Schrottreif: Immer mehr Autos werden illegal in Nürnberg abgestellt

Maria Segat

Nürnberger Nachrichten

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27.8.2020, 05:51 Uhr
Direkt am Eingang zum Cramer-Klett-Park steht das abgestellte Auto. Der rote Punkt im Fenster fordert den Halter auf, es zu entfernen - und zwar eigentlich zum 1. August. 

© Roland Fengler, NNZ Direkt am Eingang zum Cramer-Klett-Park steht das abgestellte Auto. Der rote Punkt im Fenster fordert den Halter auf, es zu entfernen - und zwar eigentlich zum 1. August. 

Es bleibt nicht lang unbemerkt, wenn man sich das verlassen dastehende Auto am Eingang des Cramer-Klett-Parks anschaut: Eine Anwohnerin mit Hund spaziert vorbei, späht ebenfalls durch die Scheiben ins Wageninnere, wo Getränkedosen, Jogginghosen, Plastiktüten, eine Kabeltrommel herumliegen.

"Der steht schon seit Wochen hier", sagt die Frau und nickt in Richtung des silbernen Dacia. Der Wagen steht am Beginn des Weges, der aus nordöstlicher Richtung in den Park führt, nur wenige Meter vom dortigen Kinderspielplatz entfernt. Auf der Motorhaube kräuseln sich vertrocknete Blätter.

Autos bekommen roten Punkt verpasst

Aus dem oberbayerischen Landkreis Ebersberg stammt der Wagen laut Kennzeichen, das noch befestigt ist. Auch die Tüv-Plakette ist zwar noch da, aber die Zulassungsplaketten wurden abgekratzt: Das Fahrzeug ist damit nicht mehr verkehrstüchtig. Und deshalb klebt in seinem Fenster auf der Fahrerseite ein leuchtend roter, kreisrunder Aufkleber.

Eine "Entfernungsaufforderung" der Stadt Nürnberg - besser bekannt auch schlicht als "roter Punkt". Autos, die fahruntüchtig im öffentlichen Raum abgestellt werden, werden mit diesen Punkten markiert, um ihre Halter dazu aufzufordern, die Fahrzeuge zu entfernen. Denn solche Autos im öffentlichen Raum abzustellen, ist nicht erlaubt. Trotzdem kommt es immer wieder vor - mit steigender Häufigkeit.

Exakte Zahlen für das laufende Jahr könnte die zuständige Verkehrsbehörde, die beim Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) angesiedelt ist, noch nicht nennen, so Sör-Sprecher André Winkel. "Nach erster Einschätzung sind die Zahlen jedoch leicht steigend." Bereits in den Vorjahren gab es einen deutlichen Anstieg der roten Punkte in Nürnberg. 2018 waren es noch 3.219 Autos, ein Jahr später dann 4.139. "Gewaltige Zahlen" nennt Bürgermeister Christian Vogel (SPD) das.

Trotzdem: Die Zahl der Wagen, bei denen es tatsächlich zum Äußersten kommt, ist gering. Nur rund zehn Prozent werden tatsächlich abgeschleppt. Das Procedere, das zuvor erfolgen muss, dauert seine Zeit - und für den Fahrzeughalter ist es mit erheblichen Kosten verbunden.

Wird ein stillgelegtes Fahrzeug im öffentlichen Raum entdeckt, bekommt es von der Polizei oder dem Außendienst Nürnberg den roten Punkt verpasst. Manchmal passiere dies auch auf Hinweise von beispielsweise Anwohnern hin, so Sör-Sprecher Winkel. Die Verkehrsbehörde versuche daraufhin, den Halter des Fahrzeugs zu ermitteln. Wenn das nicht klappt, wird direkt abgeschleppt.

"Wenn ein Fahrzeughalter ermittelt wird, ist für diesen ein Verwarnungsgeld von 30 Euro fällig", so Winkel. Er bekommt daraufhin eine Frist von zehn Tagen gesetzt, in denen er das Auto entfernen muss. Wenn das nicht passiert, darf Sör wiederum nach einer Frist von weiteren acht Tagen abschleppen lassen.

Kein Wunder also, dass es manchmal dauert, bis ein Auto aus dem öffentlichen Raum verschwindet. Manchmal gebe es Unverständnis von Anwohnern, die sich fragten, warum nicht einfach schneller gehandelt werde, so Sör-Sprecher Winkel. "Weil wir Regeln einzuhalten haben", erklärt er. Ohne dem Halter Gelegenheit zu geben, sein Auto zu entfernen, könne man es nicht einfach abschleppen lassen.

25 Euro für jeden weiteren Tag

Denn auch dafür werden wiederum Kosten fällig. Zusätzlich zu den Verwaltungskosten und der Aufbewahrungsgebühr für die Lagerung auf den Flächen des jeweiligen Abschleppdienstes kommt oben drauf noch eine seit Januar 2020 geltende sogenannte "Sondernutzungsgebühr für unerlaubte Sondernutzung". Das bedeutet: Noch einmal 25 Euro für jeden Tag, den das Auto mit rotem Punkt stehen bleibt.

Bei Einhaltung des Prozesses werde für den Halter eine Summe von 400 bis 450 Euro fällig - nur durch die Sondernutzungsgebühr, so Winkel.

Und wer bezahlt, wenn der Halter nicht ermittelt werden kann? In diesem Fall gehe die Stadt in Vorleistung, so Vogel. In Ausnahmefällen könnten die Kosten über eine Versteigerung, die nach drei Monaten erfolgen kann, gedeckt werden. "Aber im Regelfall sind das Schrottautos, derer sich jemand entledigen will", sagt der Bürgermeister.

Anders als das zurückgelassene Auto im Cramer-Klett-Park werden aber auch oft Fahrzeuge, die Gebrauchtwagenhändlern gehören, auf der Straße zwischengelagert: der öffentliche Raum als Verkaufsfläche sozusagen.Die Fuggerstraße im Nürnberger Westen sei ein Beispiel für einen solchen "Brennpunkt", der seit Jahren trotz vermehrter Kontrollen und Abschlepp-Aktionen bestehe, so Winkel.

Mehr Abschlepp-Aktionen geplant

Momentan würden dort acht solcher Aktionen im Jahr durchgeführt. In Zukunft sollen es mehr werden – aber wie viele genau, lässt der Bürgermeister offen. Zu wichtig ist der Überraschungseffekt der Aktionen. "Wir werden regelmäßig präsent sein."

Und der verlassene Dacia im Cramer-Klett-Park? "Den haben wir nicht vergessen. Er sollte längst weg sein, aber Verzögerungen passieren", so Winkel, der auf eine interne Systemumstellung und das vermehrte Aufkommen verweist.

Laut Aufkleber sollte der Wagen bereits spätestens zum 1. August aus der Grünanlage verschwunden sein. Der Halter sei noch einmal aufgefordert worden, das Fahrzeug bis zum 27. August zu entfernen, so Winkel. "Nach Fristablauf wird das Fahrzeug auf die Schleppliste gesetzt und zeitnah abgeschleppt. Spätestens Anfang September steht das Auto auf einem Verwahrplatz und nicht mehr im Park." Für den Halter dürfte das teuer werden - die Anwohner wird es freuen.

Das Sör-Servicetelefon ist unter 0911 / 231 7637 erreichbar.

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