Vortrag zu Röthenbacher Kupfer-Prozessen

25.11.2010, 11:33 Uhr
Vortrag zu Röthenbacher Kupfer-Prozessen

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Zuerst versetzte Stefan Pürner, Sohn des bekannten Röthenbacher Autors Ernst Pürner, sein Publikum mit einem Rückblickauf die Welt- und fränkische Zeitgeschichte in die Zeit um 1950. Dann stellte er die damalige Situation in Röthenbach dar, die er anhand der umfangreichen Originalakte im Bayerischen Staatsarchiv recherchiert hat: Die Amerikaner hatten nach dem Zweiten Weltkrieg den „3rd Army Metal Collecting Point“ gegründet, in dem auf dem Diehl-Gelände erbeutetes Wehrmachtsgut aus Metall für die Wiederverwertung in den USA gesammelt wurde.

Bevor man die Einrichtung 1950 aufgab, wurden die noch verbliebenen Reste unbrauchbar gemacht, indem man mit Panzern darüberfuhr und sie gleichzeitig in den Sandboden versenkte. Die Menschen nutzten nach dem Krieg jede Möglichkeit, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. So wurden von den sogenannten „Gogerern“ – das waren Männer, Frauen und auch Kinder, die in einer rechtlichen Grauzone im Boden nach dem Wehrmachts- Metall suchten – Claims abgesteckt.

Laut den Gerichtsunterlagen gab es etwa 1.500 dieser Gogerer. Mit etwas Glück grub man Metallteile aus Kupfer aus. Kupfer erzielte zu Zeiten des Korea-Krieges einen hohen Preis. Verdienstmöglichkeiten von bis zu 300 Mark pro Tag waren möglich – eine riesige Summe für die damalige Zeit. Die hohen Kupferpreise verführten jedoch einzelne Personen dazu, den legalen Weg zu verlassen und sich das hochwertige Metall auf kriminelle Art zu beschaffen. Kupfer ließ sich relativ einfach in Telefonleitungen finden. Mehr als neun Kilometer Telefonleitung montierte alleine einer der Täter des Röthenbacher Prozesses ab.

Das Urteil, erläuterte Pürner, war dann auch sehr hart. Es gab 24 Verurteilungen, aber nur zwei Freisprüche. Insgesamt verhängte das Gericht nicht weniger als 12,5 Jahre Zuchthaus und 17 Jahre Gefängnis. Allein der Haupttäter erhielt nicht weniger als 7,5 Jahre Zuchthaus, sein früherer „Adjutant“ 2,5 Jahre Zuchthaus. Andererseits war das Gericht verhältnismäßig milde zu einer Reihe von jungen Angeklagten, die von den Haupttätern auf die schiefe Bahn verleitet worden waren. Eine Besonderheit des Prozesses war, dass dieser nicht in Nürnberg, sondern im Saal der Gaststätte „Zum Waldesrand“ (Böhmsaal) stattfand. „Zur abschreckenden Wirkung“ für die übrigen Röthenbacher hatte der Gerichtsvorsitzende die Verlegung nach Röthenbach beantragt.

Pürner lebt heute in Bonn und arbeitet als Rechtsanwalt und Projektleiter bei der deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit. Diese Stiftung, die 1992 auf Initiative des damaligen Bundesjustizministers Klaus Kinkel von der FDP gegründet wurde, unterstützt im Auftrag der Bundesregierung Partnerstaaten in aller Welt bei der Reformierung ihres Rechtssystems und Justizwesens.