Frankenschnellweg

Vorschläge zum Frankenschnellweg: "Hier wären Flächen für Wohnraum"

Elke Graßer-Reitzner

Textchefin und Rechercheteam

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22.05.2021, 13:15 Uhr
Der Frankenschnellweg aus der Vogelperspektive: Schon heute sieht er wie eine Autobahn aus, die mitten durch die Stadt verläuft.

© Luftbild Bischof & Broel Der Frankenschnellweg aus der Vogelperspektive: Schon heute sieht er wie eine Autobahn aus, die mitten durch die Stadt verläuft.

Hörbar enttäuscht über die Absage von Baureferent Daniel Ulrich, hat Ulrike Müller-Telschow von der Künstlervereinigung Artists for Future eine Diskussionsrunde auf dem Platz vor der Villa Leon eröffnet, die nach Lösungen für eine klimafreundliche Stadtentwicklung sucht.

Rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich im großen Abstand zueinander versammelt, die Polizei überwachte das Geschehen, damit nicht gegen Corona-Auflagen verstoßen würde. Man sei eine "Graswurzelbewegung", die nicht aufhören werde, Fragen zu stellen, kündigte Müller-Telschow an.

Unter Corona-Auflagen versammelten sich Klimaschützer und Interessierte vor der Villa Leon, um die Diskussion mit den beiden Professoren der Technischen Hochschule Nürnberg zu verfolgen. 

Unter Corona-Auflagen versammelten sich Klimaschützer und Interessierte vor der Villa Leon, um die Diskussion mit den beiden Professoren der Technischen Hochschule Nürnberg zu verfolgen.  © Stefan Hippel, NNZ

Natürlich rückte ins Zentrum der Debatte mit den beiden Professoren der Technischen Hochschule Nürnberg, Ingrid Burgstaller (Professur für Städtebau und Stadtplanung) und Harald Kipke von der Fakultät Bauingenieurswesen mit dem Forschungsschwerpunkt intelligente Verkehrsplanung, immer wieder auch der Frankenschnellweg. Aus diesem Grund hatte Baureferent Ulrich den Organisatoren beschieden, er stehe für diese Veranstaltung nicht zur Verfügung.

Denn das Straßenprojekt ist bei Drittem Bürgermeister Christian Vogel angesiedelt, Ulrich hatte betont, er sei deshalb für diese Thematik nicht zuständig. "Und wer ist dann für die Verkehrsplanung in St. Leonhard zuständig?", fragte Hans Luntz vom Verkehrsclub Deutschland süffisant. Der Komplex Stadterneuerung, Wohnen und moderne Verkehrsführung lasse sich schließlich nicht voneinander trennen. Das "Schweigekartell im Baureferat" müsse durchbrochen werden.

"Wer ist für die Verkehrsplanung in St. Leonhard zuständig?", fragte Hans Luntz vom Verkehrsclub Deutschland in Richtung Stadtverwaltung. Doch Baureferent Daniel Urlich war nicht gekommen.

"Wer ist für die Verkehrsplanung in St. Leonhard zuständig?", fragte Hans Luntz vom Verkehrsclub Deutschland in Richtung Stadtverwaltung. Doch Baureferent Daniel Urlich war nicht gekommen. © Stefan Hippel, NNZ

Der VCD hat vor dem Verwaltungsgericht in Ansbach Klage gegen die städtischen Pläne zum Ausbau des Frankenschnellwegs eingereicht. Das Vorhaben hält der Umweltverband für nicht mehr zeitgemäß, obwohl dort zwischen der Kreuzung an der Rothenburger Straße und An den Rampen die Fahrzeuge täglich im Stau stehen.

 


Kommentar: Die Stadt muss beim Frankenschnellweg umdenken


 

Viele Menschen würden den Autoverkehr wie eine Naturgewalt verstehen, die nicht zu stoppen sei, sagte Prof. Harald Kipke. Dabei zeigten neueste wissenschaftliche Untersuchungen, dass die Ströme sehr wohl einzudämmen seien. Der Verkehr nehme nicht mehr zu, stagniere seit geraumer Zeit. Testläufe mit rückgebauten Fahrspuren in mehreren deutschen wie europäischen Städten hätten gezeigt: "Wenn man die Kapazität zurückfährt, geht auch der Verkehr zurück", sagte Kipke.

Professorin Ingrid Burgstaller plädierte für den Bau von Wohnungen rund um den Frankenschnellweg.

Professorin Ingrid Burgstaller plädierte für den Bau von Wohnungen rund um den Frankenschnellweg. © Stefan Hippel, NNZ

Er plädierte dafür, diese Aspekte "offener zu diskutieren" und sie zum Thema der Stadtplanung zu machen. In Nürnberg entstehe der Eindruck, südlich der Bahnlinie gebe es keine Stadtplanung mehr, sagte Prof. Ingrid Burgstaller. Doch dort, rund um den Frankenschnellweg, gebe es genügend Flächen, noch dazu im städtischen Besitz, auf denen man dringend benötigte Wohnungen bauen kann.

