Warum der Hotel-Boom in Nürnberg Nebenwirkungen hat
8.5.2019, 05:59 UhrNürnberg ist beliebt wie nie bei Touristen. Die Zahl der Übernachtungen jagt von Rekordmarke zu Rekordmarke. Parallel steigt die Summe der Hotelbetten. Doch nicht alle Betriebe profitieren vom Übernachtungsboom. Kleinere Häuser können sich gegen große Ketten nur schwer behaupten. Branchenkenner befürchten, dass es bald ein Überangebot gibt.
Bahnhofstraße und Frauentorgraben sind schon jetzt fast reine Hotelmeilen. Doch wenn alles so kommt, wie es derzeit aussieht, entstehen allein dort in den nächsten Jahren vier weitere Hotels. Im sogenannten Tafelhof-Palais, das neben dem Hauptbahnhof hochgezogen wird, werden ein Leonardo Royal-Hotel mit vier Sternen und ein MotelOne gebaut. Neben der AOK am Frauentorgraben wird laut Baureferent Daniel Ulrich (parteilos) ein Hotel mit rund 540 Betten in einer Baulücke errichtet. Auch für das Gelände des ehemaligen Arbeitsamts ein paar Meter weiter ist laut Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) ein Hotel im Gespräch.
Auch neben Konzerthalle entsteht neues Hotel
Aktuell sind insgesamt zehn Hotels mit rund 1600 Betten im Bau, weitere 13 Anträge mit Hotel-Vorhaben und einer Kapazität von rund 1700 Betten warten auf ihre Genehmigung, wie aus der Vorlage des Wirtschaftsreferats für die heutige Sitzung des Rechts- und Wirtschaftsausschusses des Stadtrats hervorgeht.
Weitere Beispiele? In den Augustinerhof zieht ein Hotel mit 244 Betten ein, in der Steinbühler Straße entsteht ein "Letomotel mit 120 Betten. In der Zufuhrstraße wird ein "Niu Spice" gebaut. Außerdem entstehe in der Breiten Gasse das Boarding House "Stay Koooo K", ergänzt Fraas. Daneben ist ein Hotel an der neuen Konzerthalle angedacht.
"Wir brauchen ein Wachstum des Marktes mit Augenmaß, weil wir einen Zuwachs beim Tourismus haben", sagt Robert Horka, Nürnberger Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. 3,6 Millionen Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr in Nürnberg gezählt. Ein Plus von 85 Prozent seit dem Jahr 2000 – wobei drei von vier Übernachtungsgästen Geschäftsreisende sind.
Ein Fünf-Sterne-Haus
Der prosperierende Tourismus macht Nürnberg für Hotel-Investoren interessant. Die Zahl der Betten ist im selben Zeitraum denn auch um 57 Prozent gestiegen. Aktuell gibt es 153 Hotelbetriebe in der Stadt. Ein Haus hat fünf Sterne, 23 Hotels sind mit vier Sternen klassifiziert. Doch wie lange kann dieses Wachstum noch gutgehen? Branchenkenner beschleichen langsam Sorgen. In ein bis zwei Jahren sei eine Grenze erreicht, schätzt Horka. "Ich befürchte, dass ein Überangebot entsteht", fährt der Verbandsfunktionär fort, der in der Altstadt das Hotel Elch betreibt.
Der Boom geht schon jetzt zu Lasten kleinerer Häuser. Denn die Zahl der Hotelbetriebe ist seit 2000 nur um 5,5 Prozent gewachsen. Es hat also eine ganze Reihe von Häusern dichtmachen müssen. Die Hotelstruktur ändere sich, heißt es denn auch im Bericht für den Stadtrat: "Hotels werden tendenziell größer und der Anteil der Garni-Hotels und Gaststätten sinkt."
Auch Daniela Hüttinger, stellvertretende Vorsitzende vom Hotel- und Gaststättenverband, SPD-Stadträtin und Chefin des Hotels Drei Raben, macht sich Sorgen, dass die Stimmung kippen könnte. Sie befürchtet, dass die Vielfalt in Gefahr gerät, wenn größere Häuser kleinere verdrängen. Bei großen Messen sei schon jetzt festzustellen, dass die Zimmerpreise aufgrund eines Preiskampfes nach unten gingen. Kleinere Häuser litten am schnellsten darunter, wenn der Umsatz pro Zimmer sinke, weil die Fixkosten ja dieselben blieben.
"Seitens des Verbandes kommunizieren wir, dass der Markt gesättigt ist", fährt Hüttinger fort. Laut Horka sprach eine Dehoga-Delegation bei Baureferent Ulrich vor, um auszuloten, ob es eine Handhabe gegen noch mehr Hotels gebe. Der Markt sei sehr gut, es gebe aber durchaus Zweifel, ob man über das aktuell Bekannte hinaus noch sehr viel mehr Zimmer brauchen könne, so Ulrich. Die Stadtverwaltung will zumindest keine Werbung mehr machen für Investitionen in Hotels. Sie wirbt dafür, Geld in Wohnungen oder Büro- und Gewerbeimmobilien zu stecken.
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