Testungen auch, weil sie als zuverlässiger gelten. Es verweist auf Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts, die zeigten, dass besonders bei einem geringen Infektionsgeschehen "die Pool-Testung eine effiziente, kosten- und ressourcenschonende Möglichkeit für Reihentestungen mit einem hohen Probeaufkommen" seien. Bayern greife dabei auf die guten Erfahrungen der bisherigen bayerischen Pilotprojekte (WICOVIR-Studie, Virenwächter 3.0, WueKiTa) zu Pool-Testungen zurück.
Untersuchungen bestätigen höhere Zuverlässigkeit
Die Institute für Hygiene und Mikrobiologie sowie Virologie und Immunbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg sowie mehrerer Kliniken des Universitätsklinikums Würzburg bestätigten, dass PCR-Tests Infektionen schon bei geringer Viruslast zuverlässiger erkennen und deutlich früher als ein Antigen-Schnelltest anschlagen.
Zudem reduziert sich der Materialverbrauch, aber auch die Kosten. So stellte sich bei der Erlanger Initiative von Thomas Wagner heraus, dass PCR-Pool-Testungen mit etwa einem Euro pro Person zu Buche schlagen, Antigen-Schnelltests hingegen im Schnitt mit fünf Euro pro Person.
Zu Beginn des Schuljahres gibt es die Pool-Testungen noch nicht
Doch wann in den Schulen mit den Pool-Testungen begonnen werden kann, ist derzeit noch unklar. Das Kultusministerium bremste am 21. Juli in einem Schreiben an die Schulen: Alle Betroffenen – Schulen, Lehrer, Schüler, Erziehungsberechtigte – sollen sich vorbereiten können. "Deswegen werden die Pool-Tests nicht sofort am ersten Schultag eingeführt, sondern am Anfang weiterhin die bekannten Selbsttests eingesetzt." Man wolle zu Beginn des Schuljahres lieber auf Nummer sicher gehen. Den genauen Zeitpunkt erführen die Schulen im Laufe der Sommerferien.
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Petition fordert neue Strategien für die Jüngsten, denn Kita-Kinder bleiben bei neuen Testangeboten unberücksichtigt
Kinder unter zwölf Jahren können sich nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen, deswegen sind sie besonders gefährdet. Auch wenn die Verläufe in dieser Altersgruppe oft mild oder sogar asymptomatisch sind, ist unklar, welche Folgeerkrankungen sie bei Kindern möglicherweise hinterlässt. Doch im Kita-Bereich ist es mit Testungen bislang schwierig. Eltern können sich zwar seit einiger Zeit auf Gutschein Gratis-Testkits für zu Hause in den Apotheken abholen, doch die Resonanz darauf war durchwachsen, wie unsere Umfrage unter Nürnberger Kita-Trägern gezeigt hat.
Kerstin Schröder, Leiterin des Nürnberger Jugendamts, wünscht sich vom Land und Bund ein zielgerichtetes Testkonzept und vereinheitlichte Quarantäneregeln. Weil man dem Kita-Personal jedoch nicht zumuten könne, in den Kitas Tests vorzunehmen, brauche man einfacher durchzuführende Test-Alternativen.
Ähnliches fordert auch die Petition "Anerkennung, Gleichstellung und Finanzierung von PCR-Pool-Tests für alle Kinder in Bayern" (https://www.openpetition.de/petition/online/anerkennung-gleichstellung-und-finanzierung-von-pcr-pooltests-fuer-kinder-in-bayern). Den Initiatorinnen geht es vor allem darum, dass kindgerechte Testformen flächendeckend angeboten werden, auch um Schulen und Betreuungseinrichtungen offen halten zu können.
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