Stadt macht ernst: Alkoholverbot rund um den Hauptbahnhof
27.9.2018, 05:47 UhrDie Stadträte plädierten geschlossen für ein konsequentes Durchgreifen in der Umgebung des Hauptbahnhofs, wo es nach wie vor regelmäßig zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen kommt. Weil Alkohol oft ein Katalysator für Körperverletzungen ist, sind der Konsum und das Mitbringen von Alkohol, um diesen dort zu trinken, voraussichtlich schon ab November rund um die Uhr tabu.
Die zeitliche Ausweitung sei nötig, finden die Sicherheitsbehörden. Denn es gebe rund um den Bahnhof nach wie vor eine nicht hinnehmbare Zahl von Körperverletzungen, so der Leitende Polizeidirektor Hermann Guth im Ausschuss. Die aktuell geltende zeitliche Beschränkung des Alkoholverbots auf die Nacht ist aus seiner Sicht ein Problem. Die alkoholbedingten Taten – bei zwei von drei Übergriffen ist Alkohol im Spiel — beschränken sich nämlich nicht auf den Zeitraum zwischen 22 Uhr und sechs Uhr, sie passieren den ganzen Tag über.
Statistisch gesehen kommt es zwar zwischen Mitternacht und zwei Uhr zu den meisten Körperverletzungen, allerdings beobachtet die Polizei einen stetigen Anstieg schon ab 14 Uhr, der erste Gipfel sei schon um 19 Uhr erreicht. "Die Nürnberger Polizei würde es deshalb sehr begrüßen, wenn der Zeitraum ausgedehnt wird", so Guth gegenüber den Stadträten.
"Kein Bier vor vier"
"Im Prinzip wird ab morgens getrunken", berichtete Ordnungsamtschefin Katrin Kurr. Sie betonte jedoch auch, dass es bei der Ausweitung des Alkoholverbots nicht darum gehe, den Alkoholkonsum generell zu kritisieren oder zu kriminalisieren, sondern der Polizei eine Handhabe zu geben, gegen die Auswirkungen vorzugehen. Auch Guth beruhigte: Kein Reisender, der im Gepäck eine Flasche Bier hat, müsse sich Gedanken machen, dass er in den Fokus gerate. Und er betonte genauso wie Bürgermeister Christian Vogel (SPD) in Richtung geplagter Anwohner des Nachtleben-Areals in Klingenhof, dass ein solches Alkoholverbot an keinem anderen Ort in der Stadt geplant sei.
Die Stadträte folgten der Argumentation der Sicherheitsbehörden. Der alte Spruch "Kein Bier vor vier" scheine ausgedient zu haben, scherzte Ulrich Blaschke, sicherheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Seine Fraktion sprach sich für die Ausweitung aus, Blaschke betonte jedoch auch, dass man trinkende Menschen als kranke Menschen sehen müsse, die unter Umständen im Überlebenskampf steckten. "Wir brauchen ein Konzept, wie wir mit dieser Personengruppe angemessen umgehen", mahnte er. Daran arbeite das Sozialreferat gerade, entgegnete Kurr.
Thomas Pirner, wirtschaftspolitischer Sprecher der CSU, erhofft sich eine deutliche Verbesserung der Sicherheitslage durch das ausgeweitete Alkoholverbot. Britta Walthelm, Vize-Chefin der grünen Fraktion, sieht das Verbot zwar kritisch und war unglücklich darüber, dass der Beschluss über die Ausweitung ansteht, bevor ein Konzept zum Umgang mit der Trinkerszene vorliegt, stimmte dann aber auch für die 24-Stunden-Lösung.
Rund-um-die-Uhr-Verbot
Ordnungsamtschefin Kurr und Polizei hatten seit längerem für eine zeitliche Ausdehnung des Alkoholverbots plädiert. Doch bislang waren der Verwaltung die Hände gebunden, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen lediglich ein Alkoholverbot zwischen 22 und sechs Uhr morgens vorgesehen hatten. Doch mit der Neufassung des Polizeiaufgabengesetzes ist ein Rund-um-die-Uhr-Verbot möglich.
Das Verbot betrifft Königstorpassage, Bahnhofsplatz, Zentralen Omnibusbahnhof und den Frauentorgraben zwischen Sterntor und Königstor. Neu kommen jetzt explizit auch noch die Eingänge am Hauptbahnhof dazu, die eigentlich in die Zuständigkeit der Deutschen Bahn fallen. Im Bahnhof selbst gilt bislang nur am Wochenende ein Alkoholverbot. Doch laut Kurr will die Bahn mit einem Rund-um-die Uhr-Verbot nachziehen.
Das bislang rund um den Bahnhof geltende nächtliche Alkoholverbot trat 2017 in Kraft. Zwischen April 2017 und Juni 2018 wurden rund 1500 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, für die 585 Menschen verantwortlich waren. Das heißt, dass es sich häufig um Mehrfachtäter handelt.
Das letzte Wort hat der Gesamtstadtrat in seiner Sitzung im Oktober. Seine Zustimmung gilt als reine Formsache. Läuft alles wie geplant, tritt das Verbot bereits am 1. November 2018 in Kraft. Es ist zunächst auf vier Jahre befristet. Dann muss die Stadt prüfen, ob es noch nötig ist.
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