Katastrophenschutz
"Wenn der Strom weg ist, gibt es auch keine Sirenen"
7.8.2021, 12:00 UhrViele Sirenen sind nämlich längst abgebaut worden, vielerorts gibt es gar keine mehr. Manche Gemeinden hielten sie nach dem Ende des Kalten Kriegs für überflüssig. Die Kommunen setzen seit einiger Zeit lediglich auf Warnungen per Handy-App. Doch die funktionieren auch nicht, wenn zum Beispiel die Mobilfunknetze zusammengebrochen sind.
Handelt es sich bei den Sirenen um ältere Exemplare, bleiben sie bei einem Stromausfall stumm. Lediglich ganz moderne Geräte, die zusätzlich mit einer Batterie versehen sind, heulen noch, selbst wenn der Strom ausgefallen ist.
Wer kennt die verschiedenen Warntöne?
Und wer weiß heute noch, was uns das Sirenengeheul überhaupt sagen will? Ein drei Minuten andauernder Dauerton bedeutet: Warnung. Es wird empfohlen, das Radio oder den Fernseher einzuschalten und Verhaltensregeln zu beachten. Doch Warnung wovor?
Ein über eine Minute lang an- und abschwellender Heulton besagt Alarm. Man sollte geschützte Bereiche und Räume aufsuchen und die Verhaltensregeln befolgen, die im Radio oder im Fernsehen durchgegeben werden. Doch soll man in den Keller gehen, um Schutz vor Bomben oder radioaktivem Fallout zu suchen? Der Keller wäre bei einer Überschwemmung der denkbar schlechteste Ort, um sich darin aufzuhalten.
Ein über eine Minute lang andauernder, gleichbleibender Dauerton signalisiert, dass die Gefahr vorüber ist. Dreimal 15 Sekunden, dazwischen jeweils sieben Sekunden Pause, heißt, dass die Feuerwehr ausrücken muss. Wenn also die Sirene heult, wissen die Anwohner immer noch nicht, was sie tun sollen.
Eher nur für die Feuerwehr
Bundesinnenminister Horst Seehofer sieht Sirenen als einen wichtigen Bestandteil der Warn-Infrastruktur. Aber eigentlich sollte er gleich noch Kurse anbieten, die vermitteln, was die Signale bedeuten. „Sirenen gibt es flächendeckend in jedem Ort und in jeder Stadt“, sagt Roths Kreisbrandrat Werner Löchl. Ausgelöst werden können sie durch die integrierte Leitstelle Mittelfranken-Süd.
Soweit die gute Nachricht. Jetzt die weniger gute: „Die Sirenen dienen nur zur Feuerwehr-Alarmierung“, so Löchl. „Das ist dann eine Minute Dauerton, zweimal unterbrochen.“ Die großen Feuerwehren werden über Piepser alarmiert, „man will die Bevölkerung nicht stören“, erklärt der Kreisbrandrat. Die Funkmeldeempfänger kämen in den großen Städten zu Einsatz, in den Dörfern die Sirenen. Dies sei zuletzt der Fall gewesen bei den Überschwemmungen in Zell und Thalmässing.
Im gesamten Landkreis Roth sind laut Kreisbrandrat Löchl rund 150 Sirenen verteilt. „Aber wenn der Strom weg ist, gibt es auch keine Sirenen“, schränkt er ein. Nur in „ganz, ganz wenigen“ Ortschaften seien Sirenen installiert, die auch dann noch funktionieren.
Digitalisierung hält Einzug
Bayern stelle auf das digitale Funknetz um. Bei dieser Gelegenheit könnte man die Empfänger für das Funksignal umrüsten und so umbauen, dass sie auch für den Katastrophenalarm geeignet sind. Ansonsten müsse sich die Bevölkerung verlassen auf die Warn-App – wie zuletzt, als Keime im Trinkwasser waren.
Laut Löchl gibt es im Landkreis Roth 136 Feuerwehren, 16 Stützpunktwehren mit mehreren Fahrzeugen und daneben 120 kleinere Ortsteil-Feuerwehren. Deren Alarmierung funktioniere gut. Die Sirenen für den Katastrophenschutz seien andere als die für die Feuerwehren. „Die gibt es aber nicht flächendeckend“, stellt der Kreisbrandrat klar.
Der Bund habe diese Sirenen vor einigen Jahren aus Kostengründen abgebaut. Im Landkreis Roth gebe es bei verschiedenen Feuerwehren vier mobile Sirenen, die auf Fahrzeuge montiert werden können. Neben einem Warnton könne man über diese Geräte auch Durchsagen machen.
Alarmierung soll neu aufgebaut werden
Die Schwabacher Bevölkerung kann in einer Katastrophensituation über die App „Nina“ sowie über zwei mobil einsetzbare Sirenen gewarnt werden, teilt die Pressestelle der Stadt auf Anfrage mit. Letztere seien auf Fahrzeugen montiert, die bei Bedarf in das betroffene Stadtgebiet fahren könnten. Eine flächige Warnung sei damit aber nicht möglich.
Außerdem existiere noch eine fest installierte Sirene im Bereich „Am Ostanger“, die allerdings wieder in Gang gesetzt werden müsste. Dies solle voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres geschehen, so die Pressestelle weiter. Darüber hinaus gibt es in mehreren Ortsteilen Sirenen, die aber derzeit nur für die Feuerwehr-Alarmierung verwendet werden, ergänzt die Pressestelle.
„In Schwabach gibt es keine Betriebsstätten von Unternehmen, die der sogenannten Störfall-Verordnung unterliegen. Aus diesem Grund ist ein erhöhter Bedarf für Sirenen zur Bevölkerungswarnung derzeit nicht gegeben“, heißt es weiter. „Beabsichtigt ist aber, in den kommenden Jahren wieder eine flächendeckende Alarmierungsstruktur in der Stadt zu schaffen.“
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