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Türkei verpasst um Haaresbreite EM-Halbfinale: Fans in Nürnberg feiern - vereinzelt mit Wolfsgruß

Stefan Zeitler

Online-Redaktion

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7.7.2024, 09:02 Uhr
Nach dem Spiel feierten Hunderte Fans auch in Nürnberg das türkische Nationalteam - vereinzelt mit dem Wolfsgruß.

© vifogra Nach dem Spiel feierten Hunderte Fans auch in Nürnberg das türkische Nationalteam - vereinzelt mit dem Wolfsgruß.

Es war ein Turnier der Superlative für die Türkei. Teilweise atemberaubender Fußball, gleich mehrere Traumtore und dazu auch noch: Packender Fight um das Halbfinale bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland.

Auch gegen die leicht favorisierten Niederländer geht die Elf von Nationaltrainer Vincenzo Montella in Führung, am Ende bringt das Team diesen Vorsprung aber nicht mehr ins Ziel. 1:2 heißt es am Ende im Berliner Final-Stadion. Mehr als unglücklich verliert man auch noch durch ein Eigentor.

Trotzdem aber erhält die türkische Mannschaft Lob ohne Ende – und das von allen Seiten. In der Kabine gab es dann hohen Besuch.

Kommentatoren-Legende Wolff-Christoph Fuss macht direkt nach Schlusspfiff deutlich, dass die Mannschaft „hier nicht zur Hintertür gehen müsse. Man geht erhobenen Hauptes durch die Vordertüre hier raus“. Für Tränen, die direkt nach Schlusspfiff bei den Spielern liefen, „gibt es eigentlich keinen Grund“.

So habe Roma-Legende und Nationaltrainer Montella hier etwas mit der Mannschaft bewegt, was „weit über ein sportliches Abschneiden bei diesem Turnier“ zu bewerten sei.

Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan machte sich laut Medienberichten auf den Weg in die Katakomben. „Ich gratuliere euch allen. Auch wenn wir heute hier dieses Ergebnis erzielt haben, seid ihr unsere Champions“, soll der 70-Jährige, der für die Partie kurzfristig nach Berlin gereist war, dabei den Spielern gesagt haben.

Auch in Nürnberg feierten Hunderte Anhängerinnen und Anhänger nach Schlusspfiff noch einmal ihre Mannschaft. Wie auf Aufnahmen der Agentur „Vifogra“ zu sehen ist, zeigen Fans auch vereinzelt hierbei den Wolfsgruß.

Dieser drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Präsident Erdogan ist.

Für diese Geste beim Jubel wurde Türkei-Star Demiral auch von der Uefa für zwei Spiele gesperrt. Der Profi verpasste dadurch auch die Partie in Berlin. Vor dem Spiel darauf angesprochen, äußerte sich auch Hamit Altintop. Der Ex-Bayern-Star ist mittlerweile beim türkischen Verband angestellt.

Autos mit Fahnen zogen durch Nürnberg.

Autos mit Fahnen zogen durch Nürnberg. © vifogra

Es sei „unfair“ gewesen, Demiral dafür zu sperren, „weil man die Geschichte und die Kultur der Türkei nicht kennt“. Es gebe hier aus seiner Sicht „eine Falschinformation der Presse“, wo Politiker dieses Thema „bewusst auf sich ziehen“ und „ausnutzen“. Es wäre sinnvoll, hier einen Historiker hinzuziehen, „weil die Türkei mehr als 5000 Jahre alt ist“. Für Altintop sei aus der Sache dann „eine riesen Blase“ daraus gemacht worden, erklärte der mittlerweile 41-Jährige im Interview gegenüber „Magenta TV“.

Moderatorin Laura Wontorra hält im Anschluss dagegen, dass sich der Spieler zumindest darüber im Klaren sein müsse, dass diese Geste „auf so einer großen internationalen Bühne wie einer Fußball-Europameisterschaft“ auch eine Auswirkung habe.

Zur Wahrheit gehört hier auch: In Berlin wurde ein Fanmarsch von der Polizei am Ende abgebrochen, weil Anhängerinnen und Anhänger wiederholt der Bitte nicht nachgekommen waren, eine „Fortsetzung politischer Botschaften“ zu unterlassen.

Dass das sportliche Interesse in Nürnberg immens war, zeigt auch die Tatsache, dass gleich mehrere Restaurants und Einrichtungen restlos zum Spiel ausgebucht waren.

Zumindest was den sportlichen Teil angeht, ist die Türkei nach diesem Turnier über jeden Zweifel erhaben. Deshalb durfte sich das Team wohl auch völlig zurecht – nicht nur in Nürnberg – noch einmal richtig feiern lassen. Die EM 2032 richten dann übrigens Italien und die Türkei aus. Im eigenen Land gepushed, will das Team dann mit Sicherheit noch ein Stück weiter kommen, als es bei diesem Turnier der Fall gewesen ist.

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