Wer will, der darf
13.6.2014, 19:24 UhrEin Liebesgedicht an eine Schauspielerin, niedergekritzelt auf zerknittertem Zettel, spontan vorgetragen auf Englisch inklusive deutscher Simultanübersetzung — das kann lustig sein. Muss es aber nicht. Und wenn es das nicht ist, dann greift das Publikum eben zu den Mitteln, die es hat: Nach drei Minuten unsäglicher „Vorführung“ wird kurzerhand ein nachdrücklicher Applaus initiiert, der den zweifelhaften Künstler mitsamt aller zuvor mutmaßlich einverleibter psychoaktiver Substanzen von der Bühne verscheucht. Überstanden. Weiter im Programm. Und das ist bunt, vielfältig – und eine riesengroße „Rampenschweinerei“.
So nämlich lautet der Name der einmal monatlich in Fürth oder Nürnberg stattfindenden offenen Bühne. Hier darf jeder zeigen, was er kann oder glaubt zu können. „Von Akrobatik über traurige Gedichte bis zur Stand-up-Comedy ist alles drin“, so Jürgen Gruber, Mitorganisator an der Seite von Markus Just und Moderator mit Hang zum Chaos. „Alles außer ein Tupperware-Verkaufsgespräch.“ Wenngleich das vermutlich unterhaltsamer gewesen wäre als die eingangs genannte Minne.
Doch der „Rampenschweinerei e. V.“ möchte allen eine Chance geben: Ob Neulinge, die noch nie auf einer Bühne standen, Profis, die hier neue Nummern ausprobieren oder Werbung für Veranstaltungen machen möchten. Oder Leute, die wie der Liebeskranke in der Pause spontan das Bedürfnis nach Scheinwerferlicht erleiden — „jeder bekommt hier seine zehn Minuten“. Und wer nicht aus der Region kommt, sogar 15.
Bunter Abend
So ergibt sich ein Potpourri, ein bunter Abend voller Überraschungen, Höhen und hier und da auch Tiefen: Yela macht Bauchtanz, was ästhetisch, aber halt auch nicht wahnsinnig neu ist.
Auch nicht mehr ganz so neu, aber deswegen auf so eine putzige Art nicht minder lustig: Denis Matusczyk, kleiner Mann mit großem Kinn (Spitzname: „Osama Kinn Laden“ oder „Burger Kinn“), vielen Konsonanten im Nachnamen — und phonetischer Nähe zum männlichen Genital im Vornamen. Das bietet Gelegenheit für selbstironische Äußerungen, Schwänke aus dem Studentenleben und Interaktion mit dem (vermeintlich) bezahlten Publikum.
Das ist gnädig bis hoch begeistert, zum Beispiel von einer jungen Dame namens Marlit Kraft, die, sehr schüchtern und wenig schillernd, am Keyboard Selbstkomponiertes zum Besten gibt. Und siehe da: Bereits nach dem ersten Takt ist man recht verzaubert von dem Singvögelchen, das gefühlvolle Balladen intoniert mit einer Stimme, bei der jeder DSDS-Finalist vor Neid erblasst.
Das ist Burkhard Bering bereits, aber nur äußerlich. Aus dem zarten Männlein heraus kommt „gesprochener Punk“ in (gespielter) Fistelstimme, irgendwie konzeptlos, aber darum umso witziger mit mehr oder weniger hintersinnigen Wortwitzen, Reimen („Rastamann was haste an die Pasta ran?“) und Geschichten vom Berliner Alltag („Hakan ist wohl Psychologe, der fragt nämlich dauernd ‚Alta hastn Problem oda wat?‘“).
Harakiri-Moderation
Derweil machen Jürgen Gruber und Jochen Prang Harakiri-Moderation mit rotem Faden „Alkohol“, Niveau und Pegel verhalten sich indirekt proportional. Da kommt einer grade recht: Manuel Zurek ist eine „niederbayerische Tabuschlampe: schwul, vegan und nicht katholisch“, ratscht in breitestem Dialekt mords einen auf und unterbricht sich selbst mit politisch (un-)korrektem Liedgut. Lustig.
Nicht so lustig: Spontanauftritt eines Bulgaren, bei dem man weder währenddessen noch hinterher weiß, worum es eigentlich geht, und „Die Bittners“. Die spielen sehr überzeugend ein sehr schlechtes Moderatoren-Paar (spielen sie doch nur, oder?), das die Lied-Sammlung „Das Beste vom Geld“ vorstellt und diverse Stücke hahaheiter persifliert: „Mein kleines rotes Sparbuch“, „Schuld warn nur die Börsianer.“
„Schuster, bleib bei deinen Leisten“, fällt einem da ein — die durchaus guten Stimmen könnte man einfach anderweitig besser nutzen. Zu guter Letzt noch Lukas Aue, Pantomime und Akrobat. Der ist schon länger im Geschäft, bringt „magische Schönheit“ unter die Rampensäue und schafft es auch diesmal, die Bühne unverletzt wieder zu verlassen. Überraschend, eben.
Nächster Termin: 24. Juni, 20 Uhr, Werkstatt 141, Muggenhofer Str. 141, Nbg., Eintritt frei;
www.rampenschweinerei.de
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