Umfangreiche Baumaßnahmen: Das soll sich in der Lorenzkirche ändern
19.12.2020, 05:50 Uhr"Mittendrin im Zentrum der Stadt empfängt St. Lorenz die Gäste", sagt Pfarrerin Claudia Voigt-Grabenstein, "sie heißt sie willkommen und geleitet sie zur Stille." Bis zu 750.000 Gläubige, Touristen, Passanten sehen sich pro Jahr in dem mittelalterlichen Raum um, bewundern den Englischen Gruß von Veit Stoß oder das 20 Meter hohe Sakramentshäuschen von Adam Kraft und genießen die Ruhe.
"In einer Zeit, in der viele Menschen mit der Kirche nichts mehr anfangen können, machen wir St. Lorenz für die Zukunft bereit", erklärt die Geistliche. Da gibt es viel zu tun, auch ganz Profanes. So muss der Brandschutz und die Mesnerstube erneuert und verbessert werden. Gerade das verheerende Feuer in Notre Dame von Paris und in Nürnbergs St. Martha machen die Dringlichkeit eines größtmöglichen Brandschutzes deutlich.
Weiterhin sollen ehrenamtliche Kirchenführer(innen) eine Möglichkeit bekommen, sich bei einer Tasse Tee aufzuwärmen. Man braucht außerdem Lagerräume für Lichtstrahler, 200 Stühle, Lesepulte, große Teppiche und anderes, was derzeit verstreut in St. Lorenz untergebracht ist. Und schließlich will man den Verkaufsstand angemessen gestalten, der zur Finanzierung des Unterhalts viel beiträgt.
Windfang gegen Schmutz und Staub
Damit man das Westportal später einmal öffnen kann, muss ein Windfang eingebaut werden. Schließlich sollen die Temperaturen im Inneren konstant bleiben und möglichst wenig Schmutz und Straßenstaub hereingekommen. Doch mit einem schlichten Glaskasten, wie man ihn in vielen Kirchen sieht, soll es nicht getan sein.
"Die Lorenzkirche ist eine der bedeutendsten Kirchen Deutschlands, hier werden die Bischöfe der evangelischen Landeskirche in ihr Amt eingeführt, hier erklingen seit 1951 Konzerte zur Internationalen Orgelwoche", hebt Kirchenbaudirektor Harald Hein von der evangelischen Landeskirche den besonderen Rang des Gotteshauses hervor, "es ist das Flagschiff." Mit der Einzigartigkeit begründet Hein auch die Bereitschaft der Landeskirche, 3,75 Millionen Euro von geschätzten sechs Millionen Euro Gesamtkosten beizusteuern.
Das Architektenbüro Brückner & Brückner aus Würzburg hat einen Entwurf geliefert. Es setzt auf einen U-förmigen Einbau an der Westseite, der sich über drei Etagen erstreckt. Dabei ist alles auf "Reversibilität" angelegt, das heißt: Sämtliche Einbauten müssen ohne Verlust der historischen Bausubstanz wieder rückgängig gemacht werden können. "Der Einbau ist wie ein Tisch", erklärt Christian Brückner, "wir gehen ganz vorsichtig mit dem Bestand um, wir verankern nichts in dem Sandstein. Die hochgotische Basilika hat sich über die Jahrhunderte immer wieder weiterentwickelt und verändert."
"Eingriffe minimal invasiv"
Der Windfang aus schmalen Bronzestäben und Glas soll sich harmonisch in den Kirchenraum einfügen. Es ist eine Konstruktion, die ausschließlich auf St. Lorenz zugeschnitten ist, sie soll dem Charakter der Gotteshauses entsprechen. Auch Helmut Braun von der evangelischen Landeskirche unterstreicht, dass die "Eingriffe minimal invasiv" sein sollen: "Das Aufräumen macht den sakralen Raum freier und weiter."
Das Vorhaben, das sich noch in der Planungsphase befindet und für das noch kein Bautrag gestellt ist, stößt nicht überall auf Zustimmung. Ein versierter Baufachmann, der namentlich nicht genannt werden möchte, lehnt den Einbau rundweg ab: "Es ist eine riesige Geste für nichts." Lagerräume und eine Teestube für Kirchenführer würden einen derart massiven Eingriff nicht rechtfertigen. Der Experte sieht unter anderem den Einbau eines Aufzugs sowie einen Durchbruch in die nördliche Turmwand als Fluchtweg kritisch. Die Lorenzkirche sei ein nationales Denkmal, dessen Bausubstanz angegriffen werde. Er glaubt nicht, dass man die Um- und Einbauten reversibel hinbekommt.
"Denkmalpflege nicht wirklich begeistert"
Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich sieht es weniger kritisch: "Ja, man kann vom Prinzip durchaus mitgehen. Aber man muss keinen Hehl daraus machen, dass die Denkmalpflege nicht wirklich begeistert ist." Für ihn ist entscheidend, dass die Maßnahmen total reversibel sind und dass Statik und Kunstschätze im Kirchenraum keinen Schaden nehmen. Man werde jedes Detail im Genehmigungsverfahren prüfen. Dabei komme es auch darauf an, wie sich das Kleinklima im Innenraum entwickelt.
Ulrich betont, dass St. Lorenz nicht allein der Kirchengemeinde gehört. Es sei ein Stück Stadtgeschichte, daher müsse man die Stadtgesellschaft in die Diskussion einbeziehen. Wie viel Veränderung und Modernität verträgt St. Lorenz, das sei die spannende Frage.
Kirche ab 7. Januar geschlossen
Unabhängig von den angedachten baulichen Änderungen läuft die Sanierung im Langschiff. So wird man demnächst zwei parallel laufende Baustellen in dem Gotteshaus haben. Um dies regeln zu können, ist St. Lorenz ab 7. Januar vorerst bis Ende März für die Öffentlichkeit geschlossen. Doch es kann auch länger dauern. Darüber müssen die Verantwortlichen von St. Lorenz entscheiden.
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