Riesenwaldbrände

Rückt die Nürnberger Feuerwehr in griechische Katastrophengebiete aus?

Alexander Brock

Lokales

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11.8.2021, 08:35 Uhr
Griechenland, Ellinika: Ein Anwohner beobachtet ein Flugzeug, das bei Löscharbeiten Wasser über einem Waldbrand im Dorf Ellinika auf der Insel Euböa abwirft. Die Waldbrände wüten in ganz Griechenland weiter. 

© Petros Karadjias, dpa Griechenland, Ellinika: Ein Anwohner beobachtet ein Flugzeug, das bei Löscharbeiten Wasser über einem Waldbrand im Dorf Ellinika auf der Insel Euböa abwirft. Die Waldbrände wüten in ganz Griechenland weiter. 

Herr Kahl, in Griechenland und in der Türkei wüten derzeit heftige Waldbrände. Was geht einem Feuerwehrmann durch den Kopf, wenn er solche Bilder sieht?

Sebastian Kahl: Auf der einen Seite denke ich an die Menschen, die direkt von den Waldbränden bedroht sind. An mögliche Opfer und die großen Schäden an Infrastruktur und Natur. Auf der anderen Seite gehen mir aber auch die Kollegeninnen und Kollegen durch den Kopf, die unter widrigen Bedingungen wahnsinnige Leistungen bei der Bekämpfung der Feuer und der Rettung von Menschen, Tieren und Sachgütern vollbringen. Es ist für uns in Deutschland kaum nachvollziehbar, was es bedeutet, bei weit über 30 teilweise über 40 Grad Celsius solche Brände zu bekämpfen und das Ganze bereits seit Wochen im Dauereinsatz.

Wird es Hilfeleistungen der Nürnberger Berufsfeuerwehr oder der zur Stadt gehörenden Freiwilligen Feuerwehren geben?

Kahl: Aktuell liegt uns kein Hilfeersuchen vor. Die Feuerwehr Nürnberg ist in weiten Teilen großstädtisch strukturiert und mit geringen Waldflächen im Zuständigkeitsbereich daher keine klassische Waldbrandfeuerwehr. Wir haben deshalb auch keine Spezialfähigkeiten für die Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung bei der Regierung und dem bayerischen Staatsministerium des Inneren gemeldet. Die Feuerwehr Nürnberg verfügt für solche Szenarien nur in sehr geringem Umfang über spezielle Ausrüstung. Wir gehen deshalb aktuell nicht von einer Anforderung oder einem Einsatz in einem der Katastrophengebiete aus.

Spezielle Geräte

Sebastian Kahl von der Berufsfeuerwehr Nürnberg.

Sebastian Kahl von der Berufsfeuerwehr Nürnberg. © Roland Fengler, NN

Welches Gerät muss überhaupt im Fuhrpark einer Feuerwehr sein, um in den Waldbrandgebieten unterstützen zu können?

Kahl: Zum einen braucht es ausreichend viele Einsatzkräfte die über die notwendigen Kenntnisse, die geeignete leichte Schutzkleidung und die speziellen Werkzeuge verfügen. Das sind zum einen Handwerkzeuge wie spezielle Hacken, Äxte, Feuerpatschen und auch Löschrucksäcke. Auch Kettensägen sind erforderlich. Zum anderen braucht es spezielle Fahrzeuge, beispielsweise sogenannte Waldbrand-Tanklöschfahrzeuge mit denen man auch im unwegsamen Gelände an die Brandgebiete heranfahren kann. Sie verfügen über Selbstschutzanlagen, Seilwinden und eine Fähigkeit für den „Pump-and-Roll“-Betrieb, also das Löschen während der Fahrt. Über solche Spezialfahrzeuge verfügt die Feuerwehr Nürnberg nicht.

Die Polizei löschte mit

Nach unseren Informationen hat die Bereitschaftspolizei bei kleineren Waldbränden die Berufsfeuerwehr Nürnberg unterstützt. Stimmt das?

Kahl: Das ist richtig. Die Bereitschaftspolizei hat uns mit ihren in Nürnberg stationierten Wasserwerfern bei der Waldbrandbekämpfung gut unterstützt und hat unser eigenes Tanklöschfahrzeug ergänzt. Bei Bränden der Größenordnung wie wir sie aktuell im Mittelmeerraum sehen, braucht es aber vor allem die Unterstützung aus der Luft. Mit Hubschraubern und Löschflugzeugen. In Nürnberg sind wir in der glücklichen Lage, dass wir in geringer Entfernung die Hubschrauberstaffel der bayerischen Polizei haben. Deren Helikopter können einen kleinen Außenlastbehälter mit rund 460 Liter Fassungsvermögen tragen und damit überschaubare Bränden in der Region bekämpfen. Über Löschflugzeuge verfügen die Feuerwehren in Deutschland bisher aber nicht.

Land kann Unterstützung anfordern

Wie läuft das eigentlich, wenn eine Feuerwehr unterstützt? Die Einheiten können das doch nicht selbst entscheiden und sich auf den Weg ins Katastrophengebiet machen...

Kahl: Die europaweite Katastrophenhilfe, wie man sie gerade zur Bekämpfung der aktuellen Waldbrände benötigt, wird unter anderem durch das EU-Katastrophenschutzverfahren geregelt. Wenn ein Notfall ein Land in Europa überfordert wie derzeit Griechenland, kann das jeweilige Land Unterstützung anfordern. Einsatzkräfte sollten immer nur nach einer offiziellen Anforderung über die genannten Wege in Schadensgebiete aufbrechen. Andernfalls sind häufig die Aufträge, Einsatzgebiete und auch die Unterbringung und Versorgung unklar. Das führt dann im schlechtesten Fall zu einer zusätzlichen Belastung der Einsatzleitungen vor Ort und nicht selten zu Frust bei den hochmotivierten Hilfskräften. Ähnliches haben wir leider gerade bei den Hochwasserkatastrophen im Westen Deutschlands in den Medien verfolgen können.

Um Nürnberg herum ist der Reichswald, in der Metropolregion Nürnberg sind auch Teile des Steigerwaldes oder Frankenwaldes. Welche Feuerwehren kommen für Waldbrandeinsätze in Frage?

Kahl: Gerade die Gebietskörperschaften mit besonders großen Waldgebieten, unter anderem der Kreis Nürnberger Land oder die Stadt und der Landkreis Aschaffenburg, haben sich mit der Aufstellung der Hilfeleistungskontingente und der Ausbildung und Ausrüstung von Feuerwehren auf die Herausforderungen von Einsätzen zur Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung eingestellt. Sollte dennoch unsere Hilfe in den angrenzenden Städten oder Landkreisen erforderlich sein, unterstützen wir natürlich jederzeit mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln.

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