Spurlos verschwunden: Vermisste Nürnbergerin bei "Aktenzeichen XY"
14.11.2017, 05:42 UhrChristoph D. schläft schlecht. Vor allem, wenn sich dieser Zeitpunkt nähert: Der Tag ihres Verschwindens. Auf seinem Smartphone zeigt er ein Foto seiner Mutter: Heidi D., die Postbotin aus Nürnberg-Fischbach, die am heutigen Tag seit genau vier Jahren vermisst wird. Auf dem Bild lacht sie. "So will ich sie in Erinnerung behalten", sagt der 26-Jährige. Der Sohn wird kurzatmig, wirkt gehetzt, als er zu erzählen beginnt. Das, was geschah, sei heftig.
Heidi D. war auf WhatsApp sehr aktiv. So steht es auch in den Akten der Ermittler in der Nürnberger Mordkommission. Doch am 14. November 2013 rissen alle Kontakte ab. Die damals 49-Jährige antwortete niemandem mehr. Auch zum einzigen Sohn hat sie den Kontakt gepflegt. Den Chat-Verlauf mit ihr hat Christoph D. noch gespeichert auf seinem Laptop. Schlimm für ihn ist, dass die letzten Gespräche mit seiner Mutter im Streit endeten. "Ich würde mich jetzt so gerne bei ihr entschuldigen. So auseinanderzugehen, ist grausam."
Heidis Sohn geht nicht davon aus, dass seine Mutter noch lebt. Was mit ihr geschah, ist nicht bekannt. Sicher ist nur: An diesem grauen Donnerstag im November vor vier Jahren hatte sie dienstfrei und wollte mit einer Freundin ins "Kristall Palm Beach" nach Stein. Doch die Freundin sagte am Abend zuvor ab. Am Morgen des 14. November hatte sie das Haus in der Pellergasse, das sie sich mit ihrem Lebensgefährten teilte, in Joggingkleidung verlassen. Am frühen Abend wurde sie ein letztes Mal gesehen. Von da an verliert sich ihre Spur. Als sie aus dem Haus ging, nahm sie weder ihren Geldbeutel noch ihr Handy, weder Schlüssel noch Ausweis mit. Auch das Auto ließ sie vor der Türe stehen.
"Unglücksfall oder Suizid nicht gänzlich ausgeschlossen"
War es Suizid? Gegen diese Annahme sprechen laut Polizei einige Hinweise. Heidi D. galt als lebenslustig, sie schmiedete Pläne für die Zukunft. Am 24. November 2013 wollte sie ihren runden Geburtstag feiern, Gäste hatte sie bereits eingeladen. Sie sprach laut Christoph D. auch von Urlaubsplänen.
In der Arbeit galt Heidi D. als äußerst zuverlässig. Sie war auch nur selten krank. "Ein Unglücksfall oder Suizid kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Nach Bewertung der Gesamtumstände ist ein Tötungsdelikt allerdings eher wahrscheinlich", sagt Elke Schönwald, Leiterin der Polizeipressestelle in Nürnberg.
Zwei Wochen nachdem der Lebensgefährte Heidi D. als vermisst gemeldet hatte, startete die Polizei ein Großaufgebot. Zweimal durchsuchten Hundertschaften den Wald um Fischbach. Polizeitaucher nahmen sich selbst den Eisweiher am Ortsrand vor, Hubschrauber und die Diensthundestaffel suchten nach einem Lebenszeichen. Ohne Erfolg. Zunächst wurde in alle Richtungen ermittelt. Doch sieben Monate nach dem Verschwinden der Fischbacherin liegt der Schwerpunkt auf einem möglichen Verbrechen. Die Staatsanwaltschaft geht bis heute von einem Gewaltdelikt aus.
Heute setzen die Angehörigen von Heidi D. auf die Sendung "Aktenzeichen XY". Voraussichtlich am 13. Dezember wird der Fall dort aufgerollt. Das Landeskriminalamt hat für sachdienliche Hinweise eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro ausgelobt. Seit ihrem Verschwinden pflegen die Schwestern von Heidi D. eine Internetseite mit aktuellen Infos zum Fall und organisieren darüber eine private Sammelaktion. Auch das Geld soll Hinweisgebern zugutekommen. Bisher sind es knapp 2000 Euro.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen