Fall 2 von "Freude für alle"
„Sein Immunsystem ist sehr schwach“: So wird in Fürth um den kleinen Sonnenschein Jona gekämpft
11.11.2024, 17:00 UhrJona ist ein Sonnenschein. Mit seinem entwaffnenden zahnlosen Lachen und den großen, tiefdunklen Augen zaubert er seinem Gegenüber unweigerlich ein Lächeln ins Gesicht.
Auch seine Eltern Milena und Kemal T. (Namen geändert) beobachten lächelnd ihren kleinen Sohn, während der durch den winzigen Wohnbereich nahe der offenen Küche wackelt. Wenn sie auch dabei immer in Habachtstellung sind, damit sich der Zweijährige nicht am Wohnzimmertisch stößt. Denn Jona ist von Geburt an blind.
Kind mit vielen Handicaps
Es ist nicht das einzige Handicap des Kleinen, der einen Behindertengrad von 100 Prozent hat. Er hat einen Herzfehler, leidet an Epilepsie, weshalb er zwei mal am Tag Medikamente nehmen muss, und die weißen Blutkörperchen sind auch verringert, wie sein Vater erzählt. "Sein Immunsystem ist sehr schwach. Wir müssen immer aufpassen, dass er sich nicht irgendwo ansteckt", und seine Frau ergänzt: "Und jetzt, wo es wieder kälter ist, besonders." Inwieweit bei Jona, der zwischendurch den Kopf hin- und herreißt und kein einziges Wort nachspricht, auch eine geistige Behinderung vorliegt, ist abschließend noch nicht geklärt. Aber sie rechnen damit.
Jonas viele Baustellen fordern der kleinen Familie aus Fürth alles ab. Regelmäßige Besuche in der Klinik in Erlangen, beim Kinderarzt, zweimal die Woche zur Physiotherapie, eine Ergotherapie hat der Kinderarzt auch empfohlen. Und sie müssen ihn immer im Blick haben, weshalb der Kleine auch nachts bei seinen Eltern bleibt. "Wir können ihn unmöglich alleine lassen", sagt sein Vater. Er selbst habe einen sehr leichten Schlaf und wache sofort auf. Das zehrt. Aber Jona ist beschützt.
Längst hat der 32-Jährige sein Studium der Sozialen Arbeit abgebrochen, um seine 23-jährige Frau zu unterstützen - auch bei den vielen Fahrten zu Ärzten und Therapeuten. Möglich macht dies ihr altes Auto, wofür sie dankbar sind. Auch wenn der Unterhalt mit Sprit und Versicherung teuer ist. "Aber wir brauchen es ja", sagt Kemal T., der hofft, dass das Auto weiter durchhält. Denn Extras sind nicht drin.
Das Budget ist mehr als überschaubar, so wie die gerade mal 55 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung. Die Familie lebt von Leistungen vom Jobcenter und Pflegegeld - auch wenn sie viel mehr vom Jobcenter bekommen könnte. Aber Kemal T. will arbeiten, dem Staat nicht auf der Tasche liegen, wie er sagt. Ein paar Stunden in der Woche arbeitet er immer in einem Kiosk. "Da kann ich mir meine Zeit gut einteilen, so wie wir es mit dem Kleinen brauchen."
Sie halten zusammen
Seine Frau hofft unterdessen, dass sie ihre Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin machen kann, sobald Jona älter ist und in eine geeignete Schule gehen kann. Kemal T. befürchtet, dann nicht weiterstudieren zu können, der vor vielen Jahre nach dem Abitur aus Syrien nach Deutschland kam. "Da bin ich dann doch ein bisschen zu alt. Dann arbeiten wir eben beide." Auch wenn er sich das anders vorgestellt hatte, er beklagt sich nicht. Sie halten zusammen und blicken nach vorne.
Doch auch die Wohnsituation in dem sozial angespannten Quartier ist problematisch. Die nächtlichen Ruhestörungen gehören genauso hierher, wie der ganze Sperrmüll, der am Gehweg herumliegt, die Nahrungsmittel, die auf den Fensterbänken der gegenüberliegenden Häuser kühl gelagert werden, oder die Laken an den Fenstern, die als Sichtschutz dienen. Bei Alina und Kemal T. erstrahlen hingegen weiße Gardinen und die überschaubar eingerichtete Wohnung ist blitzblank und ausgesprochen gepflegt.
Alina T. würde im Viertel bei Dunkelheit nie allein auf die Straße gehen, wie sie sagt. Dass dies kein Ort für ein Kind mit Handicap ist, wissen sie beide. Davon abgesehen, dass die Wohnung nur für den Moment reicht, weil Jona noch so klein ist. "Aber Wohnungen sind teuer", sagt Kemal T., ihre Suche sei bislang erfolglos geblieben. Sie geben dennoch nicht auf und hoffen, das Jona nichts zustößt und irgendwann ein selbst bestimmtes Leben führen kann - trotz der vielen Baustellen.
Um die Familie unterstützen zu können, bitten wir herzlichst um Spenden.
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