Aufheben tariflicher Leistungen

„Pure Erpressung“: Ver.di kritisiert „vergiftetes Angebot“ von Galeria an Beschäftigte

Alicia Kohl

Volontärin

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18.10.2024, 05:00 Uhr
Ver.di kritisiert das Angebot von Galeria an die Mitarbeitenden.

© IMAGO/Ardan Fuessmann/Fabian Sommer Ver.di kritisiert das Angebot von Galeria an die Mitarbeitenden.

Um Galeria ist es etwas ruhiger geworden, seit die neuen Eigentümer die Warenhauskette aus der Insolvenz geholt haben. Doch jetzt flammt wieder einiges an Ärger auf: Die Gewerkschaft ver.di fordert einen Tarifvertrag für die Mitarbeitenden von Galeria. Der soll an den Flächentarif im Einzelhandel angelehnt sein. Bei den letzten Verhandlungsgesprächen im September war Galeria dieser Forderung nicht nachgekommen und ist seitdem nicht an den Verhandlungstisch zurückgekehrt.

Stattdessen hat Galeria seinen Mitarbeitenden ein Angebot unterbreitet und dabei ver.di übergangen: Laut ver.di sollen die Beschäftigen schon seit dem 1. Oktober 2024 drei Prozent mehr Gehalt bekommen, zum 1. Oktober 2025 und 2026 soll es jeweils noch einmal um 2,5 Prozent angehoben werden. Außerdem soll es eine bislang als Zeitgutschrift gewährte Entgeltsteigerung von 3,3 Prozent zum 1. Januar 2025 geben. Die Arbeitszeit soll bundesweit auf 37 Wochenstunden in Vollzeit angeglichen werden.

Die Angestellten sollen unter anderem eine Inflationsausgleichsprämie bekommen und über die nächsten drei Jahre soll der Lohn um 11,3 Prozent steigen. Eigentlich ein guter Deal, könnte man meinen. Ver.di widerspricht dem aber klar und spricht von einem "vergifteten Angebot".

Als Grund dafür nennt die Gewerkschaft vor allem die Bedingungen, an die der in Aussicht gestellte neue Vertrag geknüpft ist. Die bezeichnet die Gewerkschaft als "pure Erpressung". Laut ver.di müssten 90 Prozent aller Angestellten einer Filiale dem Angebot zustimmen, damit es umgesetzt wird. "Offenkundig wird damit versucht, die Zustimmung zum Angebot zu erpressen, indem sich Beschäftigte quasi gegenseitig unter Druck setzen. "Dies widerspricht dem Prinzip der individuellen Vertragsfreiheit", wird ver.di-Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft zitiert. Außerdem muss der Betriebsrat vor Ort der Vergütungshöhe zustimmen, obwohl laut ver.di das gesetzlich nicht in seiner Regelungskompetenz liegt.

Ver.di fordert Galeria zu Rückkehr an den Verhandlungstisch auf

Da die Mitarbeitenden bei Galeria aktuell fast 30 Prozent weniger Lohn erhielten als Einzelhandelsbeschäftigte mit Tarifvertrag, sei es gut, dass die Geschäftsführung ihnen mehr Geld in Aussicht stelle. Mit ihrer Unterschrift würden die Angestellten aber den vom Arbeitgeber geänderten Arbeitsbedingungen zustimmen und damit die Nachwirkung des Integrationstarifvertrags und damit den Rechtsanspruch auf alle bisherigen tarifvertraglichen Leistungen aufheben. Was die Beschäftigten an Leistungen gewährt bekommen, liege dann allein in der Entscheidung des Arbeitgebers.

"Der Arbeitgeber vertritt eine andere Rechtsauffassung zur Auslegung des gekündigten Tarifvertrages", teilt Marcel Schäuble, Landesbezirksfachbereichsleiter Handel bei ver.di, mit. "Ver.di vertritt die Auffassung, dass die Regelung im Tarifvertrag Bestand hat - wenn Insolvenz angemeldet wird, sind alle abgesenkten Entgelte aufgehoben und es muss nach den Flächentarifverträgen gezahlt werden."

"Das angekündigte Angebot ist vergiftet und unmoralisch. Wir fordern die Geschäftsführung auf, solche Angebote zu unterlassen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren", sagt Zimmer. Galeria sei im Zuge der Kündigung des Integrationstarifvertrags verpflichtet, mit ver.di eine Abschlussregelung auszuhandeln. Dass Galeria jetzt Verträge ohne Tarifabschluss anbietet, schlage dem Fass den Boden aus. "Geplant wird bei Galeria ein dauerhafter Abschied von den regionalen Entgelt- und Manteltarifverträgen der Branche und in der Folge auf Dauer ein Einkommensniveau stark unterhalb der marktüblichen Entgelte – das ist mit uns so nicht zu machen."

Zimmer betont außerdem: "Die Beschäftigten bei Galeria haben – anders als die Eigentümer – den Laden seit Jahren am Laufen gehalten. Sie haben ohne Wenn und Aber eine faire Bezahlung verdient."

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