Ihr Fachbereich Architektur und Stadtplanung habe die Aufgabe, "den Gedankenraum zu eröffnen", was mit der Straße geschehen müsse, um Wohnen und Verkehr in Einklang zu bringen. Ihre Studenten hatten bereits vor vier Jahren Modelle für alternative Varianten zum Ausbau erarbeitet. nordbayern.de hatte zuletzt mit einem Interview mit einem ihrer ehemaligen Studenten und heutigen Architekten über seine Entwürfe die Diskussion angestoßen.

"Wir haben angefangen zu denken, sind aber noch lange nicht fertig", rief Burgstaller ins Mikrofon. Die Klimaschützer, zu denen auch das Aktionsbündnis Nürnberg for Future, das Klimacamp und das Bündnis gegen den Ausbau des Frankenschnellwegs gehören, kündigten an, weitere Veranstaltungen dieser Art anzusetzen. Vielleicht auch mit Vertretern der Stadt.

 

 

 

 

34 Kommentare

Wellner22

@nico_xr

Ich habe nichts dagegen, wenn es Leuten vorschwebt. ihren Lebensbereich auf eine Fläche zu begrenzen, die innerhalb von 15 Minuten zu Fuß erreicht werden kann.

Ich glaube mich zu erinnern, dass dies so um 1700 rum schon so war.

Ich denke aber, dass die Leute, denen das vorschwebt wahrscheinlich nicht auf Handy und Internet verzichten wollen.



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Nico_xr

Den Kopf schütteln werden die zukünftigen Generationen nur, wenn Nürnberg in Zeiten von Corona und Klimakrise alles verfügbare Geld in den motorisierten Individualverkehr steckt und die Verkehrswende verpasst, Wallner22. Um die Erderhitzung noch auf ein Maß zu begrenzen, das ein Überleben der Menschheit sicherstellt, müssen wir in allen Bereichen radikal umdenken. Es den Autofahrern noch bequemer zu machen, ist nicht der Anreiz zum Umsteigen, den wir jetzt brauchen. Und Wälder zu fällen, um Wohnraum zu schaffen, wie in der Regensburger Straße kürzlich geschehen, oder bei der Radrennbahn in Reichelsdorf, ist bei den Hitzesommern die uns bevorstehen, auch völlig verantwortungslos. Das Wohnviertel, das anstelle des FSW und der Autohalden in der Fuggerstraße entstehen würde, könnte ja auch so attraktiv werden, dass sich die Pendler, die jetzt den Ausbau des FSW fordern, dort ansiedeln und die Kombination aus hervorragender Anbindung an Öffis, super ausgebauten Radwegenetz, Stadtgrün und altem (neuen) Kanal genießen, statt wertvolle Lebenszeit im Stau zu verbringen. Frau Prof. Burgstaller sprach von einer "Stadt der kurzen Wege", "der 15-Min Stadt" wie Paris es werden soll, wo alles innerhalb von 15 Gehminuten erreichbar ist. Schade, dass die Befürworter des Ausbaus so wenig Phantasie und Vorstellungskraft an den Tag legen. Aber mit einem "Weiter so" riskieren wir alles.

Haddock

@Nuorenberc: Die Querdenker verweigern sich den wissenschaftlichen Erkenntnissen und das tun auch alle, die 5 vor 12 im Klimawandel immer noch das Hohelied des motoriesierten Individualverkehrs singen. Es gibt überhaupt keinen Grund gegen Mobilität zu sein, die muss nur anders erfolgen.

@Lykaner: Respekt,hätte Sie nie auf der Seite der FSW- Gegner vermutet.

Sunny2

@Kühgaßfelder,
wo ist für Sie das Problem an der Idee, auf der alten Kanaltrasse wieder einen Kanal anzulegen?
Versteh ich nicht.

In Utrecht wurde genau das gemacht und die Bevölkerung ist hoch zufrieden damit.

https://www.youtube.com/watch?v=Boi0XEm9-4E
(ab Minute 10:55 ist es fast wie am Frankenschnellweg...)

Und wenn Sie schreiben, dass Sie gern mit dem Auto übern FSW fahren und den deshalb nicht "hergeben" wollen, wäre ja nachvollziehbar.
Aber einfach boß den "weltfremd"-Stempel anbringen zeigt nur, dass Ihnen Sachargumente fehlen.
Wie Lykaner42 anmerkte, ohne Argumente kann man nicht sinnvoll diskutieren oder vernünftig kommunizieren...


Sunny2

@gruendlacher schrieb am 22.05.2021, 16:20
Liebes Baureferat, ...

Leider hat der Baureferent ja nichts zu melden hier.
Er ist nicht zuständig für Stadtentwicklung im Westen.

Es wurde doch gerade hier berichtet, dass der Baureferent eben deswegen nicht kam, weil er Straßenplanung als spezielle Fachplanung in Nürnberg über die Stadtplanung (Gesamtplanung) gestellt wird.
Auf Deutsch: die Stadtentwicklung wird weiterhin am Kfz-Verkehr ausgerichtet. Sagt nur keiner so ganz direkt. Weil eigentlich schon klar ist, dass Verkehrswende unausweichlich ist.
De Fakto hat Nürnberg aber noch weitgehend das Ziel #autogerechte Stadt, das längst überholt ist und andernorts begraben wurde.