"Querdenker": Verfassungsschutz beobachtet Ex-Polizist
10.4.2021, 06:00 UhrKarl H. ist im Ruhestand, früher war er Polizist im Präsidium München. Doch seit der Staat mit diversen Maßnahmen versucht, die Pandemie einzudämmen und damit die Gesundheit vieler Menschen zu schützen, tritt der pensionierte Beamte öffentlich immer wieder in Erscheinung. Er agitiert als selbsternannter "Querdenker" auf Demos gegen den Staat, den er auch "totalitär" nennt. Das Infektionsschutzgesetz hat er auch schon dem "Ermächtigungsgesetz" aus dem Nationalsozialismus gleichgesetzt. Außerdem hat er Polizisten öffentlich dazu aufgefordert, ihre Masken abzunehmen.
Konfrontation mit dem USK
Der 63-Jährige ist seit Anfang des Jahres mit seinem Megafon auch mehrfach in Nürnberg, Fürth und Erlangen aufgetreten. In Nürnberg kam es am 3. Januar 2021 dann auch zu einer Konfrontation mit einer Einheit des Unterstützungskommandos: Die USK-Beamten wollten ihn daran hindern, zu einer Gegendemo mit Antifaschisten zu gehen. Dass mit den Teilnehmern der Gegendemo aber nicht gut Kirschen essen ist, weil sie die "Querdenker"-Bewegung als Sammelbecken für Rechtsradikale sehen, beeindruckte H. nicht. Er widersetzte sich der Anweisung und versuchte die Gegenkundgebung zu erreichen. Am Ende lag er auf dem Boden. Er sprach von Körperverletzung und Freiheitsberaubung durch das USK und kündigte juristische Schritte an.
Rainer Nachtigall, selbst Polizist und sicherheitspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Nürnberger Stadtrat, sagte nach dem Vorfall gegenüber nordbayern.de: Er erwarte, dass "die Justiz das Verhalten von H. ahndet und zusätzlich die Kürzung respektive Aberkennung seiner Ruhestandsbezüge in einem Disziplinarverfahren geprüft werden".
Das öffentliche Verhalten des pensionierten Polizisten beschäftigt jetzt auch den bayerischen Verfassungsschutz. Wie die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) mitteilt, wird der Beamte einem "Sammel-Beobachtungsobjekt" des Verfassungsschutzes zugeordnet. Auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks begründet der bayerische Verfassungsschutz seinen Schritt so: "H. versucht mit seinem Aktivismus eine systematische Störung der Funktionsfähigkeit des Staates herbeizuführen."
"Wir haben einen repräsentativen Beruf"
Die DPolG Bayern sieht auch die Disziplinarbehörde und in der Folge die Verwaltungsgerichte in der Pflicht. Dem Vorsitzenden der Gewerkschaft, Jürgen Köhnlein, ist vor allem ein Dorn im Auge, dass H. sich nach wie vor als einen pensionierten Polizeibeamten bezeichnen darf. "Wenn jemand versucht, mit seinem Aktivismus eine systematische Störung der Funktionsfähigkeit des Staates herbeizuführen und politische Agitation betreibt, dann muss reagiert werden. Mit solchen Handlungen wird der gesamten Polizei ein Bärendienst erwiesen. Wir haben einen repräsentativen Beruf", so Köhnlein.
H.s Aufforderungen an eingesetzte Polizeikräfte, sie sollten ihre Masken abnehmen, geht dem Landesvorsitzenden auch gewaltig gegen den Strich. Es werde damit bei Demonstrationsteilnehmern "eine nicht erfüllbare Erwartungshaltung geschürt und suggeriert, dass es für die Einsatzkräfte eine Handlungsalternative gibt. Damit werden aber die ohnehin schon sehr heiklen Einsätze bei Demonstrationen noch weiter erschwert".
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