Tod von Sophia L. instrumentalisiert: Bruder zeigt AfD an

18.10.2018, 20:07 Uhr

Bei einer Kundgebung hatten Demonstranten während eines Trauermarsches in Chemnitz am 1. September neben Fotos von anderen Kriminalitätsopfern auch eines von der getöteten Tramperin aus Amberg gezeigt. Nun sollen sich die Veranstalter des Marsches vor Gericht verantworten, findet Andreas L., der Bruder der Getöteten. Im Juni ist Sophia L. mutmaßlich von einem marrokanischen Lkw-Fahrer ermordet worden. Wie die überregionale Tageszeitung taz berichtet, hat der Politiker gegen die AfD Chemnitz, gegen Björn Höcke als Mitveranstalter der Aktion und gegen Unbekannt nun Anzeige erstattet.

Die Straftat, die er dieser Gruppe vorwerfe, sei zum einen, dass sie gegen alle Rechte nach dem Tod die Opfer noch öffentlich gezeigt hätten. Der für ihn jedoch wesentlich wichtigere Grund für die Anzeige sei jedoch, dass das Foto in einem völlig falschen Kontext eingesetzt wurde. "Der Kontext ist Katastophe", sagt er im taz-Interview. "Ihr Bild wird für etwas verwendet, was ihrer Haltung zu Hundert Prozent entgegensteht."

"Man tut ihr damit ja wieder Gewalt an"

Auch bei der Pegida-Demo am 3. September in Dresden hatten die Demonstranten das Foto des Opfers gezeigt. Zudem hätten Höcke und Lutz Bachmann, ebenso Mitveranstalter des Trauermarsches, das Bild häufig in sozialen Medien gepostet. Andreas L. zeigt sich fassungslos. "Sophia ist nicht das Opfer eines Flüchtlings oder eines Einwanderers. Das war kein Migrant, er war auf dem Weg nach Hause, nach Marokko. Da hätte Merkel 2016 machen können, was sie will, der wäre so oder so gefahren", so der Lokalpolitiker.

Bereits kurz nach dem Tod der 28-Jährigen wurde in den sozialen Netzwerken eine regelrechte Diskussion um Hetze losgetreten. Andreas L. erhielt zahlreiche E-Mails von Fake-Accounts mit teilweise wüsten Beschimpfungen. "Die haben keinen Respekt vor dem Opfer und keinen Respekt vor der Wahrheit. Sie lügen, sie missbrauchen einen Fall, verdrehen ihn inhaltlich ins komplette Gegenteil." Nun möchte er für die Rechte seiner Schwester eintreten. "Sie hätte auf keinen Fall gewollt, dass sie von irgendwelchen Rechten durch den Dreck gezogen wird. Man tut ihr damit ja wieder Gewalt an."

Die Sophia L. wollte am 21. Juni per Anhalter von Leipzig in Richtung Nürnberg trampen. Doch das Ziel, ihr Elternhaus in Amberg, erreichte die Studentin nie. 

An der Tankstelle in Schkeuditz bei Leipzig war sie in einen Lastwagen eines 41-jährigen Fernfahrers gestiegen. Freunde und Familie teilten bereits wenige Stunden nach Sophia L.s Verschwinden Fotos der damals Vermissten. Etwa eine Woche später wurde die Leiche der jungen Frau an einem Rasthof im Norden Spaniens gefunden. Wenig später konnten spanische Beamte den Lkw-Fahrer festnehmen.


Der Fall Sophia - eine Chronologie der Ereignisse:

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