Weltfrauentag in Nürnberg: Diese Aktionen finden statt
6.3.2021, 11:55 UhrDen Weltfrauentag und damit den Feminismus und damit verbundene Forderungen wieder auf die Straßen Nürnbergs zu bringen - das war das Ziel der Gründung des 8. März Bündnisses in Nürnberg, das seit 2009 besteht. Lissi Schwemmer ist von Anfang an Teil des Zusammenschlusses, das gemeinsam mit dem queerfeministischen FLINTA*- (Frauen, Lesben, Inter-, Nicht-binäre-, Trans- und Agender-Personen)-Komitee einige Aktionen im Hinblick auf den offiziellen Frauentag am 8. März initiiert. Die 50-Jährige spricht im Interview über die Notwendigkeit von Feminismus, darüber, warum er nichts mit "Männerhass" zu tun hat und warum es gerade in der Pandemie notwendiger denn je ist, feministisch zu kämpfen.
Der 8. März ist der offizielle internationale Frauentag und hat mehrere Bezeichnungen. Ihr verwendet die des internationalen und feministischen Frauenkampftag. Wofür kämpft ihr?
Feminismus steht für eine echte Gleichberechtigung aller Geschlechter und dafür kämpfen wir. Wir wollen, dass die patriarchale Arbeitsteilung ein Ende findet und setzen uns für sexuelle und körperliche Selbstbestimmung ein. Zudem verstehen wir uns auch als ein antikapitalistisches Bündnis, denn wir finden, die Krise steckt im System. Die bestehende Ungleichbehandlung hat etwas mit dem Kapitalismus zu tun.
Corona und häusliche Gewalt: Zuhause mit dem Peiniger
Der Feminismus selbst hat bereits eine langjährige Geschichte. Was macht ihn auch heute noch so notwendig?
Die bitterste Notwendigkeit ist die nach wie vor existierende Gewalt gegen Frauen. Die, die wir jeden Tag erleben. Gewalt fängt dabei nicht erst an, wenn jemand totgeschlagen wird – was in Deutschland aber leider auch noch zu oft passiert, es gibt jedes Jahr mehr als 100 Femizide (Tötung von Mädchen und Frauen aufgrund ihres Geschlechts, Anm. d. Red.) in Deutschland – Gewalt fängt schon bei der Benachteiligung in verschiedenen Bereichen an. Zum Beispiel, dass es überhaupt eine Aufteilung in Männer- und Frauenberufe gibt, Frauen vorrangig für die sogenannten Sorge-Berufe zuständig sind oder in schlecht bezahlten Berufen feststecken. Diese Strukturen haben sich ja längst noch nicht aufgelöst.
Feminismus ist auch heute trotz einem gestiegenen Bewusstsein für das Thema noch häufig negativ konnotiert und wird mit "Männerhass" in Verbindung gebracht. Warum hat er damit überhaupt nichts zu tun?
Unser Ziel ist wie schon erwähnt die Gleichberechtigung aller Menschen. Wenn man da umschichtet und Benachteiligungen beseitigt, würden die Männer ja auch profitieren. Männer denken oft, sie müssten etwas hergeben oder dass wir ihnen etwas wegnehmen wollen, doch das ist genau nicht der Fall. Alle würden von Gleichberechtigung und fallenden Schranken und Einteilungen in den Köpfen profitieren.
Wie weit sind wir bereits beim Thema Feminismus bis heute gekommen?
Die proletarische Frauenbewegung, der wir uns zugehörig fühlen, hat natürlich bereits vor einigen Jahren sehr vieles erreicht: Ob das das Frauenwahlrecht war, das Recht der freien Berufswahl oder die Errungenschaften im Bereich der körperlichen Selbstbestimmung: Bis in die 90er Jahre war zum Beispiel Vergewaltigung in der Ehe keine Straftat. Gerade in jüngerer Zeit hat sich aber beispielsweise viel im Bereich Gendern getan. Wir beobachten mit Freude, dass das Thema viel selbstverständlicher wird und das Bewusstsein diesbezüglich steigt. Ich glaube, dass auch Social Media da viel dazu beiträgt – zwar haben die sozialen Medien auch eine negative Seite, was beispielsweise das Schönheitsideal angeht - aber die #Metoo-Debatte, die über Social Media angestoßen wurde, ist hier ein gutes Beispiel, das für sehr viel Austausch und Sensibilisierung gesorgt hat. Es ist schon wahnsinnig viel passiert, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir sein müssten.
Aktionstag: Gewalt gegen Frauen kommt nicht in die Tüte
Aus welchen Gründen macht die aktuelle Pandemie-Situation das Bewusstsein für Feminismus noch wichtiger?
Die Pandemie bedeutet natürlich für alle Stress. Aber wenn die nötigen Maßnahmen, wie die Kontaktbeschränkungen oder Ausgangssperren, Kurzarbeit und Homeoffice dafür sorgen, dass alle in häufig ohnehin engen Wohnungen zusammensitzen, dann explodieren manche Dinge noch einmal mehr. Die eigenen vier Wände sind für viele Frauen leider auch ohne Pandemie ein gefährlicher Ort. Ökonomische Not kann dafür sorgen, dass Frauen teilweise noch abhängiger von einem besserverdienenden Partner sind und erschwert es, sich aus einer schwierigen Partnerschaft zu lösen. Da treffen dann viele Faktoren aufeinander.
Ihr habt mehrere Aktionen zum Weltfrauentag geplant und am 8. März selbst findet ein Action-Walk statt. Was steckt dahinter?
Genau, bereits die Woche über fanden einzelne Aktionen statt und wir planen auch wieder eine große Demonstration unter dem Motto "Zusammen gegen Patriarchat und Kapitalismus - internationalistisch- solidarisch - gemeinsam" (Start an diesem Sonntag, 7. März, um 14 Uhr am Plärrer). Die Demo schließt an den vorangehenden feministischen Sitzstreik des FLINTA*Komitees an (Start um 13 Uhr am Plärrer). Zudem haben wir uns den Action-Walk (8. März, Start um 17 Uhr im Archivpark/ Friedrich-Ebert-Platz) einfallen lassen, zu dem wir gemeinsam und gezielt verschiedene Stationen anlaufen, die wir mit feministischen Inhalten füllen. Beispielsweise dreht sich an einer Station alles um unser Recht auf körperliche Selbstbestimmung und das Thema Schwangerschaftsabbruch und wir besuchen den Imedana e.V., bei dem uns geflüchtete Frauen etwas über ihre Lebensrealität erzählen. Am Samstag, den sechsten März wird es außerdem ein Streikzelt beim Klimacamp und um 13 Uhr
eine gemeinsame Pressekonferenz mit Fridays for future und dem FLINTA*-Komitee geben. Um 21.30 Uhr folgt eine vom FLINTA*-Komitee organisierte Nacht-Demo am Gewerbemuseumsplatz Dabei achten wir natürlich auf alle aktuellen Corona-Regeln und haben ein Hygiene-Konzept erarbeitet.
Info: Seit 1911 wird am 8. März der Internationale Frauentag gefeiert. Er dient einer vielfältigen Frauenbewegung als Plattform, um die bisherigen Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung zu feiern, auf bestehende Missstände und Ungleichheiten aufmerksam zu machen und die Gleichberechtigung aller Geschlechter zu fordern. Berlin hat den Internationale Frauentag im Jahr 2019 als einziges deutsches Bundesland zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Das übergreifende Thema der Vereinten Nationen zum diesjährigen Weltfrauentag lautet "Frauen in Führungspositionen: für eine gleichberechtigte Zukunft in einer Covid-19-Welt".
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