"Szene wandelt sich": Nürnbergs einzige Bio-Bäckerei kämpft

10.11.2019, 05:58 Uhr

© Foto: Roland Fengler

Sie ist die einzige Biobäckerei in Nürnberg und noch dazu eine mit 100-jähriger Geschichte, freilich erst seit den 1980ern mit zusehends ökologischer Ausrichtung: die Bäckerei Imhof. Im Februar übernimmt Simone Imhof den Familienbetrieb in vierter Generation von ihren Eltern Herbert und Helga. Die promovierte 39Jährige ist Quereinsteigerin aus Liebe zu Bio, wie sie sagt, und hat erst 2017 ihre Bäckerlehre abgeschlossen. "Den klassischen, zu 1000 Prozent überzeugten Biokunden, der mit seinen Wollsocken auch so aussieht, gibt es kaum mehr", sagt sie. Etliche wählten heute eine Mischversorgung mit konventionellen Produkten.

Um elf Uhr laufen derweil in der Backstube schon die Abschlussarbeiten vor dem näher rückenden Feierabend: Nussecken und Plätzchen müssen noch schnell in den Ofen, Hörnchen in Schokolade getunkt und für die Lebkuchenproduktion geröstete Haselnüsse umgefüllt werden. Der Geschirrspüler läuft, es wird geputzt. Bäckergesellen, -meister und -auszubildende wirbeln durch den Raum. "Der Beruf ist schon auch stressig, jetzt um die Zeit weniger", sagt Simone Imhof. "Da ist es wichtig, dass das Team gut funktioniert."

Lebenslanges Lernen

Und das tue es, aufgrund vieler erfahrener Mitarbeiter und nicht zuletzt auch wegen ihres Pädagogikstudiums, in dem sie sich auf Erwachsenen- und Weiterbildung spezialisiert und in dem Bereich später promoviert hat, sagt Imhof und erklärt: "Ich schicke alle Bäcker auf Weiterbildungen, damit sie sehen, wie es andere machen. Man kann immer noch etwas lernen, man muss sich nur trauen, Fragen zu stellen."

Diese stellt sich die zweifache Mutter auch zur Zukunft ihres Berufsstandes: "Derzeit gibt es noch 40 backende Betriebe in Nürnberg, früher waren es mal 500. Uns trifft das nicht. Aber ich glaube, dass die Bäcker weiter gut dastehen werden, wenn sie Qualität bieten. Man muss jedoch den Unterschied schmecken." Das lasse sich etwa durch die Verwendung von Vorteigen erreichen, die viel Zeit brauchen – anstatt wie in der Industrie auf Triebmittel zu setzen. So manche Mutter danke es ihr, weil Kinder dann oft weniger Bauchweh hätten, berichtet Imhof.

Ins Ladengeschäft, das zu zirka 40 Prozent des Umsatzes beiträgt, käme eine bunte Mischung aus Studenten, Radl- wie Laufkunden sowie Bioanhängern aus der ganzen Stadt, die ihren Wocheneinkauf bei Imhof machten. "Die Szene hat sich stark gewandelt", berichtet die Bäckerin. "Die Urmütter und -väter in den 70ern und 80ern mussten sich oft Belächeln lassen. Inzwischen gibt es einen großen Zuspruch von Menschen, die nicht so aussehen, aber den Gedanken leben. Das sind auch nicht alles Akademiker und Grünen-Wähler."

Die restlichen 60 Prozent des Umsatzes kommen durch die Belieferung von Kindergärten, Schulen, Cafés, Bio-Cateringbetrieben und -Läden zustande. In der Bäckerei wechseln viele Kunden ein paar persönliche Worte mit den Inhabern und den teils langjährigen Mitarbeitern; eine Fachverkäuferin steht zum Beispiel schon seit 27 Jahren hinter der Theke. Neu im 24-köpfigen Team ist dagegen ein Auszubildender im Verkauf, während in der Backstube Delia Perel ihre Lehre macht. "Dieses Jahr ist das Geschlechterverhältnis umgekehrt", resümiert Imhof. "Generell wächst das Interesse von Frauen – nicht nur am Konditoren-, sondern auch am Bäckerberuf, weil die Arbeit heute dank Maschinen nicht mehr so schwer wie früher ist."

Regional und saisonal

Das Schöne an ihrer Arbeit sei, jeden Tag unmittelbar zu sehen, was man geschaffen hat. "Und das man es auch Riechen und Fühlen kann", berichtet Imhof. Desinteresse an ihrem Beruf und dem Handwerk im Allgemeinen sieht sie nicht, eher fehlendes Wissen und eine verkehrte politische Steuerung. Deshalb ist es der zweifachen Mutter auch sehr wichtig, Menschen und insbesondere Schüler hinter die Kulissen blicken zu lassen, etwa bei Praktika und Führungen. Dann erklärt die 39-Jährige auch gerne die Firmenphilosophie, möglichst auf regionale und saisonale Zutaten zu setzen, Trends, wie die Verwendung von Chia-Samen, die von weit her importiert werden müssen, nicht mitzugehen und nichts wegzuwerfen. So gibt es einerseits bewusst kein volles Sortiment bis 18 Uhr, andererseits werden Backwaren vom Vortag beispielsweise zu Semmelbröseln, an Kindergärten und die Wärmestube und schließlich an Bauern als Schweinefutter abgegeben.

Künftig will die Bäckerei verstärkt auf Energieeffizienz setzen und den begonnenen Austausch von Maschinen, wie des Ofens, fortsetzen, skizziert Imhof. Darüber hinaus soll der 2011 eröffnete Cafébereich und der Verkauf von gesunden Snacks zum Mittagessen gestärkt werden.

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