Schuhe werden völlig überschätzt!
3.2.2011, 15:48 UhrJeden einzelnen Schritt hat er mit nackten Füßen getan, er hatte nicht mal Reserveschuhe für den Notfall dabei: „Barfuß über die Alpen – das war mein Ziel. Nicht bloß ,meistens barfuß‘. Mit Ersatzschuhen im Gepäck zieht man das kaum durch. Und ich wollte nicht nur 95 Prozent schaffen“, sagt der Mann aus Murnau im NZ-Gespräch.
Anstrengend war seine Tour, gar keine Frage. Aber das lag nur selten am fehlenden Schuhwerk: „Der Großteil der Strecke lief sich schön, da hätte ich gar keine Schuhe tragen wollen. Nur etwa fünf Prozent waren mühsam. Aber auch das ging schon, mit angepasster Geschwindigkeit“, erzählt Jung. „Wenn man auf scharfkantigem Dolomitgestein läuft, darf man die Hornhaut nicht schneller abreiben, als sie nachwachsen kann.“ Bei seiner Alpenüberquerung hat er rund 30000 Höhenmeter überwunden, also im Schnitt 1000 pro Tag. Nur ein einziges Mal hat er ein Pflaster gebraucht, für einen Riss in der Fußsohle. „Das hat aber bloß gestört und ist bald abgefallen.“
Martl Jung hat in seinen Multivisions-Shows schon über Reisen durch die Sahara und den Regenwald berichtet. Am 9. Februar präsentiert er in Nürnberg nun seine Bilder aus den Alpen. Diese Bergtour war natürlich nicht sein erstes Barfuß-Abenteuer: Zuvor hat er zum Beispiel schon zweimal die Zugspitze ohne Schuhe erklommen.
Wie kommt man bloß auf solche Ideen? „Es gab keinen bestimmten Auslöser, der mich zum Barfußlaufen gebracht hat“, erzählt Jung. „Als Kind war ich oft barfuß, später dann nicht mehr. Bei Wanderungen hat es sich aber manchmal ergeben, dass ich in einer Pause die Stiefel ausgezogen habe. Und weil das Gefühl so angenehm war, bin ich am Ende der Pause ein kleines Stück ohne Stiefel weitergelaufen. Und beim nächsten Mal noch etwas mehr...“
Auch im Alltag läuft er inzwischen fast immer barfuß: „Eine tägliche Routine ist wichtig“, erklärt er. Vor Tritten in Scherben oder ähnlichen Missgeschicken hat Martl Jung keine Angst: „Sowas passiert nie. Weil ich viel bewusster und konzentrierter laufe.“ Das ist einerseits anstrengend, intensiviert aber andererseits das Erlebnis. Und es macht das Bewegen sicherer: „Beim Bergsteigen kommt es zum Beispiel nie vor, dass ich mit dem Fuß irgendwo abrutsche.“
Frieren muss ein Barfußprofi übrigens auch nicht: „Die Temperatur ist selten ein Problem. Oft kriegen Leute in Schuhen sogar schneller kalte Füße als ich. Weil die Durchblutung im Schuh eingeschränkt ist.“ Aber es dauert eine Weile, bis man so abgehärtet ist, dass die nackten Füße nicht frieren. „Am besten fängt man im Frühling an und läuft den ganzen Sommer barfuß. Im Herbst ist man dann so weit, dass die Außentemperatur keine große Rolle mehr spielt.“
Blöde Kommentare hört der Barfußläufer übrigens selten – und nur in der Stadt. „In den Bergen sind die Reaktionen meist positiv, gerade von Hüttenwirten oder Bergführern. Und ältere Einheimische erzählen von früher, als sie selbst oft barfuß unterwegs waren.“
Multivision „Barfuß über die Alpen“ am Mittwoch, 9. Februar, um 19.30 Uhr im Gemeinschaftshaus Langwasser, Glogauer Straße 50.
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