Star-Friseur Marcel Schneider: So liefen die solidarischen Haarschnitte

Anette Röckl

NN-Redaktion Gesellschaft

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30.6.2020, 21:08 Uhr

Von acht Uhr bis in den Nachmittag hatte er seinen Salon in Altenfurt dafür. Und viele nahmen das Angebot dankend an: 20 Kunden kamen zu ihm und seinem fünfköpfigen Team, darunter die klassische Sängerin Andrea Wurzer, Tenor Alexander Herzog, Pianistin Anna Bálint und Schauspielerin und ACT-Center-Leiterin Luna Mittig. "Man hat gemerkt, wie gut es ihnen allen getan hat", freut sich Schneider.

Der augenzwinkernd um eine kleine Einlage als Gegenleistung gebeten hatte, was viele nur zu gerne in die Tat umsetzten: Sängerin Wurzer trällerte den alten Schlager "So ein Mann", von Chorleiterin Annedore Stein auf der Ukulele begleitet.

Herzog schmetterte ein Lied, zu dem Luna Mittag und Choreograf und Tänzer Sebastian Eilers von der Tanzzentrale Nürnberg eine spontane Tanzeinlage hinlegten. "Der Künstler lebt nicht vom Brot allein, sondern auch vom Applaus", sagt Schneider.

Ein paar Tränen sind geflossen

Neben den finanziellen Problemen, sei es auch das, was den Künstlern gerade fehle: auf der Bühne zu stehen. "Es gab auch ein paar Tränchen" sagt Schneider. Als Schamponeur kam Kabarettist Oliver Tissot vorbei, der den Kunden den Kopf wusch. "Er ist nicht nur ein Wortakrobat, sondern auch handwerklich begabt", lobte ihn der Friseurmeister.

Unter Tissots Händen war auch Jazzmusiker Thilo Wolf, der sich nicht nur verwöhnen lassen, sondern selbst 200 Euro spendete, die der Friseur an das Nürnberger Sozialmagazin "Straßenkreuzer", das Obdachlose unterstützt, weitergeben will. Eine "wahnsinnig tolle Geste", findet Schauspielerin Luna Mittag Schneiders Idee.

Sie freute sich nicht nur darüber, dass ihre Haare um einiges gekappt wurden ("Man fühlt sich wieder zivilisierter"), sondern auch, Künstlerkollegen zu treffen. "Man merkt, dass viele die gleichen Probleme haben." Sie selbst musste Grundsicherung beantragen, denn durch Corona ist der Großteil ihrer Aufträge weggebrochen. "Ein Friseurbesuch ist da nicht mehr drin."

"Wir wollen einfach nur wieder arbeiten"

Oft würden Künstler so dargestellt, als ob sie jammern, weil sie nichts auf der hohen Kante haben. "Wir wollen aber gar nicht jammern, wir wollen nur einfach wieder arbeiten", betont Mittig. Und auch wenn es nun Lockerung gibt, könne man nicht einfach loslegen: "Nur weil man wieder arbeite darf, heißt es nicht, dass man auch wieder arbeiten kann.". Denn Theaterproduktionen bedürfen eines Vorlaufs. Lange Zeit habe mannicht planen, proben, geschweige denn etwas bewerben können.

"Es ist nicht so,dass man jetzt mit den Finger schnippt und die Leute stehen sofort wieder vor der Theatertür", sagt die Act-Center-Leiterin. Sichtbar zu bleiben, nicht in Vergessenheit zu geraten, sei für Künstlern nun umso wichtiger.

Mit seiner Aktion hat Schneider dazu einen Beitrag geleistet. Und der Friseurmeister schmiedet schon neue Pläne. Wenn es wieder möglich ist, möchte er ein großes Konzert mit Künstlern für Künstler machen. "Alle, die heute da waren, haben schon zugesagt", freut er sich.

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