Ein Jahr nach Felssturz: Burg Veldenstein bald wieder sicher
28.5.2014, 06:00 UhrJosef Springer wird diese Nacht nie vergessen. Der CSU-Bürgermeister von Neuhaus (Kreis Nürnberger Land) wurde gegen zwei Uhr geweckt. Die Feuerwehr stand vor der Tür. „Sie sagten, ich solle mich nicht erschrecken. Aber in der Plecher Straße sei etwas passiert.“
Etwas - das waren rund 300 Tonnen Gestein, die oben vom Burgberg der über Neuhaus thronenden Anlage abgegangen waren. Die Wucht des Aufschlags zog auch eine Reihe Anwesen in der Plecher Straße erheblich in Mitleidenschaft. „Es war eine neblige Nacht“, erinnert sich Springer: „Die Feuerwehr hatte das Szenario bereits mit starken Scheinwerfern ausgeleuchtet, das hatte etwas Surreales.“
Das Gemeindeoberhaupt treibt zu diesem Zeitpunkt nur eines um: Hat es Verletzte gegeben? Schnell steht fest, dass wie durch ein Wunder niemand zu körperlichem Schaden gekommen ist. Dennoch stehen die Einsatzkräfte unter Strom: „Grund war ein mächtiger Felskeil unterhalb der Abbruchkante, von dem zu diesem Zeitpunkt niemand sicher sagen konnte, ob er halten würde.“ Springer und der Krisenstab beschließen deswegen: Eine Evakuierung der bedrohten Gebäude in der Plecher Straße ist unumgänglich - 17 Personen aus mehreren Familien müssen mitten in der Nacht ihre Häuser verlassen. Wer nicht bei Verwandten unterschlüpfen kann, kommt erst einmal bei der Freiwilligen Feuerwehr unter.
„Unsere Befürchtung war ein Domino-Effekt“, erinnert sich Springer weiter und weist den heute kahlen, mit stabilen Drahtnetzen bespannten Felshang hinauf: „Wäre der große Brocken runtergekommen, wären mit ihm weitere Teile der Burg abgegangen - am Ende sogar der Bergfried selbst.“
Söder war beeindruckt
Dieses „Worst-Case-Szenario“ trat jedoch Gott sei Dank nicht ein. „Heute wissen wir durch die langwierigen Untersuchungen der Spezialisten, dass der besagte Felskeil weit in den Burgberg hineinragt und nie eine wirkliche Bedrohung darstellte“, sagt Springer. Doch bevor das Spezialistenteam um den Geologen Professor Jörg Gründer mit der Untersuchung der Felswand überhaupt beginnen kann, gilt es erst einmal die Abbruchkante zu sichern.
„Das THW hatte damals zunächst einmal eine Konstruktion aus Holz und Planen errichtet, die weiteres Eindringen von Wasser verhindern sollte.“ Eine Woche nach dem Unglück kommt Bayerns Finanzminister Markus Söder - sozusagen der Burgherr der maroden Immobilie - nach Neuhaus und nimmt den Berghang gemeinsam mit Springer aus einer Gondel, die an einem Autokran befestigt war, in Augenschein.
Was er sieht, beeindruckt ihn wohl nachhaltig: Die Geschädigten von Neuhaus werden den Flutopfern in Südbayern gleichgestellt, können 1500 Euro Soforthilfe beziehen und auf Schadenersatz hoffen. Die Sicherungsarbeiten sind auch eine Woche nach dem Unglück noch in vollem Gange. „Es wurde ein Auffangmulde unterhalb der Abbruchkante bereitgestellt, die Gebäude unten mit einem Prallschutz aus sogenannten Big Packs - also überdimensionierten Sandsäcken - geschützt“, benennt Springer die Maßnahmen. „Dann wurden die Brocken Stück für Stück aus der Wand geholt und der gesamte Hang bereinigt.“
Der Vorgang Felssturz füllt im Büro des Bürgermeisters einen dicken Ordner. Da die Burg ja dem Freistaat gehört und die geschädigte Straße eine Staatsstraße ist, sind neben der Gemeinde stets auch das Bayerische Hoch- und das Tiefbauamt sowie die Bayerische Immobilienverwaltung insvolviert. Die Zusammenarbeit habe immer problemlos funktioniert. „Besonders erwähnt werden muss aber die unglaubliche Leistung der Rettungsdienste“, sagt Springer, der vom reibungslosen Ablauf der Rettungsketten bis heute beeindruckt ist.
Skywalk über der Abbruchkante
„Für so etwas gibt es ja keine Blaupause oder maßgeschneiderte Lösung.“ Die grundlegende Sicherung der Abbruchkante dauert sechs Wochen, die Staatsstraße nach Plech kann gar erst Anfang September wieder freigegeben werden.
„Die Felssicherungsarbeiten, bei denen viele Quadratmeter Stahlnetze und etliche Felsenanker gessetzt wurden, waren schließlich im Herbst 2013 abgeschlossen“, sagt Springer. Die Kosten belaufen sich auf insgesamt rund eine Million Euro. Die Gemeinde Neuhaus wird allerdings „nicht beaufschlagt“, wie Springer sagt: Die gesamten Kosten trägt der Freistaat.
Derzeit wird immer noch unter Hochdruck daran gearbeitet, die Burg wieder verkehrssicher zu bekommen: Direkt an der Abbruchkante ist eine neue Aussichtsplattform - ein „Skywalk“ - geplant, die sogar über die Absturzstelle hinausragen wird. Sie soll am 30. Juni dieses Jahres fertiggestellt werden und kostet noch einmal rund 250.000 Euro.
Spätestens zum 25. Juli wird die Burg Veldenstein über Neuhaus ihre Pforten wieder öffnen: Dann wird das zweitägige Veldensteiner Festival stattfinden, das im August vergangenen Jahres abgesagt und verschoben werden musste: „Die Sicherheit konnte 2013 einfach noch nicht in allen Punkten gewährleistet werden“, sagt Springer, der sich seit Jahren für das Festival in Neuhaus einsetzt: „Ich mag die Stimmung und die ganzen jungen Menschen auf der Burg.“
Das Gemäuer wird also etwas über ein Jahr nach der Schreckensnacht vom Mai wieder aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen - um einen „fränkischen Skywalk“ reicher. Und auch sonst könnte sich der Besuch für Gäste auf Burg Veldenstein bald wieder richtig lohnen, verrät Springer: „Es gibt vonseiten des Freistaates konkrete Überlegungen, die 2012 aufgelassene Gastronomie zu reanimieren - unter verbesserten Bedingungen.“
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