Dramatische Rettungsaktion
"Animal Hoarding": 116 Katzen in einer Wohnung im Nürnberger Land entdeckt
2.2.2022, 12:47 Uhr116 Katzen, zusammengepfercht in einer Wohnung mit rund 60 Quadratmetern. "Auf dem Boden schwamm ein Gemisch aus Wasser, Kot und Urin", schreibt das Tierheim Hersbruck auf seiner Facebook-Seite. Die Katzen waren verängstigt, versteckten sich hinter Schränken, unter Sofas und im Mobiliar der Wohnung, als die Tiere von zahlreichen Helfern befreit wurden. Das alles fiel am Sonntag in Diepersdorf nur wegen eines Wasserschadens auf, wie das Feuchter Tierheim berichtet.
Welches Bild sich den Helfern der Tierheime Feucht und Hersbruck am Sonntagmittag in einer Wohnung im Leinburger Gemeindeteil Diepersdorf (Ldkr. Nürnberger Land) bot, macht alle Beteiligten fassungslos. Das Tierheim Feucht spricht auf seiner Facebook-Seite von einem "schlimmen Fall von Animal Hoarding". Das Tierheim Hersbruck sogar vom "schlimmsten Fall" in seiner Vereinsgeschichte.
Die Ehrenamtlichen retteten zusammen mit der Feuerwehr Diepersdorf, der Polizei, dem Veterinäramt und einem Tierarzt die 116 Tiere aus der Wohnung, darunter auch fünf Kätzchen. Sie alle hätten in ihren Exkrementen gelebt. In seinem Facebookpost schreibt das Tierheim Feucht weiter: "Teilweise waren die armen Tiere völlig durchnässt und alle stanken fürchterlich. Bei uns werden sie nun gewärmt, gefüttert und tierärztlich versorgt."
Viele Tierheime nahmen Katzen auf
Die Feuchter Tierheimleiterin Ulrike Lang sagt, sie seien auch am Dienstag, zwei Tage nach der Rettung", "immer noch mit der Bestandsaufnahme" beschäftigt. Die Tiere, die nun noch im Tierheim Feucht untergebracht sind, werden medizinisch untersucht und es wird auch überprüft, ob die Tiere gechipt oder registriert sind. Noch ist völlig offen, wo die Tiere herstammen. Weil der Platz für die vielen Tiere lange nicht ausreichte, haben neben Hersbruck unter anderem die Tierheime in Regensburg, Kulmbach und München Katzen aus der Wohnung übernommen.
Auffällig sei gewesen, dass die Tiere nicht verwahrlost wirkten, so Lang. Auch sehe es nicht so aus, als ob die Tiere sich wahllos vermehrt hätten. "Ich kann nicht verstehen, wie die Katzen so lange Zeit in dem Mehrfamilienhaus unentdeckt bleiben konnten", sagt die Leiterin. "Die Feuerwehr konnte nur mit Atemschutz in die Wohnung hinein, weil es so schlimm nach Urin gerochen hat."
Am Dienstag wurden Lebendfallen in der Wohnung aufgestellt, um ausschließen zu können, dass sich noch weitere Tiere in der Wohnung befinden.
Wohnung ist vorerst unbewohnbar
Die Polizei Altdorf war am Sonntag gegen 9.45 Uhr zu dem Mehrfamilienhaus gerufen worden. Weil Wasser durch die Decke des Untermieters tropfte, vermutete die Polizei zunächst, dass der 60-jährigen Mieterin ein Unglück zugestoßen ist, sagt Reimund Mihatsch von der Polizeiinspektion Altdorf. Die Mieterin war jedoch nicht im Haus, kam jedoch später dazu und wurde "aus gesundheitlichen Gründen" in ein Krankenhaus gebracht. "Der Zustand der Katzen und der Wohnung war erschreckend", schildert Mihatsch die Lage vor Ort. Die Wohnung ist aus Sicht der Polizei vorerst nicht mehr bewohnbar. Der Wasserschaden entstand durch einen offenen Wasserhahn. Auf dem Boden entstand daraufhin ein Gemisch aus Katzenkot und Katzenurin sowie Futter. Alle Katzen befinden sich in der Obhut des Veterinäramtes Nürnberger Land. Gegen die Frau wird nun ermittelt wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Das krankhafte Sammeln von Tieren fordert laut Deutschem Tierschutzbund die Tierheime enorm. 2020 registrierte der Verband bundesweit 59 Fälle von sogenanntem Animal Hoarding mit über 3.600 betroffenen Tieren – im Schnitt gab es damit jede Woche mindestens einen Fall. "Damit bleibt das Niveau ähnlich hoch wie in den Jahren zuvor", sagen die Tierschützer. Die Tierschützer gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.
Der Artikel wird ständig aktualisiert, zuletzt am 2. Februar 2022 um 12.45 Uhr. In einer vorhergehenden Version des Artikel war von 115 Katzen die Rede. Die Zahl hat sich auf 116 Tiere erhöht.