Schock über den Brand der Marthakirche sitzt tief
10.6.2014, 06:00 UhrDie Gerüstbauer arbeiten auf Hochtouren. Auch am Pfingstsonntag sind sie auf dem Metallgestänge unterwegs und setzten alles daran, die Mauern der ausgebrannten Marthakirche zu sichern. Schaulustige sowie Anteilnehmende halten vor dem Bauzaun inne und betrachten die Überreste des über 600 Jahre alten Gotteshauses.
Der Pfingstgottesdienst findet in der gegenüberliegenden Kirche Sankt Klara statt. Fast jeder Platz ist besetzt. Der verheerende Brand ist das große Thema. Pfarrer Dieter Krabbe überreicht Emil Conta einen Blumenstrauß. Der 57-jährige Bewohner des Pfarrhauses hat den Brand bemerkt und Schlimmeres verhindert. "Ich habe ein Prasseln gehört", schildert er, "als ich dann noch Rauch über dem Dach gesehen habe, war mir klar, die Kirche brennt." Sofort alarmierte er die Feuerwehr und machte eine Polizeistreife auf das Feuer aufmerksam. Mit einer Zange öffnete er die Bauzäune für die Feuerwehr. Als Dieter Krabbe die Geschichte von Emil Conta erzählt, tönt schallender Applaus durch das Gotteshaus.
Dem Pfarrer steht der Schock über das Unglück noch immer ins Gesicht geschrieben. Trotzdem kann er sich über die kleinen guten Nachrichten freuen. So ist der Chorraum zu etwa 80 Prozent erhalten. Die großen Glasfenster können nach der Renovierung wieder eingesetzt werden. Der Abendmahl-Tisch war während des Unglücks in Holz gekleidet. "Den hat’s nicht erwischt", so der Pfarrer. Er spricht von großem Glück, dass niemand verletzt wurde und dass wertvollen Artefakte wie Bilder, Fenster, Bänke und Lobsingtafel wegen der geplanten Renovierung ausgelagert waren.
Wie die Kirche wieder aufgebaut wird, steht noch nicht fest. Man könnte „das Zerstörte in die neue Kirche integrieren, ähnlich wie bei der Frauenkirche in Dresden“, meint der Geistliche. Auch einen Architekturwettbewerb oder den exakten Wiederaufbau kann er sich vorstellen. Wenn es nach Krabbe geht, soll die Gemeinde mitentscheiden können, wie es mit ihrem Gotteshaus weitergeht.
"Jetzt heißt es, Ärmel hochkrempeln", sagt Kirchmeister Walter Przibilla. Schon in der vergangenen Woche begannen Arbeiter damit, die Fassade zu sichern. Da der Sandstein unter den hohen Temperaturen stark gelitten hat, ist die Wand einsturzgefährdet. Etliche Trümmer liegen noch im Kirchenraum. "Die drei Glocken liegen auf dem Boden", sagt Baubeauftragter Thomas Pickel, der bereits einen kurzen Blick in den Kirchenraum geworfen hat. Die Klöppel der großen "Kalvin"- und "Zwingli"-Glocke hängen noch, so dass der Fachmann vermutet, sie seien nicht mehr einzusetzen. Für die kleine Glocke gibt es jedoch Hoffnung. Auf den ersten Blick war für Pickel kein großer Schaden auszumachen.
Wie hoch der Schaden insgesamt ist, ist noch unklar. Ebenso die Brandursache. "Ich gehe von menschlichem Versagen aus", sagt Pfarrer Krabbe. Im Laufe der nächsten Woche soll ein Kran in den Hof der ausgebrannten Kirche gestellt werden, der die Fassade von innen sichert und dann die Glocken bergen soll. Die Denkmalbehörde entscheidet über das weitere Vorgehen bei der Sicherung der Überreste.
"Die Renovierung sollte am ersten Advent dieses Jahres fertig sein. Jetzt wird es wohl eher 2015", sagt Kirchmeister Przibilla. Bis dahin ist die Gemeinde noch zu Gast in St. Klara. Die Anteilnahme an dem Unglück ist in der benachbarten Gemeinde, aber auch bayernweit, groß. Die Kollekten vieler Kirchen kommen am Pfingstsonntag dem Erhalt der Kirche zugute.
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