Rundgang durch das Nürnberger Krankenhaus-Museum
9.5.2013, 14:40 UhrEin Küchenchef muss auf Mörderjagd gehen, da ein Mensch an einem seiner Gerichte verstarb. Dieses war nämlich mit Eisenkraut gewürzt. Eisenkraut ist die giftigste Pflanze Europas, der Tod tritt durch Atemlähmung und Herzstillstand ein. „Mord im Dienstbodenzimmer“ heißt der Krimi von Amy Myers und ist Teil der Sammlung „Mörderische Storys“.
Ausgesuchte Kriminalromane sind im Krankenhaus-Museum ausgestellt. Daneben ein Glasbehälter, der die im jeweiligen Buch verwendete, todbringende Substanz enthält. Federführend bei „Vom mittelalterlichen Siechenkobel zum modernen Großstadt-Klinikum“ zeichnet sich Waltraud Eschenbacher. „Wie war die Krankenversorgung im 13. Jahrhundert?“, lautet die Einstiegsfrage der Stadtführerin.
Leprakranke verjagt
Die Antwort „Erstaunlich gut“ hatten die wenigsten der Führungsteilnehmer erwartet. Bereits 1234 wurde der erste „Siechenkobel“ für Leprakranke am Johannisfriedhof angelegt. Auch der Rochusfriedhof, St. Jobst und St. Peter waren Quarantäne-Stationen für Aussätzige. Konrad Groß kam 1280 zur Welt, gilt als wohlhabendster Nürnberger seiner Zeit und stiftete das Heilig-Geist-Spital. Die Gebäude dienten als Wohnstätte, Schulhaus, Spital mit Apotheke und Wöchnerinnen-Station.
Als Letztes kamen der Spittlertorturm und St. Martha als Pilgerhospiz hinzu. „Zur Osterzeit wollten die Bürger besonders christlich sein und holten die Leprakranken in die Stadt. Man päppelte sie drei Tage auf und gab ihnen frische Kleidung. Um sie dann wieder aus der Stadt zu jagen“, erklärt Eschenbacher.
Ebenfalls im 13. Jahrhundert tauchten die ersten festbesoldeten Mediziner in Diensten der Stadt auf. Die Stadtärzte mussten die Armen unentgeltlich behandeln und durften Nürnberg nicht ohne Erlaubnis verlassen. Sie bekamen 60 Gulden, die aus dem Säckel des Almosenwesens bezahlt wurden.
Reiche Patienten mussten hingegen selbst löhnen. Die weitere medizinische Versorgung übernahmen Bader, Hebammen oder nichtstudierte Wundärzte. Vom Berufsstand des Baders, der unter anderem auch Zähne zog und Blutegel ansetzte, gibt es einen alten Kupferstich. Darunter steht: „Bader Wolff Geigenfeindt setzt Schröpfköpfe.“
Cholera im Gepäck
Eine neue Epidemie brachte die Industrialisierung - oder genauer: die Eisenbahn. 1854 schwappte die Cholera aus München an die Noris. MesseBesucher hatten den Erreger auf ihrer Heimreise per Bahn mit im Gepäck. Ohne die Eisenbahn wäre die Cholera nicht nach Nürnberg gekommen, hieß es damals. Ironie des Schicksals: Unter den 325 Cholera-Toten befand sich auch Johann Wilhelm Spaeth, der Mitkonstrukteur der Lokomotive „Adler“.
Der angrenzende Raum katapultiert den Besucher zurück ins Jahr 1900. Mischdosen, Mörser, Schiffchen, eine Handwaage mit Gewichten, Pulverscheren zum Abmessen und diverse leere Kapseln - gleich eine Vielzahl an Exponaten zum Thema Pulver findet sich in den Glasvitrinen der Offizin.
Unter Pulver werden sogenannte gepulverte Drogen (Rohstoff für Heilmittel) verstanden. Übrigens: Das Wort Droge stammt ursprünglich aus dem Französischen.
Plattfüße oder Hämorrhoide
Die Offizin war bis 1994 in Betrieb. Erst als in diesem Jahr das Südklinikum eingeweiht wurde, schickte man die Einrichtung in Rente. Ob Impotenz, Plattfüße oder Hämorrhoiden, die Elektromedizin wird schon seit langem für Heilzwecke eingesetzt. Ein typischer Vertreter ist das Reizstromgerät. Im Krankenhaus-Museum ist unter anderem der schwarze Pantostat (Baujahr 1945) zu sehen.
Auch ein Sauerstoff- oder Klimazelt gehört zur Sammlung. Der zeltförmige Kunststoffüberwurf wurde über ein Krankenbett gestülpt und war technisch ausgerüstet mit einer Luftumwälzvorrichtung, einer Sauerstoffdosieranlage und einem Wasservernebler.
Der Rundgang findet jeden ersten Sonntag im Monat statt. Treffpunkt: am Krankenhaus-Museum Klinikum Nord um 14.30 Uhr.
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