Wenn Rechtsextremistinnen Opfer von häuslicher Gewalt werden
12.4.2016, 06:00 Uhr"Rechtsextreme Frauen als Opfer häuslicher Gewalt und der Umgang von Frauenhäusern mit diesen" – so lautet der Titel des Vortrages von Katrin Degen und Agnes Betzler. Er findet im Rahmen der Reihe "Frauen und Rechtsextremismus" im Caritas-Pirckheimer-Haus statt. Beide hatten an dem Thema, das auch Gegenstand ihrer Bachelorarbeit war, intensiv geforscht. Für diese Abschlussarbeit erhielten sie den mit 1000 Euro dotierten Förderpreis der Frauenbeauftragten der Technischen Hochschule Nürnberg.
Inspiration für die Beschäftigung mit der Materie sei ein Artikel über rechtsextreme Frauen gewesen. Dieser hatte das Interesse der Sozialpädagoginnen geweckt, den Themenkomplex von weiblichem Rechtsextremismus und häuslicher Gewalt näher zu untersuchen. "Dabei ist uns klar geworden: Es gibt einige dokumentierte Einzelfälle, aber noch keine grundsätzliche Forschung dazu", erklärt Katrin Degen.
Interessant sei die Doppelrolle der jeweiligen Frauen gewesen, zugleich rechtsextrem und Opfer häuslicher Gewalt zu sein. Es liegen jedoch keine Erkenntnisse darüber vor, ob Frauen aus dem rechten Milieu häufiger unter häuslicher Gewalt leiden.
Im Zentrum der beiden Bachelorarbeiten stand der Umgang der Frauenhäuser mit den Betroffenen. "Wir haben mit allen 364 Frauenhäusern in Deutschland Kontakt aufgenommen", erläutert Agnes Betzler. Mit den Mitarbeitern, die in ihren Einrichtungen Erfahrungen mit Frauen aus der rechten Szene gemacht hatten, führten die Sozialpädagoginnen Einzelinterviews.
Auf diese Weise erlangten sie gesicherte Erkenntnisse als Basis für ihre Forschung. "Unsere Arbeit beruht auf vergangenen Fällen", erklärt Katrin Degen. Mit den Betroffenen direkt in Kontakt zu treten, sei nicht realisierbar gewesen. "Bei einem so sensiblen Thema ist es schwierig, genügend Vertrauen aufzubauen."
Sozialpädagoginnen vermuten eine hohe Dunkelziffer
Bei ihrer Recherche hatten Degen und Betzler herausgefunden, dass 11 Prozent der Frauenhäuser bereits rechtsextreme Frauen beherbergt hatten. "Es ist also keineswegs ein seltenes Phänomen", konstatiert Agnes Betzler.
Die Sozialpädagoginnen vermuten aber auch eine hohe Dunkelziffer: "Bei vielen Frauen in den Einrichtungen wird oft gar nicht ersichtlich, dass sie einen rechten Hintergrund haben." Insgesamt sehen beide in dem schwierigen Feld von häuslicher Gewalt und Rechtsextremismus weiteren Forschungsbedarf.
Die rechtsextremen Frauen stellen eine besondere Herausforderung für die soziale Arbeit dar. So sei es in Frauenhäusern sowieso schwierig, wenn Bewohnerinnen mit den unterschiedlichsten Biografien auf engem Raum zusammenlebten. Kämen aber noch gewalttätige Auseinandersetzungen mit rassistischer Motivation dazu, könne dies schnell zu Eskalationen führen. "Die Frauen suchen Zuflucht in diesen Einrichtungen. Wenn sie dort jedoch auch angefeindet werden, ist das ein schlimmer Vertrauensbruch", so Agnes Betzler.
Ausgehend von ihrer Untersuchung fordern die Sozialpädagoginnen, innerhalb der Frauenhäuser mehr Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. „Das Problem von rechtsextremen Frauen in den Einrichtungen muss thematisiert werden, vor allem auch mit den Betroffenen selbst. Ein Nicht-Reagieren darf es nicht geben“, ist Agnes Betzler überzeugt.
Der Vortrag findet heute um 18 Uhr im Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64, statt. Der Eintritt ist frei.
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