"Seit sechs Wochen Corona-positiv": Nürnberger erzählt

Katja Kiesel

Volontärin Lokalredaktion

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15.2.2021, 09:22 Uhr
Dass sein nächster Test nach über sechs Wochen endlich ein negatives Ergebnis feststellt, hofft der Nürnberger André Berstel. 

© Karl-Josef Hildenbrand, dpa Dass sein nächster Test nach über sechs Wochen endlich ein negatives Ergebnis feststellt, hofft der Nürnberger André Berstel. 

Eines haben wir in einem Jahr Corona gelernt: Das Virus hat viele Facetten. Ansteckung und Krankheitsverlauf sind sehr individuell und können sehr unterschiedlich ausfallen: Während der eine keine oder nur leichte Symptome hat, ist ein anderer auf Beatmungsgerät und die Behandlung auf einer Intensivstation angewiesen. Einige sind nach wenigen Tagen völlig symptomfrei und wieder andere kämpfen monatelang mit Nachwirkungen.

Der 77-jährige Nürnberger André Berstel hat die Infektion mit Sars-Cov-2 gut überstanden und sich nach wenigen Tagen vollständig erholt. Und doch wird er - nach Einhaltung der Quarantäne und trotz mehrwöchiger Symptomfreiheit - immer wieder positiv auf das Virus getestet. Und das mittlerweile schon seit vielen Wochen.

Heiligabend mit Folgen

Vier Tage nach dem Weihnachtsfest erreichte ihn der Anruf eines Freundes, der mit ihm gefeiert hatte: Er war positiv auf Corona getestet worden. Weil er sich selbst nicht ganz fit fühlte, vereinbarte er für den nächsten Tag, den 30. Dezember, für sich und seine Partnerin einen Termin für einen Corona-Test. Bei beiden fiel er positiv aus.

Quarantäne beendet – und weiter infektiös

Die beiden meldeten sich umgehend beim Gesundheitsamt und informierten alle Kontakte, die sie seit dem 23.12. getroffen hatten. "Die Absprache mit dem Gesundheitsamt lief gut", erzählt Berstel. "Das Amt telefonierte täglich mit uns, fragte nach unserem Befinden und legte ein Ende für die Quarantänezeit fest". Bis zum 10. Januar sollten er und seine Partnerin in Quarantäne bleiben – "danach konnten wir uns wieder frei bewegen. Wir wollten dann noch einen Corona-Test zur Sicherheit machen – auf Anraten des Gesundheitsamtes sollten wir damit aber noch ein paar Tage warten".

Das zweite Mal unterzogen sich Berstel und seine Freundin einem Corona-Test am 26. Januar im Testzentrum am Nürnberger Flughafen Berstels. Partnerin war – wie erwartet - negativ, bei Berstels Probe hingegen wurde noch immer eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt. "Das bedeutet ja auch, dass ich, während ich mich schon wieder frei bewegen konnte, weil meine Quarantäne ja offiziell aufgehoben war, noch immer ansteckend war".

Kein zweiter Test nötig?

Auf Nachfrage beim Gesundheitsamt der Stadt Nürnberg hängen die Isolierungsdauer sowie die Entlassung aus der Isolierung nach aktuellen Richtlinien von verschiedenen Faktoren ab: Dabei spielen Krankheitsschwere, der Immunstatus und das Vorliegen einer Virusvariante eine Rolle. "Es sind allerdings mindestens eine zehn- bis 14-tägige Isolierung - ab Symptombeginn oder positivem Testergebnis bei Menschen ohne Symptomen – und 48 Stunden Symptomfreiheit zur Entlassung aus der Isolierung notwendig", erklärt Franziska Bauer aus dem Gesundheitsamt der Stadt Nürnberg. "Bei milder Erkrankung und normalem Immunstatus ist die Anzüchtbarkeit des Virus, respektive die Ansteckungsfähigkeit sehr selten erfolgreich. Daher wird hier die Isolierung auch ohne negativen PCR-Test beendet". PCR bezeichnet das Verfahren, mit der eine entnommene Probe auf das Coronavirus untersucht wird (siehe Info-Kasten).

