Prügel und Pfefferspray gegen Club-Fans: Polizisten vor Gericht
16.10.2013, 20:41 UhrDie Bänke im Amtsgericht Nürnberg sind bis auf den letzten Platz gut belegt: Zahlreiche Polizeibeamte und Fußball-Fans folgen dem Verfahren. Ein Verfahren, in dem sich, so scheint es, die Fronten von Anfang an völlig verhärten.
Mit Formalien wird das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsrichterin Helga Kastner immer wieder zu Beratungspausen gezwungen - die Stimmung ist gereizt. Der verbale Schlagabtausch beginnt bereits bei den Personalien, die Opferanwälte wollen die Adressen der angeklagten Polizisten öffentlich verlesen wissen. Ein Ansinnen, das abgeschmettert wird - identifiziert sind die Angeklagten allein durch ihren Arbeitgeber.
Wortreiche Ausführungen
Danach nutzt der Hauptangeklagte (33) seine Aussage für wortreiche Ausführungen über die Exzesse aggressiver Hooligans. Er spricht über gewalttätige Demonstranten, die Polizisten mit Schlagringen attackieren. Selbst den Messerangriff von Solingen, in deren Folge zwei Polizeibeamte schwer verletzt wurden, führt er an.
Doch in diesem Prozess geht es nicht darum, dass es Zeitgenossen gibt, die Polizeibeamte für Prügelknaben halten - hier geht es um die Frage, ob drei Polizisten, mit maximaler Macht ausgestattet, das staatliche Gewaltmonopol missbrauchten. Doch auf die Anklagevorwürfe kommt der Angeklagte erst auf Nachfrage der Richterin zu sprechen.
„Natürlich“, so sagt er, „ist auch diesmal genau das passiert, was ich erwartet habe.“ Nach einem Heimspiel gegen den Hamburger SV wurden er und seine Kollegen von Club-Fans als „Arschlöcher und Scheißbullen“ betitelt, er habe sich „massiv bedroht“ gefühlt, „bei diesem Stress ist ein Tunnelblick schon drin“. Sein ebenfalls angeklagter Kollege (31) schweigt gänzlich zu den Vorwürfen.
Videos vom Einsatz
Sprechen sollen die Bilder: Der Beweissicherungstrupp der Einsatzkräfte zeichnete auf, was an jenem 21. April 2012 im Bereich Max-Morlock-Platz und Hans-Kalb-Straße in Nürnberg vorgefallen ist; vorgeführt werden die Filme auf einer Leinwand im Gerichtssaal.
Zu sehen sind gut 40 Fans, viele tragen schwarze Jacken, einige haben sich mit Kapuzen oder Wollmützen vermummt. Die Filme werden immer wieder gezeigt, denn auch in Zeitlupe wollen die Juristen genau betrachten, ob die Angeklagten die dünne Linie zwischen noch angemessener und exzessiver Gewalt überschritten haben.
Stock ins Gesicht gestoßen
Wer diese Szenen sieht, kann kaum daran zweifeln, dass hier gewaltbereite Fans auftraten, die ihren Frust über ein unentschiedenes Heimspiel an Polizisten abreagieren wollten. Rufe wie „Jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse“ sind zu hören.
Doch zu sehen ist auch, wie der 33-jährige Polizist mit voller Wucht einem - nicht vermummten - Fan den Einsatzstock ins Gesicht stößt und mit seinem Schlagstock auch noch auf den Mann einschlägt, als dieser bereits am Boden liegt. Ein Film, der polizeiintern für eine vorläufige Suspendierung des Mannes genügte.
Vor allem für ihn geht es in diesem Prozess auch um die Frage, ob er Polizeibeamter bleiben wird. Die angeklagte Polizistin wurde dagegen vorläufig in den Innendienst versetzt: Sie hat einen der Fan-Anwälte der rot-schwarzen Hilfe mit Pfefferspray besprüht - obwohl der Jurist angeblich nur deeskalierend eingreifen wollte. Auch sie fühlte sich von den Fans bedroht und ist sicher, nicht unverhältnismäßig gehandelt zu haben. Der Prozess geht weiter.
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