So geht es mit dem "Schocken"-Areal am Aufseßplatz weiter

Stefanie Taube

Lokalredaktion Nürnberg

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28.1.2021, 18:33 Uhr
Die für das Gebäude typische Kachelfassade ist in weiten Teilen zurückgebaut, im Frühsommer wird vom ehemaligen "Schocken" gar nichts mehr zu sehen sein.

© Michael Matejka, NN Die für das Gebäude typische Kachelfassade ist in weiten Teilen zurückgebaut, im Frühsommer wird vom ehemaligen "Schocken" gar nichts mehr zu sehen sein.

Es hämmert, bohrt und scheppert: Der ehemalige Kaufhof am Aufseßplatz verliert Stück für Stück sein Gesicht. Schwere Maschinen und zahlreiche Bauarbeiter rücken Nürnbergs ältestem Kaufhaus zu Leibe, Passanten bleiben interessiert am Bauzaun stehen und beobachten, wie das Material dem Druck des Abrissbaggers schon nach kurzer Zeit nicht mehr standhalten kann und quietschend in sich zusammenfällt.

Neutral betrachtet ist es kein schönes Bild, das sich jenen bietet, die in diesen Tagen über den Aufseßplatz spazieren. Für die Südstädter aber klingt das Getöse fast wie Musik in den Ohren. „Endlich passiert etwas“, ist die einhellige Meinung.

Aktuell läuft der oberirdische Abbruch des früheren „Schocken“, der noch bis zum Frühsommer 2021 andauern soll. Im Anschluss starten der unterirdische Abbruch und die Sicherungsarbeiten. Im Frühjahr soll es einen Fassadenwettbewerb geben, weshalb die genaue Gestaltung des neuen Gebäudes noch offen ist.

„Die Arbeiten am Aufseßplatz laufen bislang wie geplant. Es hilft, dass wir auf ausgewiesenes Fachpersonal vor Ort zurückgreifen können, mit dem wir teilweise schon über viele Jahre zusammenarbeiten“, sagt Max Wille. Er ist Bauleiter bei der „Ten Brinke Group“, also der Firma, die sich nach vielen Jahren Still- und Leerstand dem Großprojekt angenommen hat. Er lobt vor allem die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten – inklusive der Stadt Nürnberg: „Die zügige und zielorientierte Abstimmung mit den Fachabteilungen der Stadt ist ein Mehrwert für das gesamte Projekt.“

Nur in einer Sache, da lässt sich das auch international agierende Unternehmen für Projektentwicklung und Bau nicht in die Karten schauen: „Wir bitten um Verständnis, dass über das Investitionsvolumen keine Angabe gemacht werden kann“, heißt es auf Nachfrage zu den Kosten für das Großprojekt. Mit rund 1200 Mitarbeitern arbeitet Ten Brinke an einer Vielzahl von Projekten – auch in Nürnberg – mit einem Auftragsvolumen von rund einer Milliarde Euro.

An Stelle der ehemaligen Kaufhof-Filiale wird ein siebengeschossiger Neubau errichtet. Im Untergeschoss finden künftig kleine Discounter und Fachmärkte Platz. Im Erdgeschoss wird ein Edeka einziehen. Im ersten Obergeschoss werden Stellplätze für 180 Autos geschaffen. In den weiteren fünf Geschossen sind 250 bis 300 Wohnungen und ein Kindergarten geplant. Die Ten Brinke Group hat mit der Stadt zudem die Vereinbarung über eine Dach- und Fassadenbegrünung, ein Mobilitätskonzept und einen 50-prozentigen Mindestanteil an familiengerechten Wohnungen getroffen.

Und auch das Umfeld des ehemaligen Kaufhofs und der Aufseßplatz werden aufgewertet. Südwestlich des Nymphenbrunnens wird ein ebenerdiger Brunnen mit Fontänen errichtet. Auf dem Platz werden neue Bäume gepflanzt und zusätzliche Sitzbänke aufgestellt. Die Kosten für die Aufwertung des Platzes, für die die Stadt aufkommt, betragen rund 1,4 Millionen Euro.

Der Abbruch des Kaufhauses soll Mitte 2021 abgeschlossen sein. Die Fertigstellung des Neubaus ist für das Frühjahr 2024 geplant. Die Aufwertung des Aufseßplatzes selbst ist noch in diesem Jahr vorgesehen.

Am 11. Oktober 1926 wurde mit dem Kaufhaus „Schocken“ das erste Kaufhaus in Nürnberg eröffnet. Der Name geht auf die ehemaligen Eigentümer Salman und Simon Schocken zurück. Diese mussten ihren Kaufhauskonzern 1938 zwangsverkaufen, 1939 wurde aus der Schocken AG die Merkur AG und das Kaufhaus in Merkur umbenannt.

Das ursprüngliche Haus von Architekt Erich Mendelsohn ist im Zweiten Weltkrieg schließlich komplett zerstört und durch einen Neubau ersetzt worden. 1949 erhielt die Familie Schocken 51 Prozent des Grundkapitals von der Merkur AG zurück, 1953 verkaufte sie ihre Anteile dann an Helmut Horten. Ab 1975 firmierte das Kaufhaus unter dem Namen Horten.

1994 übernahm die Kaufhof AG die Horten-Kette, 2004 wurde das Kaufhaus in Kaufhof umbenannt. Am 16. Juni 2012 schloss die Filiale am Aufseßplatz ihre Türen. Damit endete eine rund 85-jährige Kaufhaus-Geschichte in der Südstadt. Im Frühjahr 2016 kaufte Edeka die leerstehende Immobilie. Im Herbst 2019 wurde sie an die Firma Ten Brinke Group weiterverkauft.

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