Laufer seit 20 Jahren unschuldig im Gefängnis?

13.11.2015, 06:00 Uhr
Laufer seit 20 Jahren unschuldig im Gefängnis?

© Michael Kasperowitsch

Zwei Häuser mussten die Freys verkaufen, am Ende blieb nur die Privatinsolvenz. Sie leben heute in einer bescheidenen Wohnung. Jetzt schöpfen Rudolf Frey, ein ehemaliger hoher Beamter der Stadt Bamberg, und seine Frau erstmals Hoffnung. Sie haben mit dem Nürnberger Anwalt Malte Magold einen Anwalt gefunden, der Ende des Jahres einen Antrag auf Wiederaufnahme bei Gericht stellen wird. Er spricht von einem möglichen Fehlurteil gegen Frey junior. Tatsächlich finden sich in den alten Ermittlungsunterlagen deutliche Hinweise auf gravierende Ungereimtheiten und offene Fragen, die in dem früheren Prozess nicht geklärt wurden.

Das Bamberger Landgericht verurteilte den damals 28-jährigen Werkzeugmacher Matthias Frey 1996 wegen Totschlags und Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Es stellte zusätzlich eine besondere Schwere der Schuld fest. Selbst das Gericht stellte fest, dass bei der ersten Tat "ein verstehbares Motiv" nicht erkennbar sei. Sie sei "nahezu grundlos" erfolgt. Das zweite Verbrechen habe der junge Mann begangen, um das erste zu vertuschen.

Zum Verhängnis wurde Matthias Frey ein Geständnis, das er ablegte. Nach dem Urteil hat er es zwar widerrufen, genützt hat ihm das bis heute nichts. Sein Pflichtverteidiger habe ihm damals mit der Aussicht auf eine kürzere Freiheitsstrafe dringend zu dem Geständnis geraten, versichert der 47-Jährige. Aus den 20 Jahre alten Vernehmungsprotokollen der Polizei geht hervor, dass Matthias Frey enorm unter Druck gesetzt wurde.

Eltern bitten renommierten Rechtsmediziner um Hilfe

Das gipfelte in der Aufforderung, falsch auszusagen. "Erzähl jetzt deine Geschichte ... aber versuch nicht wieder, eine dritte Person mit reinzuziehen", verlangte ein Polizist. Es gehe nicht darum, "was du gesehen hast".

Zur Erklärung: Frey sagt bis heute, dass er die beiden späteren Opfer, die in das Drogen- und Rockermilieu verstrickt waren, zu den jeweiligen Tatorten gefahren habe, dort seien diese aber von anderen Männern im Empfang genommen worden. In einem Protokoll der Bamberger Kripo ist außerdem festgehalten: "Aufgrund der Auffindesituation muss davon ausgegangen werden, dass der Auffindeort der Leiche nicht der Tatort ist. Offensichtlich wurde der Getötete mit einem Fahrzeug transportiert und dann zur Auffindestelle geschleift." Vor Gericht wird das mit keinem Wort mehr thematisiert.

Jahre nach dem Urteil haben die Freys den renommierten Münchner Rechtsmediziner Professor Wolfgang Eisenmenger gebeten, sich die Unterlagen gründlich anzuschauen. In einer Stellungnahme hält er fest: "Die Befunde sprechen für ein messerähnliches Werkzeug." Er meint damit die Tatwaffe. Es seien, so Eisenmenger, Zweifel angebracht, ob sich die Todesursache tatsächlich auf eine stumpfe Gewalteinwrkung gegen den Schädel reduzieren lasse, wie es das Gericht tat.

Er empfahl eine "umfangreiche Auswertung der vorliegenden Untersuchungsergebnisse. Erfolgt ist sie bis heute nicht. Jetzt setzen die betagten Eltern große Hoffnungen auf den Wiederaufnahmeantrag. Aufgeben? "Nein, nein, nein", sagt Elfriede Frey, "da könnten wir morgens nicht mehr in den Spiegel schauen."
 

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