Wenn Nürnbergs Sheriffs auf Patrouille gehen

18.5.2017, 05:49 Uhr
Norbert D. bei der Arbeit: Hier kontrolliert er den Rost des Lüftungsschachts am Frauentorgraben.

© Meike Kreil Norbert D. bei der Arbeit: Hier kontrolliert er den Rost des Lüftungsschachts am Frauentorgraben.

Wenn Norbert D. von seinem Quartier – dem Südstadtforum – zur Patrouille im Burggraben aufbricht, hat er sein Equipment immer dabei. Er ist "bewaffnet" mit einem NOA-Dienstausweis, einer Packung Zigaretten für die Nerven und einem Handy, damit er im Notfall die Polizei rufen kann. Und die Uniform nicht zu vergessen: eine auffällige dunkelblaue Weste. 

Ganz so viel Macht wie die Polizei hat er zwar nicht, er und seine Kollegen sollen ergänzend der Aufklärung dienen. Das Projekt der städtischen Beschäftigungsgesellschaft Noris-Arbeit wird durch das Programm "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert und bietet "arbeitsmarktfernen" Menschen eine Beschäftigung. 

"Hier entlang!" Der 61-Jährige steuert zielstrebig ein Versteck für Drogensüchtige an der Frauentormauer an. Er weiß genau, wo sich die "Giftler" herumtreiben: "Ich kenne jede Ecke." Mit seiner forschen Art verschafft er sich Gehör, vertreibt die Abhängigen und schickt sie zur Mudra Drogenhilfe. Meistens klappe das auch, erklärt Norbert D. Spätestens aber dann, wenn er mit der Polizei drohe, verschwänden sie – denn diese nimmt die Drogen ab.

Diesmal liegt niemand auf dem Rost des warmen Lüftungsschachts. Wegen eventuell herumliegender Spritzen muss D. hier dennoch aufpassen. Fallen ihm gefährliche Utensilien auf, ruft er den zuständigen Reinigungstrupp, der mit der nötigen Schutzausrüstung anrückt.
Die weitere Patrouille gleicht einem gemütlichen Spaziergang durch den Spittlertorgraben. Norbert D. hat unter anderem ein Auge darauf, ob die Spielplätze intakt sind, ob die Straßenlaternen funktionieren oder ob Touristen Hilfe brauchen. Und das bei Wind und Wetter.

In den City-Service habe er mit seine besten Mitarbeiter geholt, erklärt Teamleiter Olaf Schmidt. "In die Stadt kann ich nicht jeden schicken." Denn es kann zur heiklen Angelegenheit werden, Passanten auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Und: Nicht jeder könne mit der Macht umgehen, die eine Uniform ausstrahlt. 

Apropos Uniform: Die Polizei sieht es laut einer Sprecherin gelassen, dass NOA-Schützlinge ebenfalls für Recht und Ordnung sorgen wollen. Diese hätten ja keinerlei Befugnisse. Auch der Servicebetrieb Öffentlicher Raum, der für die Stadtreinigung zuständig ist, findet die Unterstützung vonseiten der NOA positiv. Es sei immer gut, wenn jemand für Aufklärung sorgt.

Früher gab es die Stadtwacht

Neu ist das Konzept hinterm City-Service nicht. Früher gab es die Stadtwacht, bei der Norbert D. auch schon einen Ein-Euro-Job hatte. Doch die Abteilung sei mit der Zeit eingeschlafen, erklärt Schmidt. Seit Februar hat er die Idee nun wieder aufleben lassen – allerdings anfangs ohne offizielle Genehmigung, gibt der Teamleiter zu. Die Förderung vom Bund war ein guter Anlass für die Wiederaufnahme.

An diesem Tag sind mit Norbert D. sieben Mitarbeiter des City-Service unterwegs. Gerade einmal die Hälfte des Teams ist also zur Arbeit erschienen. "Wir reden hier von Langzeitarbeitslosen", sieht es Schmidt gelassen. Deren Motivation sei nicht immer die beste.

Norbert D. landete 2005 bei der NOA, nachdem seine Selbstständigkeit, der eigene Computerladen und die Ehe gescheitert waren. Mit dem sozialversicherungspflichtigen 20-Stunden-Job beim City-Service ist er vollends zufrieden: "Die Truppe ist spitzenmäßig." Eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt kann sich der 61-Jährige so kurz vor der Rente nicht mehr vorstellen – auch weil er mit Diabetes und einem Raucherbein zu kämpfen hat. Genauso ist ihm das, was sich manche seiner Kollegen zur Aufgabe gemacht haben, mittlerweile zu stressig: dafür sorgen, dass das Radfahrverbot in der Fußgängerzone eingehalten wird. Zu viele Diskussionen.

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