Stickoxid-Belastung: Nürnberger Initiative fordert Fahrverbote

17.2.2018, 10:57 Uhr
Gleich mehrere Aktivistengruppen fordern von der Stadt Nürnberg ein radikales Umdenken bei der Verkehrspolitik. Anlass sind die viel zu hohen Abgaswerte in der Luft - gerade an stark befahrenen Orten wie die Rothenburger Straße.

© Edgar Pfrogner Gleich mehrere Aktivistengruppen fordern von der Stadt Nürnberg ein radikales Umdenken bei der Verkehrspolitik. Anlass sind die viel zu hohen Abgaswerte in der Luft - gerade an stark befahrenen Orten wie die Rothenburger Straße.

An der Rothenburger Straße ist die Hölle los. Ein Auto nach dem anderen braust unter der Bahnbrücke hindurch, dazu noch jede Menge Lkws. Hinter dem Werbeplakat vor der Unterführung ist ein kleiner weißer Behälter befestigt. Darin sind Röhrchen enthalten, die Stickoxide auffangen. Vier Wochen lang wird gesammelt. Anschließend werden die Röhrchen in ein Labor in der Schweiz geschickt, untersucht und die Werte auf ein Jahresmittel hochgerechnet. An sechs Stellen in der Stadt haben der Verkehrsclub Deutschland (VCD), das Bündnis Radfairkehr und das Nürnberger Energiewendebündnis auf diese Art die Stickstoffbelastung in der Luft ermittelt. An der Rothenburger Straße kommt die Hochrechnung auf den höchsten Wert: 61 Mikrogramm pro Kubikmeter. Innerhalb der EU gelten 40 Mikrogramm als Obergrenze.

Weniger Parkflächen

Solche Röhrchen, in diesem Falle hinter einem Plakat an der Rothenburger Straße, fangen die Stickoxide auf. Zu viel, wie eine Initiative meint und Fahrverbote fordert.

Solche Röhrchen, in diesem Falle hinter einem Plakat an der Rothenburger Straße, fangen die Stickoxide auf. Zu viel, wie eine Initiative meint und Fahrverbote fordert. © Foto: Günter Distler

Die Messstelle an der Rothenburger Straße ist aber nicht die einzige, an der der Grenzwert überschritten wird. Am Dianaplatz wurde ein Wert von 55 Mikrogramm pro Kubikmeter ermittelt, an der Von-der-Tann-Straße sind es 43 Mikrogramm. Die Messungen an der Steinbühler Straße, der Bucher Straße und an der Gleißbühlstraße erreichen die Obergrenze von 40 Mikrogramm zwar nicht, bleiben aber auch nur knapp darunter. Die Initiative will noch weiter messen. Die Stickstoffbelastung soll künftig außerdem noch unter anderem an der Fürther Straße/Maximilianstraße, der Plärrerinsel und der Wölckernstraße/Pillenreuther Straße gemessen werden.

Für den VCD, das Bündnis Radfairkehr und das Nürnberger Energiewendebündnis ist die Sache klar: Es muss etwas passieren. "Es gibt kein Grundrecht auf automobile Fortbewegung, wohl aber ein Recht auf gesunde Luft zum Atmen", sagt Bernd Sluka vom VCD. Der Verkehrsclub hat deshalb zehn Forderungen an die Stadtpolitik formuliert. An erster Stelle: Der Frankenschnellweg darf nicht weiter ausgebaut werden, schließlich bringt er noch mehr Autos in die Stadt. Günstigere Tarife und eine bessere Taktung sollen zudem mehr Menschen Lust darauf machen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen - etwa das Fahrrad.

"Nürnberg hat nichts unternommen"

Der Radverkehrsetat der Stadt müsse dazu von rund 1,2 Millionen Euro im Jahr auf mindestens sieben Millionen erhöht werden, so das Bündnis. Damit Autofahren weniger Spaß macht, sollen zudem die Parkflächen verringert werden. Die Initiative ist sich einig: Die Stadt hat bislang zu wenig getan. "Nürnberg hatte seit 2010 Zeit, hat aber nichts unternommen", sagt Peter Mühlenbrock vom Bündnis Radfairkehr.

Kurzfristig - so der Vorschlag des VCD - könnten aber vor allem Fahrverbote, Umweltzonen, Geschwindigkeitsreduzierungen und Durchfahrtsverbote auf bestimmten Strecken zu einer Verbesserung der Luft führen. Darauf sei die Stadt jedoch gar nicht vorbereitet, so Berthold Söder vom VCD. "Ein Konzept zur Aufrechterhaltung der Mobilität bei Fahrverboten ist nicht erkennbar", sagt er. So müssten an Tagen mit besonders schlechter Luft etwa die Fahrten des ÖPNV ausgeweitet werden.

Pluschke will Blaue Plakette

Die Messergebnisse und die Forderungen der Initiative klingen nach einem regelrechten Brandbrief an die Stadtverwaltung. Umweltreferent Peter Pluschke meint jedoch, dass man die von der Initiative vorgelegten Messwerte kritisch betrachten muss. "Die Messungen ersetzen nicht das amtliche Messverfahren", sagt er auf Anfrage der Redaktion. Bei den von der Initiative verwendeten Passivsammlern komme es schließlich extrem darauf an, wo genau diese hängen. Die Stadt nutzt für ihr Luftgüteüberwachungssystem ein anderes Messverfahren. Freilich, einen Hinweis auf die Schadstoffbelastung in der Luft in Nürnberg können die Messungen geben. "Aber auch wir haben immer darauf hingewiesen, dass unsere Messungen - etwa an der von-der-Tann-Straße - lediglich als Indikator gelten können", so Umweltreferent Pluschke.

Was die Diskussion um Fahrverbote oder Umweltzonen in Nürnberg betrifft, sagt der Umweltreferent: "Ich habe mich immer für einen Verzicht auf eine Umweltzone eingesetzt." Der Grund: Weil der Gesetzgeber für die Einrichtung einer solchen Zone eine erhöhte Feinstaub-Belastung verlangt, diese Werte in Nürnberg aber noch nie den Grenzwert überschritten haben, hätte eine dahingehende Entscheidung vor Gericht wohl keinen Bestand. Was er sich stattdessen wünscht: eine Blaue Plakette. Damit könnten Autos, die besonders viel Stickoxid ausstoßen, aus der Stadt verbannt werden. Pluschkes Wunsch an den Gesetzgeber: "Schafft uns eine Blaue Plakette und dann machen wir das auch."

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