Trotz Wohnungsbau: Entspannung des Immobilienmarkts nicht in Sicht

Julia Vogl

Lokalredaktion

27.11.2019, 20:11 Uhr
Ein Blick auf das Gebiet um den Wöhrder See. Wohnhäuser sieht man viele - doch das Angebot an Wohnraum reicht noch immer nicht aus.

© Oliver Acker; www.digitale-luftb Ein Blick auf das Gebiet um den Wöhrder See. Wohnhäuser sieht man viele - doch das Angebot an Wohnraum reicht noch immer nicht aus.

535.746 Menschen lebten im vergangenen Jahr in 284.640 Haushalten in der Stadt – das sind rund 3500 Menschen und mehr als 2000 Haushalte mehr als noch ein Jahr zuvor. Nur: Irgendwo müssen all diese Menschen leben. 299.803 Wohnungen gab es 2018 in der Stadt, 1149 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr fertiggestellt. Und es kommen noch weitere dazu. "2018 wurden wieder mehr Bauprojekte begonnen", so Wirtschaftsreferent Michael Fraas bei der Vorstellung des Wohnungsberichts. Was Fraas besonders freut: Gerade der geförderte Wohnungsbau kommt voran. Der Stab Wohnen im Wirtschaftsreferat der Stadt hat im vergangenen Jahr knapp 72 Millionen Euro für den geförderten Wohnungsbau aus Programmen des Freistaats und der Stadt eingesetzt – das sind mehr als 20 Millionen mehr als im Jahr 2017.


Kampf gegen Airbnb: 600 Wohnungen zweckentfremdet


Gefördert wurden damit 621 Wohnungen, etwas weniger als im Vorjahr (639). Der Grund: gestiegene Baupreise. Die Bauwirtschaft profitiert derzeit gewaltig von der Wohnungsbauförderung. Das Auftragsvolumen im vergangenen Jahr betrug rund 117,2 Millionen Euro. Geförderte Wohnungen dürfe man dabei keinesfalls mit Sozialwohnungen gleichsetzen, so der Wirtschaftsreferent. "Das sind hochwertige Wohnungen", sagt er, "und die Förderung geht bis weit in die Mittelschicht hinein."

Zahl der Sozialwohnungen viel zu gering

So werden etwa Singles mit einem Einkommen von bis zu 33.200 Euro brutto im Jahr gefördert, ebenso vierköpfige Familien mit einem Einkommen von bis zu 81.700 Euro brutto im Jahr. Zulagen gibt es außerdem für eine ökologische Bauweise oder Kinder. "Das ist oft das i-Tüpfelchen, um bei der Bank ausreichend Eigenkapital für einen Kredit nachweisen zu können", sagt Fraas und verweist auf das städtische Eigentumsprogramm "100 Häuser für 100 Familien", mit dem im vergangenen Jahr 71 Objekte gefördert wurden.

Die Stadt, so Fraas, wolle junge Familien gern in der Stadt halten. Zögen sie auf das Land, dann kämen sie als Pendler wieder – mit entsprechenden Herausforderungen für den Verkehr. Bei den belegungsgebundenen Wohnungen ("Sozialwohnungen") hat es im vergangenen Jahr einen Anstieg gegeben. Deren Zahl ist von 18.030 auf 18.196 gestiegen. Zum Vergleich: In den 80er Jahren gab es mehr als 65.000 solcher Wohnungen in der Stadt. Bis zum Jahr 2015 nahm die Zahl auf 17.898 ab. Seitdem ist eine kleine Trendwende sichtbar. Und dennoch: Die Wohnungen reichen nicht aus. Die Zahl der als wohnungssuchend gemeldeten Haushalte lag im vergangenen Jahr bei 8181 – dem gegenüber stehen 1086 Vermittlungen.

"Wir wollen nicht alles zubauen"

Wie aber will die Stadt für mehr Wohnraum sorgen? Dafür gibt es ein ganzes Maßnahmenpaket. Fraas nennt etwa die konsequente Anwendung der Quotenregelung für anteilig geförderten Wohnungsbau. Ebenfalls für Entlastung sorgen soll das "Sonderprogramm Wohnen". Auf zehn Flächen der Stadt und einer Fläche des Freistaats entstehen bis zum Jahr 2021 rund 1600 Wohnungen – darunter 850 im geförderten Wohnungsbau. Außerdem will die Stadt Baurecht in Verbindung mit städtebaulichen Verträgen schaffen. 4020 Wohnungen (darunter 1210 geförderte) sollen so bis 2022 entstehen. Auf dem ehemaligen Auto-Krauss-Areal etwa, an der Avenariusstraße im Stadtteil Maxfeld, an der Brunecker Straße oder an der Ostendstraße.

Neue Baugebiete sollen ebenfalls für Entlastung sorgen. Ab 2021 soll mit der Vermarktung von Grundstücken in Wetzendorf, an der Bielefelder Straße im Nordwesten der Stadt und im Gebiet Tiefes Feld begonnen werden. Das Ziel: 2700 Wohneinheiten. Eines aber kann die Stadt trotz aller Bemühungen nicht: Bauplätze aus dem Hut zaubern. "Wir wollen Potenziale nutzen, aber nicht alles zubauen", sagt Fraas. Eine Stadt brauche auch Grünflächen, außerdem habe auch die Landwirtschaft einen Bedarf an Fläche, so könne etwa im Knoblauchsland nicht einfach ein neues Baugebiet ausgewiesen werden. "Wir sind eine attraktive Stadt", so Wirtschaftsreferent Michael Fraas, "aber die Ressource Boden ist begrenzt."

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