Corona und die Folgen
Schwabach/Roth: Gastronomie im Notstands-Modus
19.3.2020, 09:01 UhrFür Gastronomiebetriebe sind die Öffnungszeiten durch eine Verordnung der Bayerischen Staatsregierung auf die Zeit von 6 bis 15 Uhr beschränkt. Das trifft viele hart. Ferner ist die Zahl der Personen, die gleichzeitig bewirtet werden dürfen, auf 30 begrenzt. Der Sicherheitsabstand zwischen den Menschen muss 1,5 Meter betragen. Diese Regelungen sollen zunächst bis 30. März gelten. Zulässig bleibt die Mitnahme von Speisen.
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Hotel und Gasthof Raab/Inspektorsgarten in Schwabach hat einen Verlust von 95 Prozent. "Allein im März sind drei große Messen abgesagt worden. Jetzt wäre die ,Holz und Handwerk’ gewesen, da wären wir die ganze Woche voll gewesen", sagt Chefin Sabine Lindner. Einzelne Hotelgäste hat sie noch. Betriebsberater oder Leute von der Autobahnbaustelle. Die würden auch leiden, denn Arbeiter aus Osteuropa dürften nicht mehr ins Land. Übernachtungsgästen darf Lindner auch Abendessen servieren, sie muss sie "auf Abstand" setzen. "Die zehn Essen, die über den Tisch gehen, reißen’s nicht raus."
Abgesagt worden seien zehn Tagungen – die kleineren nicht mitgerechnet. Ebenfalls nicht stattfinden werden Kommunionsfeiern, Konfirmationen und Taufen. "Das hört nicht auf am 30. März", ist Lindner überzeugt. Eine Messe sei auf Juni verlegt worden. "Wenn die stattfindet, fällt mir die Eiger-Nordwand vom Herzen", sagt Sabine Lindner.
"Deutlich weniger Gäste"
"90 bis 100 Prozent Verlust" macht das Park Central in Wendelstein voraussichtlich. "Wir arbeiten überwiegend abends", so Chef Joannis Alexandridis, der das Steak-Restaurant mit Ehefrau Daniela führt. "Unser schwächstes Geschäft ist mittags", führt er aus. Bis Dienstag durfte er abends noch offen haben, doch es seien "deutlich weniger Gäste" gewesen. Auch die älteren Menschen, die sonst mittags zum Essen gekommen sein, würden nun wegfallen.
Gudrun Zimmer, die die Bürgerstub’n in Schwanstetten mit Ehemann Klaus führt, sagt "das Wochenende war eigentlich sehr gut". Abendveranstaltungen und die Kegelbahn seien fürs Erste eingestellt. "Wir leben hauptsächlich von älteren Herrschaften." Doch sei das Mittagsgeschäft dennoch fast unkalkulierbar. Viel Geschäft sei abends und an den Wochenenden gegangen. Die Leute würden jetzt nur an jeden zweiten Tisch gesetzt. "Warten wir mal ab, wie es diese Woche wird", sagt Gudrun Zimmer.
Der Murat-Döner in der Schwabacher Königstraße hat Sitzplätze innen und außen. "Wir arbeiten normal", so Chef Ali Akce und ergänzt: "Ab 15 Uhr gibt es nur noch Straßenverkauf". Glück für Serhat Kutay: Die neue Regelung für die Gastronomie trifft "Mike’s Original Pizza" vor dem Eingang der ehemaligen Kaserne nicht. Kutays Laden hat einen Lieferdienst, der weiter erlaubt ist – und man kann dort Pizzen abholen.
Schwierige Zeiten
"Das Ausmaß ist noch völlig unklar. Ich kann das beim besten Willen noch nicht sagen", sagt Erich Gruber, Chef des Spalter Gasthauses "Zur frischen Quelle" im Unteren Dorf, "aber einen Verlust gibt es mit Sicherheit". Die Gaststätte mache ihren Hauptumsatz in den Abendstunden.
Oft würden Monteure dort übernachten, aber die meisten hätten jetzt abgesagt. Gruppen hätten Vorbestellungen storniert. "Jeder zweite Tisch ist reserviert, damit sich dort keiner hinsetzt", erklärt Erich Gruber. Am Mittwoch hätten an den fünf freien Tischen je zwei bis drei Personen gesessen. "Wir werden Einbußen haben. In welcher Höhe, kann ich noch nicht sagen", so Gruber. Schwierige Zeiten auch für den Gasthof Goldener Stern am Schwabacher Marktplatz. "Das ist absolut verheerend, wenn wir um drei Uhr zumachen müssen", sagt Chef Dieter Trutschel. "Diese Öffnungszeiten sind sowieso ein bisschen blöd. Wir haben von 11 bis 15 Uhr offen. Danach gibt es Essen zum Mitnehmen."
Es könne sein, dass er komplett zusperren müsse. "Wegen zehn Essen den Betrieb offenlassen – das ist nicht wirtschaftlich", so Trutschel. Vielleicht müsse er Kurzarbeit beantragen. Die Pacht laufe weiter und auch das Geld für die Stadtwerke sei gleich. Seinen Verlust schätzt er auf 90 Prozent. Montag und Dienstag war es zwar noch erlaubt, am Abend offen zu halten, "aber der Einbruch ist schon da gewesen", so Trutschel.
Hohe Zinssätze für Notfallkredite
Norbert Odorfer, der in Kühedorf den Gasthof zum Heidenberg betreibt, rechnet mit rund 200 000 Euro Umsatzeinbußen. Bei den Notfallkrediten würden es die Banken "von den Lebenden nehmen", der Zinssatz betrage 7,4 Prozent. Vier Mitglieder des Teams hat Odorfer in Urlaub geschickt, für zwei weitere Kurzarbeit beantragt. Weil der Betrieb einigermaßen aufrecht erhalten werden soll, hat Odorfer die Öffnungszeiten angepasst – und kellnert selbst.
Offen hat der Gasthof zum Heidenberg Mittwoch bis Sonntag von 8 bis 15 Uhr. Zudem ist auch Straßenverkauf möglich. Dabei setzt Odorfer auf Speisen, die schon zu "normalen Zeiten" sehr beliebt waren: Unter anderem Sauer-, Schweine-, Kalbs- oder Hirschbraten im Glas, bei denen Fleisch und Sauce "eingeweckt" werden, damit sie ohne Kühlung haltbar sind. "Das muss man nur heiß machen", so Odorfer. Die Beilagen mache sich die Kundschaft selber.
Auch das Restaurant "Al Castello" neben dem Rother Schloss Ratibor setzt auf Straßenverkauf und Lieferservice. "Wir verkaufen aus dem offenen Fenster", so Gastronomin Elisa Santella. In der Gaststube wird von 11.30 bis zirka 15 Uhr bewirtet, die Speisekarte gibt es auch "to go" oder ab 30 Euro Rechnungssumme an die Haustüre. Elisa Santella hofft, dass sich die Dinge bis zum Start der Hochzeitssaison im Mai normalisieren.
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