Quarantäne, die Zweite

Das Spiel wiederholte sich, Berstel informierte seine Kontakte und das Gesundheitsamt und wurde erneut in Quarantäne geschickt. Allerdings mit dem Hinweis, dass alles vom Ct-Wert abhänge, welcher Rückschluss auf die Menge an Virus-Material in einer entnommenen Probe zulässt (siehe Info-Kasten). Läge dieser höher als 30, sei von keiner oder nur noch einer geringen Ansteckungsfähigkeit auszugehen und er könne die Quarantäne beenden. "Die anschließende Kommunikation war sehr unklar und ich bekam unterschiedliche Infos seitens des Gesundheitsamtes und des Labors", berichtet Berstel. "Ein dritter Test am 27. Januar fiel dann wieder positiv aus und ich wartete letzten Endes bis zum 02. Februar auf das Ergebnis. Mein Wert liegt bei 27,4 und ist damit noch immer zu niedrig."

Warum die Mitteilung über den Ct-Wert so lange gedauert habe, könne nicht pauschal beantwortet werden, so Bauer. "Bei einem freiwilligen, nicht über den Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) veranlassten Abstrich, entscheidet der durchführende Arzt selbst, in welches Labor die Probe zur Auswertung eingeschickt wird. Nicht alle Labore geben den Ct-Wert an oder übermitteln ihn direkt."
Bei Berstels Fall sei außerdem "von einer Ausnahme auszugehen", so Bauer weiter. Es lägen mehrere Studien vor, die belegten, dass Patienten 10 Tage nach Symptombeginn oder einem positiven PCR-Testergebnis nur noch selten ansteckend waren.

"Es kann alle Altersgruppen betreffen"

Prof. Dr. Jörg Steinmann, Chefarzt des Instituts für Klinikhygiene am Klinikum in Nürnberg bestätigt, dass es sich bei derartigen Fällen in der Regel um Einzelfälle handeln dürfte. Im Normalfall seien Patienten nach Einhaltung der Quarantänezeit und nach dem Abklingen der Symptome nicht mehr infektiös. Denn das Virus lässt sich häufig über einen längeren Zeitraum mit der hochsensitiven Methode der PCR noch in Spuren von RNA - also dem Erbmaterial des Virus - nachweisen, ohne dass die infizierte Person Symptome aufweisen muss", so der Mediziner. "Es kann aber alle Altersgruppen betreffen. In einigen Studien hatten Patienten bis zu 12 Wochen nach Symptombeginn positive Testergebnisse. Wahrscheinlich liegt es am milden oder asymptomatischen Verlauf. Patienten mit schweren Verlaufsformen haben häufig nur über kürzere Zeiträume Virus-RNA im Nasen/Rachenraum".

Vorsichtiger Optimismus

Wann genau André Berstel ein negatives Testergebnis in der Hand halten wird, lässt sich natürlich nicht vorhersagen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Viruskonzentration Stück für Stück sinkt: "Wir haben einige Beispiele gesehen, wie der Ct-Wert langsam über Wochen größer wird", erklärt Steinmann. "Es hängt wahrscheinlich von der Schleimhautimmunität ab". André Berstel will sich bald erneut testen lassen – "dann hoffentlich mit einem negativen Ergebnis", lacht der 77-Jährige – seinen Humor hat er trotz der mehrwöchigen Corona-Odyssee nicht verloren: "Ohne wär es ja auch furchtbar".


Was genau definiert der Ct-Wert?
Als diagnostisches Nonplusultra bei einer SARS-CoV-2-Infektion gilt laut Prof. Dr. Steinmann, Chefarzt des Instituts für Klinik-Hygiene am Klinikum Nürnberg ein Verfahren namens PCR (Abkürzung für engl. Polymerase chain reaction/ dt. Polymerase-Kettenreaktion). Die in der abgenommenen Probe etwaig enthaltene Virus-RNA – das Coronavirus hat keine DNA, sondern eine RNA – werde im Labor herausgefiltert, dann in DNA umgeschrieben und mittels PCR weiter untersucht. "Der Ct-Wert, der bei vielen PCR-Geräten ausgegeben wird, steht für engl. Cycle threshold und bedeutet auf Deutsch Schwellenwert-Zyklus. Er bezeichnet die Anzahl der durchgeführten Zyklen, nach denen während der PCR ein positives Signal festgestellt wird", erklärt Steinmann. "Je später das positive Signal erkannt wird – je höher der Ct-Wert ist -, umso weniger Virus-RNA war in der Probe enthalten. Nach gängiger wissenschaftlicher Erkenntnis besteht bei einer abgelaufenen COVID-19-Erkrankung und einem Ct-Wert größer als 30 in der PCR keine oder nur eine geringe Ansteckungsfähigkeit. Die Menge etwaiger Virus-RNA in einem Abstrich ist allerdings unter anderem von der Qualität des abgenommenen Abstrichs abhängig".

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