Vor Winter: Nürnberg richtet Notschlafstelle für Obdachlose ein
17.12.2019, 06:00 UhrDie Notschlafstelle an der Hessestraße war nötig geworden, weil das Sozialamt die ehemalige Gaststätte Tucher-Bräu am Opernhaus nicht mehr nutzen kann. Die Stadt will das Gebäude sanieren und wieder ein Restaurant eröffnen. "Derzeit übernachten an der Hessestraße pro Nacht 15 bis 20 Menschen", sagte Maly im Sozialausschuss. Insgesamt gebe es 30 Plätze, die im Winter auch dringend benötigt würden.
Vermieter winken ab
Keinen Durchbruch kann er beim Thema zweite Wärmestube vermelden. "Die Suche läuft auf Hochtouren, aber wir haben noch kein Objekt gefunden." Potenzielle Vermieter winkten regelmäßig ab, wenn sie erfahren, um welche Art von Einrichtung es geht. Auch das Sör-Depot neben der bestehenden Wärmestube an der Köhnstraße ist im Gespräch.
Dafür würde sprechen, dass so Synergieeffekte entstehen könnten; dagegen spräche, dass durch eine Erweiterung an dieser Stelle keine "Entzerrung der Szene" eintreten würde. Die Verwaltung, sagte Maly, sehe sich deshalb weiter um.
Wie berichtet, hat die Wärmestube ihren Zugang für Bedürftige begrenzen müssen und im Herbst einen Zwei-Schicht-Betrieb eingeführt. Jeweils 70 Personen dürfen vormittags und nachmittags in die Räume. "Die Besucher haben das geräuschlos und schnell angenommen", berichtete Maly.
Allgemein sieht der Sozialamtschef Nürnberg bei der Obdach- und Wohnungslosenhilfe gut aufgestellt. Die Zahl der Räumungsklagen und Zwangsräumungen ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, ebenso musste die Stadt weniger Mietrückstände begleichen. Dies stehe im Widerspruch zu den kontinuierlich gestiegenen Obdachlosenzahlen, sagte Maly. Die Wohnungsverluste fänden "geräuschloser" statt und böten so keinen Ansatzpunkt für präventives Handeln.
Waren es im Jahr 2014 noch 1550 obdachlose Personen, so hat die Fachstelle für 2019 bereits 2300 Menschen als obdachlos registriert. Ein Grund sei der Wohnungsmarkt: Die Stadt wächst und braucht mehr Wohnraum, gleichzeitig nimmt die Zahl der preiswerten Wohnungen auf dem Markt ab.
Er bekomme, erzählt Bürgermeister Vogel, seit zehn Tagen täglich eine E-Mail von einer Bürgerin, die ihm vorwirft, nichts gegen Obdachlosigkeit zu tun. "Aber wir machen was. Die Menschen müssen die
Hilfe jedoch auch annehmen." Eine "Zwangseinweisung", wie die Bürgerin fordere, sei nicht möglich. Etwa 50 Personen leben in Nürnberg dauerhaft auf der Straße.
"Housing First"-Richtung
Die Stadträte stimmten zu, wollen aber, dass die Verwaltung Menschen, die Unterstützung möchten, auch durch das neue Konzept "Housing First" hilft. Es basiert darauf, dass ein Obdachloser als Wichtigstes eine stabile eigene Wohnung braucht und andere Angelegenheiten erst danach angegangen werden. "Finnland hat so seine Obdachlosenzahlen in den Griff bekommen", sagte Andrea Friedel (Grüne). Auch die SPD steht hinter dem Konzept: "Alles, was hilft, ist gut", betonte Stadträtin Sonja Bauer.
Alexander Liebel von der FDP fordert die Verwaltung auf, ein Projekt mit fünf Wohneinheiten nach dem "Housing First"-Prinzip zu starten. "Die Lösung ist Bauen, Bauen, Bauen", sagte Andrea Loos (CSU). "Die besten Konzepte ändern nichts, wenn nicht weitere preisgünstige Wohnungen entstehen."
Dieter Maly betonte, dass die Verwaltung offen für neue Modelle sei und bestehende Angebote bereits in die "Housing First"-Richtung gingen, etwa die Sozialimmobilien. "Lösungen für alle 2300 Betroffenen in Nürnberg sind aber auch durch ,Housing First’ nicht zu erwarten."
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