Veterinäramt holt Wüstenluchs aus Mietwohnung
20.1.2021, 12:00 UhrEine anonyme Mail ans Veterinäramt Weiden alarmierte die Behörde. "Dort stand: In einem Wohngebiet mitten in Weiden hält eine Frau einen Wüstenluchs", berichtet Veterinärin Barbara Bäumler. Sie bat den Tiergarten Nürnberg gleich um Amtshilfe — und der stellvertretende Direktor Jörg Beckmann sagte sofort zu, das Wildtier für eine Weile aufzunehmen.
Wildtier in der Küche
Mit einer Kollegin und der Polizei fuhr Bäumler dann zur Mietwohnung. "Und in der Küche saß der Philipp, hat sein Maul aufgerissen und gefaucht." Das Tier habe die Menschen zwar nicht angegriffen, aber dennoch gezeigt, dass es sich in der Situation nicht besonders wohl fühlt. "Das war schon ein spannender Einsatz", sagt Bäumler.
Der Karakal, wegen seiner pinselartigen Ohren auch Wüstenluchs genannt, ist eine Raubkatze — und das wurde bei dem ungewöhnlichen Einsatz schnell klar. "Philipp" ließ sich nicht mit Futter in eine Transportbox locken. Man besorgte sich schließlich Narkosemittel, die Kollegin von Bäumler betäubte das Tier mit einem Pfeil aus einem Blasrohr.
Keiner Schuld bewusst
Die Mieterin habe sich überrascht gezeigt, dass sie einen Wüstenluchs nicht einfach so halten darf. "Sie war sich keiner Schuld bewusst, hat sich aber bei der Wegnahme kooperativ und sehr hilfsbereit verhalten." Für die Polizei hat sich die Einsatz doppelt gelohnt: Zufälligerweise hielt sich bei der 44-Jährigen Mieterin noch ein per Haftbefehl gesuchter Mann auf, den die Beamten festnahmen.
Wüstenluchs "Philipp" stammt wohl von einem Privatzüchter aus Tschechien — was die Frau mit dem Wildtier dauerhaft vorhatte, war nicht ganz klar. Sie muss nun mit einer Anzeige, unter anderem wegen des Verstoßes gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen und Gefährdung der Bevölkerung, rechnen. In der Küche stand eine Hundehütte, eine Kuschelecke und ein Katzenklo für "Philipp". Wüstenluchse mögen es warm, die Wohnung war ordentlich geheizt — doch eine passende Umgebung für ein Wildtier ist eine Wohnung natürlich nicht.
Die Tierrechtsorganisation PETA kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Privathaltung von Wildtieren in Deutschland nicht einheitlich verboten ist. PETA setzt sich für schärfere Gesetze ein, die den Handel und die Privathaltung exotischer Tiere verbieten.
Der Wüstenluchs sei überwiegend ein Einzelgänger, sagt Jörg Beckmann, der stellvertretende Tiergartenleiter. "Diese Tiere können sehr gut klettern und springen und sind beeindruckende Jäger." Eine beheizte Unterkunft sowie eine Außenanlage seien für das Tier unerlässlich.
Der Tiergarten hat "Philipp" in der Quarantänestation auf Gut Mittelbüg bei Schwaig untergebracht - die Raubkatze soll nun mit Unterstützung des Europäischen Zooverbands an einen anderen Zoo weiter vermittelt werden. Jörg Beckmann betont: "Das ist im Rahmen der Amtshilfe passiert."